Der Sieger ist: "Alles so losse!"
Der Bahnhofsvorplatz wird erst einmal nicht umgestaltet - Kein Geld und keine Entscheidung

So hätte der neue Bahnhofsvorplatz aussehen sollen: Der Siegerentwurf des Mainzer Architekturbüros Bierbaum-Aichele sieht eine Raseninsel zum Sitzen und ein Fahrradparkhaus (links) vor. Vor allem das Parkhaus ist umstritten. Grafik: Verticalroom
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Im Moment sieht es so aus, als wird das Projekt "Neuer Bahnhofsvorplatz" auf die lange Bank geschoben. Während die südliche Seite des Bahnhofs, zur Bahnstadt hin, in trockenen Tüchern ist, kommt die städtebaulich fast noch wichtigere Seite Richtung Bergheim und Weststadt einfach nicht aus den Puschen. Vor einem Jahr befasste sich der Bau- und Umweltausschuss zuletzt damit. Dann herrschte lange Ruhe - und natürlich steht im aktuellen Doppelhaushalt 2017/18 kein Geld drin, wahrscheinlich auch nicht im nächsten 2019/20, aber vielleicht im übernächsten
Hintergrund
Der Plan für den Willy-Brandt-Platz
Acht renommierte Landschaftsarchitekturbüros wurden 2016 von der Stadt angefragt, den Bahnhofsvorplatz neu zu planen. Sechs wollen die Räder unterirdisch unterbringen, zwei oberirdisch, und alle wollen die bisherige
Der Plan für den Willy-Brandt-Platz
Acht renommierte Landschaftsarchitekturbüros wurden 2016 von der Stadt angefragt, den Bahnhofsvorplatz neu zu planen. Sechs wollen die Räder unterirdisch unterbringen, zwei oberirdisch, und alle wollen die bisherige Touristeninformation abreißen und den Anteil der Autoparkplätze verringern. Die bisherigen Planungen zum Bahnhofsvorplatz sind nur "eine Ideenstudie", heißt es aus dem Stadtplanungsamt. Deshalb wurde auch nie Geld im Haushalt eingestellt. In einem so frühen Stadium der Planungen gibt es auch nur relativ grobe Schätzungen über die Kosten für die einzelnen Elemente einer Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes:
> Neue Oberfläche: 4,4 Millionen Euro
> Radparkhaus: 5,3 Millionen Euro
> Tiefgarage für Räder: zwischen 8 und 10 Millionen Euro.
Sicher ist nur: Schon jetzt ist die Zahl der Radabstellplätze zu gering (momentan: 1400), man geht davon aus, in Zukunft mindestens 2650 zu brauchen - sei es unterirdisch oder oberirdisch.
Weitere Pläne
Im letzten Mai gab die Bahn bekannt, ihr Bahnhofsgebäude in Richtung Kurfürstenanlage zu erweitern. Direkt daneben will ein Investor ein 400-Betten-Hotel bauen (dort, wo heute neben den OEG-Gleisen Autoparkplätze sind). Zwischen beiden Gebäuden, wo sich heute überdachte Radabstellplätze befinden, würde der "Stadtbalkon" entstehen, der über die Gebäudelinie des Bahnhofs herausragt. Darunter ist eine Fahrradtiefgarage auf zwei Etagen mit insgesamt 800 Plätzen geplant.
Pläne für den südlichen Platz
Zur Bahnstadt hin entsteht der südliche Bahnhofsplatz - mit Tiefgarage für 800 Autos und 1000 Fahrräder sowie einem Vier-Sterne-Hotel mit 250 Betten (gedacht als Tagungshotel für das Konferenzzentrum). Der vorhandene Querbahnsteig wird durch eine Galerie an den Czernyring und zum Konferenzzentrum verlängert. Zugleich wird ein neuer Platz angelegt, für den gerade ein Architekturwettbewerb läuft. Weil die meisten Kosten die Investoren und das Bahnstadt-Treuhandvermögen bezahlen, wird der städtische Haushalt nicht belastet - und das Projekt läuft. hö
Damit ist die Ursprungsidee perdu, wonach erst die Straßenbahnhaltestelle verlegt und dann gleich die Neugestaltung des besonders unwirtlichen Willy-Brandt-Platzes folgen sollte - "um Synergien auszunutzen", wie es damals hieß. Eine Stadtsprecherin bestätigte, dass nicht mehr vorgesehen sei, beide Riesenbaustellen direkt hintereinander anzugehen. Und: Es gibt noch nicht mal einen Zeitplan.
Im Oktober 2015 ging das Stadtplanungsamt zunächst mit viel Energie an die Arbeit: Es gab eine Umfrage im Internet, was die Nutzer von einem solchen Platz erwarteten, dann wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, schon Anfang Mai 2016 stand ein Sieger fest: Das Mainzer Architekturbüro Bierbaum-Aichele hatte in seinem Siegerentwurf vorgeschlagen, den bisher mit Rädern und Autos fast vollständig belegten Platz freizuräumen und stattdessen ein 20 Meter hohes, fünfstöckiges Fahrradparkhaus zu bauen, auf dem auch eine Aussichtsplattform vorgesehen war. Ins Erdgeschoss sollte die Touristeninformation einziehen. Die sonstige Gestaltung war relativ unspektakulär, die Wartenden hätten sich auf nierenförmigen Sitzinseln niederlassen können - so ähnlich, wie es das Büro auch am Rheinufer seiner Heimatstadt umgesetzt hatte.
Doch dann kam das Projekt in die Fänge der Kommunalpolitik: Sie verbiss sich an der Frage, wo und wie die Fahrräder auf dem Platz parken sollten: unterirdisch oder oberirdisch? Sollte es "freie" Radparkplätze wie bisher geben? Immer mehr zeichnete sich ab, dass es eine Mehrheit für eine große Fahrrad-Tiefgarage unter dem Platz geben würde, das Radparkhaus sei zu klein und nichts für eilige Parker. Was allerdings dabei keine Rolle spielte: Es gab für einen Platz mit Radparkhaus kein Geld und schon gar nicht für eine wesentlich teurere Tiefgarage. Und doch forderte der Bau- und Umweltausschuss Ende Januar 2017, beide Varianten ausgiebig zu prüfen - was aber bisher noch nicht passiert ist. Offenbar verloren sowohl die Stadträte als auch die Stadtplaner die Lust an diesem Projekt.
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Dabei schien ein Umstand dem neuen Bahnhofsvorplatz in die Karten zu spielen: Im Juni 2017 gab die Stadt bekannt, die Verlegung der Straßenbahnhaltestelle um ein Jahr zu verschieben, weil zu wenige Firmen ein Angebot abgegeben hätten. Das hätte dem Gemeinderat die Zeit verschafft, eine Entscheidung zu treffen, wie der neue Bahnhofvorplatz denn nun aussehen soll. Doch die Entscheidung fiel nie - und so bleibt alles beim Alten.