Die RNZ-Ferienreporterinnen Hannah und Yukino unterhielten sich auf der Hauptstraße mit Künstler Jozsef Gyecsek. Er lebt normalerweise in Ungarn. Foto: Ferienreporter
Von Hanne Lee und Yukino Suboh
Heidelberg. An seinen verrücktesten Kunden kann sich der Straßenkünstler Jozsef Gyecsek noch gut erinnern. Mit dem Porträt eines Mannes mit Glatze war er fast fertig, als dieser noch einen speziellen Wunsch äußerte: Statt einer Glatze wollte er im Bild eine Bob-Marley-Friseur haben. Viele Menschen schauten zu, wie Gyecsek dem Mann seinen Wunsch erfüllte.
Denn der 50-jährige Künstler macht Kunst auf der Heidelberger Hauptstraße – und das seit 20 Jahren. Er macht jeden Sommer Porträts und Karikaturen von Passanten. In den restlichen Jahreszeiten malt er in seinem Studio in Ungarn. Er hat schon eigene Werke ausgestellt, wie zum Beispiel vor drei Jahren in der Providenzkirche Bilder von Heidelberg.
Und macht ihm sein Beruf auch Spaß? "In den ersten Wochen von jedem Sommer schon, aber dann wird es etwas zu viel." Es sei einerseits interessanter, weil er in seinem Studio normalerweise immer alleine arbeitet. Andererseits sei es aber auch schwierig, vor anderen zu arbeiten. "Kunst ist normalerweise etwas sehr Intimes", sagt Gyecsek, "aber hier ist es jeden Tag wie auf der Bühne."
Auch der Lärm der geschäftigen Einkaufsstraße stört während der Arbeit. Wenn er nicht müsste, würde er nur gelegentlich auf der Straße seine Kunst machen. Doch weil die Kunst kein leichtes Geschäft ist, ist die Straßenkunst finanziell recht lukrativ. Aber Gyecsek macht auch gute Erfahrungen. Zum Beispiel: An einem Tag malte er ein Bild von einem Paar, plötzlich ging der Mann auf die Knie, holte einen Ring aus der Tasche – und machte seiner Freundin einen Heiratsantrag. Viele Leute schauten zu.
Ein paar 100 Meter weiter sitzt sein Freund Jan Art an seiner Staffelei. Der 55 Jahre alte Mann macht auch seit 20 Jahren Straßenkunst. "Zur Kunst kam ich durch Zufall", erzählt er. Er war im Urlaub im damaligen Jugoslawien, als er einen Straßenkünstler sah. Er war fasziniert und saß jeden Tag in seiner Nähe, bis der Künstler ihn eines Tages rüber rief. "Um ihn lagen Bierflaschen, und je mehr er getrunken hat, desto besser hat er gezeichnet", meint Art. Der Künstler überredete Art, ihn zu zeichnen. Dann kam eine deutsche Touristin vorbei und fragte, was das bei ihm koste. So kam er auf die Idee zur Straßenkunst.
Art macht das ganze Jahr über Porträts auf der Straße, wenn das Wetter gut ist und er Zeit hat. Außerdem kommt es auf seine Laune an: "Wenn ich schlechte Laune habe, dann muss ich das nicht unbedingt hier zeigen. Heute habe ich gute Laune", sagt er mit einem Lächeln. Erfahrungen hat er über die Jahre viele gesammelt, gute und schlechte. Manche Kunden behaupten, sie müssten zur Bank und tauchen dann nie wieder auf. Davon konnte auch Gyecsek berichten, ihm passiert es sogar täglich. Arts beste Erfahrung: "Ein Paar, das ich auf der Straße kennengelernt habe, vermittelte mir einen Großauftrag. Wir sind immer noch in Kontakt."
Würde er seinen Beruf weiterempfehlen? "Für Erfahrung als junger Mensch, ja. Aber es ist ein harter Job", sagt Art. "Es sieht nur so leicht aus, ihr könntet jetzt auch meinen: ‚Ach guck mal, er sitzt da auf dem Hocker, trinkt Kaffee, wunderbar, schönes Wetter.‘ Es gibt aber Sachen, die anderen nicht auffallen." Zum Beispiel der Lärm. Außerdem muss er sich sehr konzentrieren. Heute kann er zeichnen und sich gleichzeitig unterhalten, früher konnte er sich nur auf eine Sache konzentrieren. "Aber Spaß macht es auf jeden Fall."