Echte Freunde: Auch diesen beiden Pferden geht es auf dem Pferdeschutzhof des Vereins „Pony in Not“ (wieder) richtig gut. Foto: Verein „Pony in Not“
Von Carsten Blaue
Ravenstein. Kämpfen konnten Adriana Schulz-Stubenrauch und ihre Helfer schon immer. Erst stemmten sie vor gut zwei Jahren den Umzug ihres Pferdeschutzhofs von Billigheim nach Ravenstein-Merchingen, dann mussten sie das neue Zuhause ihrer Tiere und des Vereins "Pony in Not" zu einer dauerhaften Bleibe herrichten. Dabei ließ sich die Leiterin des Pferdeschutzhofs niemals entmutigen – auch nicht von explodierenden Heupreisen nach heißen Sommern oder jetzt von der Corona-Krise. Ansporn ist für sie und ihre Mitstreiter das Wohl der Pferde und der vielen anderen Tiere, die sich auf dem Hof am östlichsten Zipfel der Metropolregion heimisch fühlen. Motivation sind auch die treuen Spender, auf deren Hilfe der Verein angewiesen ist. Und nicht zuletzt hat Schulz-Stubenrauch ein Händchen bewiesen für Projekte – wie jenes zur Bienen-Rettung im vergangenen Jahr.
"Aktion Pferdelocke – Pferde helfen Bienen, Bienen helfen Pferden" nannte sie das Ganze. Gut ein Jahr später kann sie Erfreuliches berichten. Nicht nur Bienen, sondern auch zahlreiche andere Insekten kehrten auf den Hof zurück, und sogar zwei Hornissenstämme haben sich dort angesiedelt. Mit den Insekten kamen auch die Vögel wieder. Die gab es hier kaum, als "Pony in Not" das gut elf Hektar umfassende Kleinod im Jahr 2018 bezog. Gründe dafür seien die Bewirtschaftung des Ackerlands zuvor gewesen und die Überdüngung. Den Acker verwandelten die Vereinsaktiven mit Saatgutmischungen für Bienen in Weideland.
Zudem hingen sie Nistkästen auf und legten Wasserstellen an, sogar einen kleinen Bach. So ließen die Insekten nach der ersten Blüte nicht lange auf sich warten, und die Vögel erhielten eine Nahrungsgrundlage. Dieses Jahr lohnte sich daher sogar eine Vogelzählung. Das Ergebnis beeindruckt. Schulz-Stubenrauch konnte den Dompfaff nachweisen, zudem den Zaunkönig, Spatzen, Rot- und Braunkehlchen, Singdrosseln, den Diestelfink und den Buntspecht sowie Wildtauben und sogar Falken, Bussarde und Eulen. Schwalben haben insgesamt sieben Nester bezogen.
Zudem hat sich ein Fuchs auf dem weitläufigen Gelände angesiedelt. Und das kam so, weil auf der Weide eine etwa 900 Quadratmeter große Fläche abgezäunt wurde, die für die Pferde nicht trittsicher war. Auch von Jägern unbehelligt, ließ sich der Fuchs hier nieder. Weder vor diesem noch vor den Hornissen hat Adriana Schulz-Stubenrauch Angst.
Adriana Schulz-Stubenrauch leitet den Pferdeschutzhof in Ravenstein-Merchingen. Foto: Verein „Pony in Not“Die Angst, sagt sie, gehe eher um vor Corona und wegen der bestialischen Pferdeschändungen dieses Jahr in der Region. Auch in Walldürn gab es im August einen Fall. "Wir tun alles in unserer Macht stehende, um die Pferde zu schützen", sagt die Leiterin des Hofs im Neckar-Odenwald-Kreis. "Nachts sind die Pferde im Stall und tagsüber niemals unbeaufsichtigt draußen." Auch die sieben Hunde würden Wache halten, so Schulz-Stubenrauch. Sie gehören ebenso zur großen tierischen Lebensgemeinschaft in Ravenstein-Merchingen wie zwei Esel, vier Katzen und eben die momentan 20 Pferde.
"Pony in Not" hat bislang in bald 35 Jahren über 100 von ihnen gerettet und ihnen eine sichere, artgerechte und lebenslange Zuflucht gewährt. Der Verein holte die gequälten Tiere aus den schlimmsten Bedingungen. Pferde, die nicht gefüttert wurden oder deren Hufe faulten, weil sie im Winter draußen in Schlammlöchern standen. Pferde, die in Stallarrest lebten und jahrelang auf keine Weide durften. Ein Fohlen, das keinen Auslauf bekam und verkrüppelte. Ausgediente Therapiepferde, die auf dem Weg zum Schlachter waren. Ihnen und ihren Leidensgenossen bietet "Pony in Not" eine kombinierte Stall- und Auslaufhaltung. Im Sommer können sie raus. Die Ställe bieten dann Schutz vor der Sonne oder Stechfliegen; im Winter schützen sie vor Kälte, Zugluft und Nässe.
Auch der alte Hühnerstall würde sich als Stall für Neuzugänge wunderbar eignen, sagt Schulz-Stubenrauch. Wäre nur nicht das Dach eingebrochen. Das soll im kommenden Jahr saniert werden, wenn dafür die finanziellen Mittel da sind, so ihre Hoffnung. Vieles hängt aber auch vom weiteren Verlauf der Pandemie ab und wie man sich schützen muss. Denn die Leiterin kann nicht einfach jemanden zum Arbeiten auf den Hof lassen: "Der Schutz geht vor. Wir dürfen auf keinen Fall krank werden." Außerdem würden gerade Fremde mit Masken den Pferden zunächst Angst machen, sagt sie. Auch weil die Stimme dahinter dumpfer wird. Sogar die Hof-Leiterin selbst muss da ein bisschen aufpassen, obwohl die Pferde sie gut kennen. Wegen Corona konnte auch der zweite Winterauslauf nicht wie geplant gebaut werden. Zudem fehlen noch für sechs Boxen die Gummimatten gegen Frost und Kälte sowie als Boden- und Gelenkschutz. "Haben wir die Matten, so können wir Einstreu sparen", sagt Schulz-Stubenrauch. Doch pro Box kosten die Matten 600 Euro.
Apropos Kosten: Weil der Sommer wieder so heiß war, konnte "Pony in Not" nur etwa ein Drittel des Heu-Bedarfs durch eigene Ernte einfahren. "Den Rest müssen wir kaufen", sagt Schulz-Stubenrauch. Ein Ballen liegt etwa bei 50 Euro, Tendenz steigend. Und bis zu 90 Ballen wird sie brauchen, um ihre Pferde durch den Winter zu bringen.
Info: Spendenkonto des Vereins "Pony in Not" bei der Südwestbank in Schwäbisch Hall, IBAN: DE 90.6009.0700.0742.4090 07. Infos im Internet unter www.ponyinnot.de.