Jetzt sieht man sie häufiger: Seitdem in den Innenstädten mehr los ist, finden die allesfressenden Nager auch mehr Nahrung. Foto: Jutrczenka
Von Marco Partner
Mannheim/Heidelberg. Nicht gerade klein, stark behaart, unbeliebt: Ratten kommen pünktlich zu den Corona-Lockerungen wieder zum Vorschein. In Mannheim mehrten sich in den vergangenen Jahren gerade in den Sommermonaten die Beschwerden über die unliebsamen Nagetiere. Die Stadt reagiert mit dem Aufstellen zusätzlicher Köderboxen. Ob das genügt, müssen die kommenden Monate beweisen.
Für die Mannheimer Ratten selbst kam der plötzliche Shutdown Mitte März wohl ziemlich überraschend: geschlossene Cafés und Restaurants, nahezu ausgestorbene Straßen, kaum Leben auf den Planken und der Fressgasse – und somit auch weniger Krümel und Speisereste für die nachtaktiven Allesfresser. Doch während in Metropolen wie Hamburg die Ratte regelrecht auf Wanderschaft ging, die Beschwerden in der City ab-, in den Wohnvierteln aber zunahmen, wurden in der Quadratestadt bislang keine Verlagerungen beobachtet. "Wanderbewegungen von Ratten wurden in Mannheim nicht festgestellt", erklärt Rathaussprecher Kevin Ittemann.
Jedoch hätten sich in den Bereichen von Lkw-Standplätzen "zusätzliche Auffälligkeiten" aufgrund von Essensresten aus und um Fahrzeuge ergeben. Insgesamt bewege sich die Anzahl an Meldungen aber ähnlich wie im Vorjahr. Anders sieht es in Heidelberg aus. Seit Beginn der Pandemie häufen sich die Meldungen hinsichtlich gesichteter Ratten insbesondere im privaten Umfeld, in Gärten oder bei Müllstandplätzen an Großwohnanlagen. "Die Ursache hierfür ist nach Einschätzung der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung die Menge der anfallenden Abfälle im privaten Bereich, insbesondere Lebensmittel- und Restabfälle. Sie bringen das vor Ort vorhandene Volumen der Abfallbehälter mitunter an seine Grenzen", teilt Stadtsprecherin Christiane Calis mit.
In Mannheim wiederum rückten im Rekordsommer 2019 vor allem der Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof sowie die Tattersallstraße in den Fokus. In Tiefgaragen, auf der Straße und vor allem in den Innenhöfen wurden die Altweltmäuse vermehrt gesichtet. Es folgte eine Aufstockung mit zusätzlichen Köderboxen, und bislang eine Abnahme der Beschwerden.
"Wenn jetzt die Menschen wieder stärker in Parks und Cafés sitzen, lockt das auch die Ratten aus der Kanalisation nach oben. Dann fällt wieder viel Nahrung ab", weiß Ratten- und Schädlingsbekämpfer Thorsten Kaufmann. "Egal, ob im Sommer oder Winter. Eigentlich haben Ratten immer Saison", erklärt der Experte. In den vergangenen Jahren sei die Auftragslage jedoch kontinuierlich nach oben gegangen.
Aus verschiedenen Gründen: Zum einen dürfen aufgrund einer EU-Richtlinie Privatpersonen nicht mehr Kammerjäger spielen und das seit 2013 verbotene Rattengift einsetzen. Ein weiterer Faktor: das Budget. "Früher wurde nahezu jeder Kanaldeckel mit Ködern behangen. Wie bei den Schornsteinfegern hatte jeder Schädlingsbekämpfer seinen Bezirk. Es wurde flächendeckend agiert", so der Experte. Heutzutage werde jedoch nur noch punktuell eingegriffen. Insgesamt 30.000 Euro stehen dem Mannheimer Eigenbetrieb Stadtraumservice jährlich für die Schädlingsbekämpfung zur Verfügung, in Heidelberg liegt der Aufwand im mittleren fünfstelligen Bereich.