Auch in Mosbach öffnet man sich dem Online-Geschäft. Holger Schwing hat etwa eine App am Start. Foto: Stephanie Kern
Von Stephanie Kern
Mosbach. Ein Monat "Lockdown light" liegt hinter uns. Der zweite Monat, der weniger light und dafür etwas einschneidender ist, liegt vor uns. Und vor der deutschen Wirtschaft. Einkaufen könne auch patriotisch sein, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier im Gespräch mit der Bild-Zeitung vor ein paar Tagen. Der Erhalt der kleinen Läden in den deutschen Innenstädten sei "eine nationale, ja auch eine patriotische Aufgabe". Eine Aussage, mit der er sicher auch die Händler in Mosbachs Innenstadt unterstützen wollte. Denn das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür. Für viele Einzelhändler entscheiden die Adventswochen darüber, ob sie überleben.
Nun liegt das aktuelle Zahlenwerk des Marktforschungsinstituts GfK, der "Konsumklimaindex" vor. Und der zeigt, dass auch die Einzelhändler vom November-Lockdown betroffen sind: "Zwar bleiben die Einzelhandelsgeschäfte geöffnet, doch die erneute Schließung von Hotellerie, Gastronomie und Veranstaltungsgewerbe treffen – ebenso wie der noch immer am Boden liegende Tourismus – das Konsumklima schwer", erklärt GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Ein Minus von 6,7 Prozent prognostizieren die Marktforscher für die Umsätze im Dezember.
Was diese Zahlen in der Realität bedeuten, kann Holger Schwing erklären. Der Vorsitzende der Werbegemeinschaft "Mosbach Aktiv" betreibt in der Innenstadt zwei Textilgeschäfte, eines für Frauen, eines für Männer. Im November 2019 besuchten 6400 Menschen sein Damenbekleidungsgeschäft, im November 2020 waren es nur 3300. "Im Männer-Laden war es nicht ganz so dramatisch", sagt Schwing. Aber auch alles andere als gut.
"Ende September lief das Geschäft wieder einigermaßen normal. Es waren wieder Perspektiven da", meint der Unternehmer. Dann stiegen die Corona-Fallzahlen, die Gastronomie wurde geschlossen. "Ware, Raum und Mensch", diese Faktoren, sagt Schwing, seien entscheidend für den Erfolg eines Einzelhandelsunternehmens. Ware und Mensch sind unverändert. Verändert wurde durch den erneuten Lockdown der Raum. "Typische Sortimente, die eine Innenstadt ausmachen, funktionieren u.a. in Wechselwirkung mit der Gastronomie", sagt Schwing. Zudem sei der Bedarf (gerade im Textilbereich) gesunken: Es gibt keine Feierlichkeiten, dafür viel Homeoffice.
"Was uns erfolgreich macht, ist uns genommen worden. Wir können das, was wir gut können, gar nicht mehr ausspielen." Wichtig ist dem Mosbach-Aktiv-Vorsitzenden aber auch ein anderer Punkt: "Ich mache niemandem einen Vorwurf. Dass die Menschen weniger shoppen gehen, ist lediglich eine Folge der Maßnahmen, an die wir uns alle halten sollen." Es sei nachvollziehbar, wenn mancher in der aktuellen Situation lieber online bestelle. Dennoch: Wer auch in den kommenden Jahren in Mosbach noch viele unterschiedliche, inhabergeführte Geschäfte besuchen möchte, der sollte – wo es geht – auch vor Ort in den Geschäften einkaufen. Denn die wiederum unterstützen auch die Stadt, veranstalten das Frühlings- und das Erntefest, sind bei der Organisation der verkaufsoffenen Sonntage dabei und Mit-Impulsgeber für die Aktionen des Stadtmarketings. "Wenn man das, was man in Mosbach lieb gewonnen hat, erhalten will, dann muss man auch den Händlern die Treue halten", meint Holger Schwing.
Seit 1999 leitet er die Geschicke des Modegeschäfts in Mosbach, das seit 1964 besteht. Angst vor dem kommenden Jahr hat er (noch) nicht. Dafür müsse man aber auch als Unternehmer etwas tun. "Ich denke, jeder Unternehmer ist in der Pflicht zu prüfen, wie er sich auch in der Krise weiterentwickeln kann." Weil er – auch durch den großen Lockdown im Frühjahr – einiges getan hat, waren die Gefühle angesichts des November-Lockdowns auch "nicht ganz so dramatisch", so Schwing. Dass man von der Entwicklung und Schließungen überrascht werde, dürfe den Unternehmern aber nicht mehr passieren.
Schwing hat sich deshalb auch dem Online-Geschäft geöffnet, verkauft auf Portalen wie Zalando oder Otto, hat einen Click & Collect-Bereich auf der eigenen Homepage eingerichtet und eine App an den Start gebracht. "Es hat uns Umsatz gebracht, es musste aber auch investiert werden", erklärt er.
"Wir wollen den stationären Handel nicht verlassen. Aber wir müssen uns öffnen, wenn wir überleben wollen." Im Frühjahr haben die Kunden es nicht erwartet, dass sie trotz Schließung bei den Mosbacher Händlern einkaufen können. Falls wieder ein Komplett-Lockdown drohe, wolle man vorbereitet sein und auch online für die Kunden erreichbar sein. Man habe aus dem Jahr 2020 gelernt, ist Schwing überzeugt.
Mit Blick auf die aktuellen Zahlen ist er aber weiteren Verschärfungen gegenüber auch kritisch. "Wir haben es doch geschafft, die Kurve abzuflachen." Sein Gefühl sagt ihm: "Man nimmt den Leuten die Lust, in die Stadt zu kommen. Wenn der Raum strahlt und schön ist, aber keiner kommt, ist das echt ein Problem." Mit Aktionen wie dem Adventszauber wollen die Händler neue und schöne Seiten der Stadt zeigen.
Einen Adventswunsch hat Schwing trotzdem: "Ich würde mir wünschen, dass die Menschen die Anstrengungen belohnen, indem sie nach Mosbach kommen und bei den Händlern auch den ein oder anderen Euro liegen lassen." Er verdeutlicht aber auch: "Es steht viel auf dem Spiel."