Bundeswehrsoldaten aus Walldürn unterstützen das Gesundheitsamt bei der Nachverfolgung von Kontakten. Foto: Burkhardt
Von Stefan Hagen
Rhein-Neckar. "Ein Großteil der Menschen macht im Kampf gegen die Pandemie sehr gut mit." Für die Bürger in Heidelberg und im Rhein-Neckar-Kreis gibt es vom stellvertretenden Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Andreas Welker, erst einmal ein dickes Lob. Natürlich gebe es immer wieder Einzelpersonen, die sich gegen die beschlossenen Maßnahmen stemmen würden, "aber das ist eine Minderheit", betont der Experte. Zusammen mit den Bürgern, "unseren besten Verbündeten", arbeite man mit Nachdruck daran, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen.
Nach diesem kurzen "Intro" gehen Welker und Doreen Kuss, Dezernentin für Ordnung und Gesundheit, im Rahmen eines Pressegesprächs ins Detail. Wie ist die aktuelle Situation? Wie ist die Personalsituation im Gesundheitsamt? Gibt es genug Intensivbetten? Sind die Lockerungen um die Weihnachtszeit herum gefährlich? Nachfolgend ein Überblick:
> Aktuelle Lage und Prognose: "Wir sehen zwar einen ganz leichten Rückgang der Fallzahlen", sagt Welker. Es sei allerdings noch verfrüht, daraus Rückschlüsse zu ziehen. Denn, ergänzt Doreen Kuss, "die Zahlen bewegen sich noch immer auf einem sehr hohen Niveau". Wunsch und Ziel sei es, die Sieben-Tage-Inzidenz – also die Anzahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner der vergangenen sieben Tage – in Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis zusammen auf einen Wert von 150 zu drücken. Stand 26. November liegt der Wert bei 151,3 (Rhein-Neckar-Kreis 162,1 / Heidelberg 114,6). Welker wagt auch eine Prognose für die kommenden Tage: "Wir erwarten keine exorbitante Zunahme an Infizierten."
> Corona-Fälle – Stand 26. November: Seit Beginn der Pandemie wurden im Rhein-Neckar-Kreis 5989 und im Stadtgebiet Heidelberg 1792 Fälle (gesamt 7781) gemeldet. Registriert waren am Donnerstag, 11 Uhr, für den Rhein-Neckar-Kreis 1237 aktive Fälle, für das Stadtgebiet Heidelberg 269 (gesamt 1506). Als aktive Fälle werden Personen gezählt, die momentan positiv getestet sind und sich in Quarantäne befinden. Dazu gibt es im Rhein-Neckar-Kreis 2580 Kontaktpersonen in Quarantäne, im Stadtgebiet Heidelberg sind es 603. Verstorben sind insgesamt 103 Personen – 87 im Kreis, 16 in Heidelberg.
> Situation an Schulen sowie Kindergärten, Tagesstätten und Horten: Zwar gebe es immer wieder Infektionsfälle an Schulen und Einrichtungen, in denen kleine Kinder betreut werden, die Lage sei insgesamt aber stabil, betont Andreas Welker. Momentan sind laut von Kreissprecherin Silke Hartmann zur Verfügung gestellten Zahlen 60 Einrichtungen betroffen – 44 im Rhein-Neckar-Kreis, 16 im Stadtgebiet Heidelberg. Zahlen zu den jeweiligen Infizierten liegen nicht vor.
> Situation in Seniorenheimen: Seit Mitte Oktober registriert das Gesundheitsamt einen deutlichen Anstieg der Infektionszahlen bei der Altersgruppe 80 plus. Stand 23. November verzeichnete das Gesundheitsamt im Rhein-Neckar-Kreis circa 120 Fälle unter den Bewohnern in zehn Alten- und Pflegeeinrichtungen. Im Stadtgebiet Heidelberg waren es zehn Fälle in zwei Heimen. "Diese Zahlen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da bei Einzelfällen in Alten- und Pflegeheimen nicht zwingend eine Erfassung der Einrichtung erfolgt", betonte Kreissprecher Ralph Adameit. Größere Ausbruchsgeschehen gab es demnach in den vergangenen Wochen in Alten- und Pflegeeinrichtungen in Bammental, Plankstadt, Heddesheim, Neckargemünd und Hockenheim. Stand 26. November sind 14 Senioren- und Pflegeheime im Rhein-Neckar-Kreis und eines im Stadtgebiet Heidelberg betroffen. Mediziner Welker weiß, dass hier ein Balanceakt notwendig ist. "Wir müssen diese Personengruppe besonders schützen und eine totale soziale Isolation verhindern."
> Intensivbetten in den Kliniken: In diesem Bereich gibt Andreas Welker erst einmal Entwarnung. "Es gibt keine katastrophale Verknappung der Betten." Was aber nicht heiße, dass alles bestens sei. "Ausgelastet, nicht überlastet", fasst Welker die Situation zusammen. Es könnten zudem auch noch Reserven geschaffen werden. "Man darf aber nicht vergessen, dass für jedes Bett auch Personal benötigt wird, das den Patienten betreut", weist er auf den erhöhten Pflegeaufwand hin.
> Personalsituation im Gesundheitsamt: Waren es vor Pandemiebeginn 50 Vollzeitstellen im Bereich des Gesundheitsamtes, hat sich die Zahl der Mitarbeiter mit aktuell 240 fast verfünffacht. Hinzu kommt nun auch eine besondere Unterstützung: 30 Soldaten des Logistik-Bataillons aus Walldürn helfen dabei, im Rhein-Neckar-Kreis Infektionsketten aufzuspüren.
> Mentale Verfassung der Mitarbeiter: Mitunter komme es bei der Kontaktverfolgung zu schwierigen Gesprächen mit den Bürgern, weiß Dezernentin Kuss. Es habe Anrufe gegeben, bei denen Familienmitglieder, die man sprechen wollte, bereits verstorben gewesen seien. "So etwas lässt natürlich niemanden kalt", sagt Kuss. Man lasse die Mitarbeiter in solchen Fällen selbstverständlich nicht alleine. "Wir haben erfahrene Ärzte als Teamleiter, die bieten auch mal eine Schulter zum Ausweinen", macht Kuss deutlich, dass der menschliche Aspekt nicht zu kurz kommt.
> Verhängnisvolle Weihnachtszeit? Und wie ist die Meinung des Gesundheitsamtes zu den beschlossenen Lockerungen rund um die Weihnachtszeit? "Man hat ein Stück weit den Eindruck, als würde das Virus Ferien machen", stellt Dezernentin Kuss süffisant in den Raum. Das sei eine politische Entscheidung, schiebt sie schnell hinterher. Kann das Ganze denn nicht fatale Folgen haben? "Ich rechne mit der Vernunft der Bürger", lässt sich Kuss nicht aus der Reserve locken.
> Thema Impfzentren: Bleibt die Frage nach den Standorten von potenziellen Impfzentren. Bei diesem Thema gibt sich Doreen Kuss zugeknöpft. Heidelberg sei als Standort für ein "Zentrales Impfzentrum" im Gespräch, lässt sie sich entlocken. Und kann das Gesundheitsamt denn bestätigen, dass Weinheim und Sinsheim als Standorte der Kreisimpfzentren gehandelt werden? Es gebe Überlegungen für ein Zentrum im Norden und eines im Süden. "Viel mehr wissen wir derzeit auch nicht."