Der „Franklin-Steg“, wie ihn das Stuttgarter Büro Leonhardt, Andrä und Partner plant. Illustration: LAP VBI AG/Schoyerer Architekten
Von Gerhard Bühler und Alexander Albrecht
Mannheim. Rund 60.000 Fahrzeuge rollten vor der Corona-Krise täglich über die Bundesstraße B38, der nordöstlichen Einfallstraße in die Stadt, Tendenz steigend. Das Problem: Mit Franklin, Spinelli und Taylor liegen gleich drei ehemalige Flächen der US-Armee entlang der Strecke, auf denen einmal mehr als 13.000 Menschen leben und sich zahlreiche Unternehmen ansiedeln sollen. Die neuen Quartiere können allerdings nicht direkt und nur umständlich von der Bundesstraße aus erreicht werden.
Deshalb wird die B38 bis 2030 Schritt für Schritt zum Stadtboulevard mit viel Grün an den Streckenrändern umgebaut. Danach müssen die von der Bergstraße kommenden Autofahrer etwas mehr Zeit mitbringen. Denn die Hauptachse der B38 zwischen dem Viernheimer Kreuz und Käfertal/Vogelstang verläuft dann statt drei- nur noch zweispurig, das Tempolimit wird auf 50 km/h reduziert.
Eine Holzkonstruktion soll den Taylor-Gewerbepark mit dem Käfertaler Wald verbinden. Illustration: MWSP/Kéré ArchitectureGleich zwei neue, architektonisch reizvolle Rad- und Fußgängerbrücken sollen das Stadtentree aufwerten. Da ist zum einen die Holzbrücke im afrikanischen Stil in Höhe des Taylor-Parks. Entworfen hat sie der Berliner Architekt Francois Kéré. "Die Brücke führt zum Käfertaler Wald und wird das erste Bauwerk sein, was von Norden kommend von Mannheim zu sehen ist, und hat eine repräsentative Wirkung”, sagt Achim Judt, Geschäftsführer der städtischen Konversionsgesellschaft MWSP. Der aus Burkina Faso stammende Kéré war als Sieger eines Gestaltungswettbewerbs hervorgegangen.
Der Entwurf sieht eine von Betonsockeln getragene Holzfachwerkkonstruktion vor. Oben und an den Seiten sind Radler und Fußgänger sowie das Bauwerk selbst durch Schindeln aus Lärchenholz vor schlechtem Wetter geschützt. Judt glaubt, dass die Querung bis zu 80 Jahre halten kann. Die spitzen Dachformen an den Brückenköpfen und seitlichen Öffnungen der "Schindelhaut" muten "afrikanisch" an, der Architekt griff aber auch das historische Thema der gedeckten Holzbrücken aus dem Alpenraum auf. Kéré und sein Team hatten bereits den Wettbewerb für die Neugestaltung des Taylor-Geländes gewonnen. Der innovative Gewerbepark mit durchgehendem Grünzug wurde im Sommer vergangenen Jahres eröffnet.
Die Planung der Brücke ist allerdings nicht unkompliziert. Ein Problem ist die parallel zur B38 verlaufende Straßenbahntrasse der Linie 5 (frühere OEG). Da auch das Budget begrenzt ist, werde der Auslauf der Brücke in den Käfertaler Wald auf Holzstützen konstruiert.
Blickfang in „afrikanischem Design“. Illustration: MWSP/Kéré ArchitectureAuf Höhe von Franklin und Vogel- stang ist eine weitere Fuß- und Radverbindung vorgesehen. Für den sogenannten "Franklin-Steg" sind noch zwei Entwürfe im Rennen, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Das Ingenieurbüro Knippers-Helbig hat eine außergewöhnliche, skulpturale Holzkonstruktion geplant. Damit sei die Brücke schon aus der Ferne ein echter Blickfang, lobte die Jury.
"Durch eine besondere Einfachheit und Klarheit" besteche der Entwurf der ebenfalls in Stuttgart sitzenden Architekten von Leonhardt, Andrä und Partner, so das Preisgericht. Die filigrane, zurückhaltende Stahlkonstruktion füge sich als in sich geschlossene Figur in die Umgebung ein und scheine über der Bundesstraße zu schweben. Beide Preisträger bekommen nun Zeit, um ihre Planungen zu überarbeiten. Anfang nächsten Jahres soll eine Entscheidung fallen, der Baubeginn wird für 2022 angepeilt.