Südlich der Bundesstraße 535 liegt – an Patrick Henry Village angrenzend – das Gewann Gäulschlag. Es ist 16,4 Hektar groß und zu 98 Prozent im Besitz der Stadt und der Stiftung Pflege Schönau. Foto: Priebe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Seit über einem Jahr diskutieren die Kommunalpolitik und das Land über einen neuen Standort für das Ankunftszentrum für Geflüchtete. Doch nachdem die Stadtverwaltung mit dem Gewann Gäulschlag südlich von PHV, das 2006 noch als Standort für das Stadion diskutiert wurde, eine neue Option ins Spiel gebracht hat (RNZ von gestern), könnte die Suche bald enden.
Denn nach CDU und SPD zeigt sich auch die größte Fraktion im Stadtrat offen: "Die grüne Gemeinderatsfraktion hat sich intensiv mit dem Vorschlag beschäftigt und hält das Areal für geeignet – sofern es alle Anforderungen an ein Ankunftszentrum erfüllt", schreiben die Grünen in einer Pressemeldung. "Es war immer unsere Wunschvorstellung, PHV als Stadtteil der Zukunft zu entwickeln und das Ankunftszentrum in Heidelberg zu halten. Mit dem Gäulschlag wäre beides möglich." Das sei auch im Sinne der Ehrenamtlichen: "Gerade auch die Unterstützung der Kirchheimer Bürgerinnen und Bürger hat dazu geführt, dass die Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, in Heidelberg willkommen sind", erklärt Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo und betont: "Wir wünschen uns, dass nun die Standortentscheidung schnell gefällt wird."
Das scheint auch das Anliegen der SPD-Fraktion zu sein: Die Sozialdemokraten haben beantragt, schon in der nächsten Gemeinderatssitzung – und damit vor Weihnachten – über den Standort abzustimmen. "Das Gewann Gäulschlag ermöglicht durch seine Lage eine Teilhabe der Geflüchteten am Leben in der Stadt und im neuen Stadtteil und isoliert sie nicht", heißt es in der Begründung. "Daher beantragen wir, dass die Verwaltung in Kooperation mit dem Land die Planungen für ein Ankunftszentrum auf dem Gewann Gäulschlag aufnimmt."
Doch sowohl die Grünen als auch die SPD formulieren Bedingungen für einen Umzug. Die Grünen fordern, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen, die dadurch bebaut würden, komplett ausgeglichen werden. Und die Sozialdemokraten wollen die Wolfsgärten endgültig als Standort beerdigen und zudem die Größe des Ankunftszentrums begrenzen. Denn das Land plant eine maximale Kapazität von 3500 Plätzen. Die sei nötig, um 2000 Menschen auf einmal unterbringen zu können und gleichzeitig Konflikte in der Einrichtung zu vermeiden. Die SPD hält das jedoch "auch im Hinblick auf die Relation der Menschen auf der Flucht zur Einwohnerzahl Heidelbergs" für zu groß und plädiert für eine Maximalkapazität von 2000 Plätzen. Ähnlich hatte sich am Montag auch CDU-Fraktionschef Jan Gradel geäußert.
Update: Dienstag, 3. Dezember 2019, 19.45 Uhr
Von Denis Schnur
Heidelberg. Überraschende Wende bei der Suche nach einem neuen Standort für das Ankunftszentrum für Geflüchtete: Die Stadtverwaltung hat jetzt das Gewann Gäulschlag im Süden von Patrick Henry Village (PHV) als Alternative ins Spiel gebracht. Dieses erfülle alle Anforderungen an ein Ankunftszentrum.
Bislang wirkte es, als bliebe dem Gemeinderat in den nächsten Monaten lediglich die Wahl zwischen einem Umzug innerhalb von PHV und dem Gewann Wolfsgärten, das das Land als Betreiber der Einrichtung im Oktober 2018 als Standort vorgeschlagen hatte. Beide Möglichkeiten stießen auf Widerstand: Die Wolfsgärten am Rande Wieblingens galten schon lange als politisch nicht durchsetzbar. Ihre Lage zwischen Autobahnen und Bahngleisen empfanden viele Gemeinderatsmitglieder als für die Geflüchteten unzumutbar. Deshalb hatten die Stadträte eine Fläche im südlichen PHV als Alternative freigehalten. Vehement dagegen waren jedoch die Internationale Bauausstellung (IBA), die Stadt sowie mehrere Stadträte. Schließlich würden sonst etwa zehn der 97 Hektar des neuen Stadtteils durch das Zentrum blockiert.
"Wir halten die Wolfsgärten immer noch für eine machbare Option, haben jetzt aber auch eine Alternative eingebracht", erklärte Stadtsprecher Achim Fischer am gestrigen Montag. Und das Gewann Gäulschlag könnte tatsächlich als Kompromiss beide Lager zusammenbringen. So signalisierten auf RNZ-Anfrage zumindest die CDU (die immer gegen einen Verbleib in PHV war) und die SPD (die immer gegen die Wolfsgärten war), dass sie dem Vorschlag zustimmen könnten: "Ich halte das für eine gute Lösung, wenn auch keine total geniale", sagte SPD-Stadträtin Monika Meißner. Schließlich liege das Areal im Gegensatz zu den Wolfsgärten in der Nähe einer bewohnten Siedlung und "nicht vollkommen isoliert". Es sei verkehrlich gut angebunden und die mangelnde Infrastruktur in der Nähe sei ein Problem, das man mit einem Busshuttle angehen könne. "Mit der Lösung könnte einerseits PHV frei entwickelt werden und andererseits das eingespielte Team im Zentrum weitermachen", so Meißner.
CDU-Fraktionschef Jan Gradel kann sich mit der Option ebenfalls anfreunden: "Ich finde das persönlich nicht schlecht." Schließlich könne PHV so auf den gesamten 97 Hektar zum Stadtteil entwickelt werden. "Es braucht eine kritische Größe und eine kritische Einwohnerzahl, sonst funktioniert in der Infrastruktur vieles nicht", so Gradel. Bevor man das Zentrum also im Süden von PHV errichte, sei es sinnvoll, auf die andere Seite der B 535 zu wechseln.
Bedeckter hielt sich am gestrigen Montagnachmittag dagegen die größte Fraktion im Gemeinderat, die Grünen. Deren Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo sagte mit Blick auf die Fraktionssitzung am Montagabend nur: "Wir werden das jetzt diskutieren."
Bislang informierte die Stadtverwaltung lediglich die Gemeinderäte darüber, dass es mit dem Gewann "Gäulschlag" eine weitere Option gibt, die alle Anforderungen erfülle. Viel dürfte nun davon abhängen, wie im Konversionsausschuss am Mittwoch, 11. Dezember, darüber diskutiert wird. Signalisieren die Räte dort Zustimmung, dürfte eine Beschlussvorlage folgen. Und stimmt eine Mehrheit der Stadträte tatsächlich für diesen Standort, würde er wohl auch nicht am Widerstand des Landes scheitern: "Wir könnten uns – in einer ersten Einschätzung – die Errichtung des Ankunftszentrums auf dem Gewann ‚Gäulschlag‘ grundsätzlich vorstellen", erklärte ein Sprecher des Innenministeriums gestern.