Abbildungen wie diese möchte die Grünen-Fraktion am liebsten nicht mehr auf Volksfesten sehen. Foto: Kaiser
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Eine Frau, die gegen ihren Willen von einem Pferd ausgezogen wird und ein Mann, der latent lüstern dabei zuschaut, ein anderer Mann, der einer jungen Frau mehr als latent lüstern in den Ausschnitt glotzt, oder gleich eine barbusige Frau – Bilder wie diese auf Schaustellerbuden haben auf dem Stuttgarter Frühlingsfest die Gemüter erhitzt. Die Grüne-Gemeinderatsfraktion findet diese Darstellungen erniedrigend und sexistisch. In den Strudel dieser Debatte sind nun die Schausteller der Maimess geraten. Die Mannheimer Grünen-Fraktion monierte "billige" Frauendarstellungen auf dem Neuen Messplatz und fordert von der Stadt als Veranstalterin, Buden mit solchen Bildern nicht mehr zuzulassen. Die RNZ hat sich auf der Maimess umgesehen und nachgefragt.
Bilder von Frauen oben ohne finden sich auf der Maimess nicht. "Das gibt es bei uns nicht", erklärt Stephan J. E. Schuster, der Vorsitzende des Schaustellerverbands Mannheim. Es habe sich auch im Vorfeld kein Aussteller mit solch einer Bude beworben, erklärt er und lässt durchblicken, dass er das auch nicht so passend gefunden hätte. Obwohl, so stellt er klar: "Verbieten kann ich nichts, das muss der Veranstalter tun."
Eine orientalisch anmutende Tänzerin, deren Brüste kaum bedeckt sind. Foto: KaiserAllerdings hält Schuster die aktuelle Diskussion für übertrieben: "Ich bin überrascht, dass das jetzt so hochkocht. Viele Schausteller sind verunsichert." Die Pandemie habe der Branche viel abverlangt, manche hätten ihre Existenz verloren. "Und jetzt, da endlich wieder Volksfeste stattfinden können, werden wir mit diesem Thema konfrontiert." Vier bis fünf Buden seien es auf dem Neuen Messplatz, die zur Debatte stehen.
Eine davon ist der Crêpe-Stand von Mario Pandel, der einen Eiffelturm auf dem Dach hat – aber auch auf beiden Seiten von den Abbildungen zweier Pin-up-Girls flankiert wird. Eine hat ein relativ offenherziges Dekolletee, bei der anderen hat sich der Rock in einer Tür eingeklemmt, um gibt ziemlich viel frei. Pandel kann nicht ganz verstehen, was an seinem Stand verkehrt sein soll. "Bisher hat sich noch nie jemand aufgeregt", sagt er. "Ich will ja auch damit niemanden verletzten." Viele Menschen machten ihm sogar Komplimente zum Design und fotografierten das Häuschen.
Eine Mutter, die für sich und ihre kleine Tochter Crêpes kauft, kann die "Aufregung nicht nachvollziehen". Da gebe es doch in der Werbung weitaus schlimmere Darstellungen, sagt sie. Dieses Argument wirft auch Schuster ein: "Wenn ich Eis-Werbung sehe, dann sind da oft Frauen im Bikini am Strand. Das darf gezeigt werden, aber auf dem Jahrmarkt nicht?"
Bei Friedrich Max Schramm können die Besucherinnen und Besucher sich im Dosenwerfen messen. Die Dosen sind in Pyramiden aufgebaut, daher hat sein Wagen ein ägyptisches Design, zu dem auch zwei leichtgekleidete, orientalisch aussehende Tänzerinnen gehören. "Der Wagen ist circa 20 Jahre alt", sagt er. Er verstehe die Diskussion nicht, will aber handeln und die Frauen mit anderen Motiven ersetzen.
Ein Pin-up-Girl mit hochgezogenem Rock. Foto: KaiserDas dürfte Angela Wendt, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Gemeinderat, freuen. Sie findet, dass solch "abwertende und rückständige Frauendarstellungen" nicht auf einen Jahrmarkt gehören – zumal er familienfreundlich sein soll. "Es geht mir vor allem um die Fälle, in denen die Körper klischeehaft auf Sexualobjekte reduziert werden", erklärt sie. Dies sei in Stuttgart zwar heftiger gewesen als in Mannheim, doch auch auf der Maimess seien ihr bei einem Rundgang solche Malereien aufgefallen. Und zwar nicht nur bei Frauen, auch die Abbildung eines Mannes hat sie entdeckt, die sie aufgrund des Körperkults problematisch findet.
Für diese Meinung erfährt Angela Wendt derzeit starken Gegenwind. "Viele Leute fragen, ob unsere Fraktion keine anderen Probleme hat", erzählt sie. Dadurch, dass das Thema so viel Aufmerksamkeit erfahre, entstehe der Eindruck, man beschäftige sich nur damit. "Das ist natürlich nicht wahr."
Dass es Frauen gibt, die sich durch die Bilder nicht verletzt fühlen, lässt sie nicht gelten: "Wenn es nur eine Frau ist, die beim Rundgang über die Maimess ein unangenehmes Gefühl hat, dann ist das eine zu viel." In Stuttgart seien die offenen BHs mittlerweile übermalt worden, das ist für sie ein Schritt in die richtige Richtung. Gern sei sie zu einem Gespräch mit den Maimess-Schaustellern bereit.