Was die Kommunalpolitiker dieses Jahr erreichen wollen
Die RNZ fragt die Gruppierungen im Gemeinderat nach ihren Vorhaben für 2018

Heidelberg. (RNZ) In zwei von vier Folgen antworten bisher sieben Gruppen. Dieser Artikel wird nachfolgend aktualisiert.
> Was ist aus Ihrer Sicht im Jahr 2018 die größte Herausforderung für Heidelberg?
CDU: Wir haben viele Projekte beschlossen, jetzt brauchen wir einen verantwortungsvollen Haushalt 2019/20. Deshalb: Neuverschuldung begrenzen und zugleich in die Zukunftsfähigkeit investieren. Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung, in Arbeitsplätze, Wohnraum sowie eine sichere und saubere Stadt. Und beim Verkehr müssen wir ran an die Infrastruktur: die "analoge", also Straßen (allem voran die 5. Neckarquerung) und auch an die "digitale", also die Datenautobahnen.
Grüne: Die größte Herausforderung für unsere Stadt ist es, die scheinbaren Gegensätze "ökologisches Bauen/energetische Sanierung" und "bezahlbarer Wohnraum" in Einklang zu bringen und den Verantwortlichen klarzumachen, dass beides gleichzeitig nicht nur möglich, sondern unbedingt notwendig ist.
SPD: Die zeitnahe Realisierung aller Planungen für preisgünstigen Wohnraum und die neuen Gewerbeflächen auf den Konversionsflächen mit gleichzeitiger Realisierung der Großsporthalle und des Konferenzzentrums. Die Organisation der Verkehrsströme während des Ausbaus des Bahnhofsvorplatz Nord und der Straßenbahnhaltestelle.
Die Heidelberger: Viele der "klassischen" Herausforderungen wie US-Flächen etc. sind noch immer nicht vollständig gelöst und müssen mit der gleichen Energie weiterbearbeitet werden. Nicht erst seit den jüngsten Beschwerden nahezu sämtlicher Nutzer der Einrichtungen im Neuenheimer Feld müssen der dortige Wissenschaftsstandort und der Nutzen der dortigen Einrichtungen für alle Bürgerinnen und Bürger gewährleistet sein.
Grün-Alternative Liste (GAL): Der "big point" ist die Weichenstellung für künftige Wohnbebauungen. Wir brauchen Vereinbarungen über Mietpreise – besonders im mittleren Segment, ein inhaltlich fundiertes Bekenntnis zu unseren lokalen Akteuren und die gemeinsame Anstrengung, unsere Stadt nicht nach schnellen Renditezielen, sondern gerecht und ausgewogen zu entwickeln. Dazu müssen auch ökologische, verkehrliche und wirtschaftliche Leitplanken definiert und tatsächlich eingezogen werden.
FDP: Kennen Sie Artisten, die die Kunst beherrschen, viele Teller gleichzeitig auf langen Stangen so rotieren zu lassen, dass keiner hinfällt? So erleben wir unsere Stadtverwaltung inklusive OB und Stadtrat. Die Projektdichte ist so hoch, dass selbst eine Großstadt Probleme hätte, alles zu bewältigen. Die größte Herausforderung besteht darin, Balance zu halten, ohne dass eines dieser Projekte "hinfällt".
Freie Wähler: Bei der Entwicklung der Konversionsflächen die richtige Mischung aus Wohnen und Gewerbeflächen im Blick zu behalten. Unsere Stadt will weiter wachsen, aber die Ressourcen sind begrenzt. Ganz wichtig ist uns auch die Pflege und der Erhalt von Gebäuden in den bestehenden Stadtteilen. Maßvolle Nachverdichtung bei gleichzeitigem Schutz zentraler öffentlicher Grünflächen sind uns wichtige Anliegen.
Bunte Linke: CO2-Reduktion: hohe Wärmedämm-Standards auf den Konversionsflächen, bessere Nutzung der bei der Stromerzeugung anfallenden Wärme; verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien (Photovoltaik, Biogas aus Abfall); Anteil des Fuß- und Fahrradverkehrs, des öffentlichen Nahverkehrs am Verkehr erhöhen. Armutsbekämpfung: vor allem kostengünstigen Wohnraum über städtische Gesellschaft bereitstellen.
Die Linke: Die Weichen für ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Als "Die Linke" haben wir stets kritisiert, dass in der Bahnstadt überwiegend teurer Wohnraum entstanden ist – das darf sich nicht wiederholen. Wohnen muss endlich als öffentliches Gut begriffen werden, anstatt es allein den Privatinvestoren zu überlassen. Denn was dann rauskommt, das kann man halt an den Mieten in der Bahnstadt sehen.
AfD: Die Kosten im Griff zu behalten! Man muss auch über Einsparungen nachdenken. Schuldenentwicklung in 2016: 172 Millionen Euro, in 2021 (geplant): 318 Millionen. Das Verkehrschaos lösen; Alternative zur Straßenbahn ins Neuenheimer Feld; keine Erhöhung der Grunderwerbssteuer, da Kaufpreiserhöhung; keine Gewerbesteuererhöhung; Wohn- und Gewerberaum schaffen und die Frage: Wie viel Wachstum verträgt die Stadt Heidelberg?
Heidelberg pflegen und erhalten (Wassili Lepanto): Die Integration der vielen, in ihren Heimatländern verfolgten Menschen in unseren gesellschaftlichen und heimatlichen Strukturen, wenn man weiß, wie schwierig sich das gerade aufgrund der religiösen und kulturellen Unterschiede gestalten wird.
Piraten (Alexander Schestag): Die breite Schaffung bezahlbaren und gleichzeitig barrierefreien Wohnraums.
Waseem Butt (Einzelstadtrat): Innovative, zeitsparende und umweltschonende Verkehrslösungen wie eine Schwebebahn im Neuenheimer Feld und bezahlbarer Wohnraum für alle Einkommensgruppen.
> Was wollen Sie in diesem Jahr ganz konkret für Heidelberg erreichen?
CDU: Wir haben viel auf den Weg gebracht: Jetzt gilt es, die Maßnahmen umzusetzen und sich nicht zu verzetteln. Weitere Ziele: Verlegung des Betriebshofs an den großen Ochsenkopf auf den Weg bringen und Bergheim-West aufwerten. Mehr Wohnraum schaffen – schnelle Umsetzung von Hospital und PHV – und zudem mit den Ergebnissen des Audits das Thema sichere Schulwege angehen.
Grüne: Radwegenetz: Lückenschluss, Neue Mobilität: Ladestationen, Parkmöglichkeiten, Vernetzung, Vereinbarkeit von ökologischem Bauen und günstigem Wohnen, Umsetzung des Hip-Hop-Archivs
SPD: Zügige Schulmodernisierung: "Schule von morgen" mit Zeitschiene für alle Heidelberger Schulen, das heißt: digitales Lernen, flexible Lehr- und Lernräume, Rückzugsräume für SchülerInnen und Lehrkräfte. Entwicklungskonzept Bergheim mit Leben füllen. Konzeptionierung des Land(wirt)schaftsparks Airfield mit IBA als urbane Freizeitfläche für alle. Zweites Ausbildungshaus realisieren.
Heidelberger: Erstens: Schnelle verlässliche Regelungen des Masterplans mit einer merklichen Entlastung des Neuenheimer Felds. Zweitens: Städtische Finanzmittel ohne Steuererhöhungen maßvoll einsetzen, auch auf dem Kultursektor. Drittens: Trotz des Erfordernisses ausreichenden bezahlbaren Wohnraums die weitere Ausweisung von Gewerbeflächen nicht vernachlässigen.
GAL: Das Verkehrskonzept für die Altstadt, der Ausbau des Radwegenetzes und konsequente Bemühungen für eine fußgängerfreundliche Verkehrsführung sind unabdingbar. Wir brauchen Vertrauen und vertrauensbildende Maßnahmen im Masterplanprozess Neuenheimer Feld, sonst wird das ein Gewürge ohne Ende. Wir wollen eine gute Diskussion und eine kluge Entscheidung für Bergheim und den Betriebshof-Standort.
FDP: Arbeitsplätze, Handwerk und Mittelstand: Ein zweites Wohnheim für Auszubildende, Gewerbeflächen auch für Handwerker mit "störenden" Betrieben, bezahlbaren Wohnraum, Beschleunigung von Bauantragsverfahren. Verkehr: Sichere Schulwege, Grüne Welle auf allen Durchgangsstraßen, Anbindung Neuenheimer Feld. Und für die junge Generation: mehr Freiräume, Biergärten, Clubs, W-Lan.
Freie Wähler: Beide Bahnhofsvorplätze gehen in die Umsetzung. Wir legen großen Wert darauf, dass sowohl gestalterisch als auch funktional zukunftsträchtige Lösungen gesucht werden. Dazu gehören neben Kurzzeit-Parkmöglichkeiten für PKW auch gut erreichbare kostenfreie Fahrradstellplätze. Wir werden vernünftige Wegeführungen zu Bus und Bahn ohne Umwege oder Gefahrenstellen für Fußgänger einfordern.
Bunte Linke: In den Konversionsgebieten und der Bahnstadt entstehen Wohnungen für mindestens doppelt so viele Menschen, wie später dort arbeiten sollen. Ziele: Reduktion des Pendlerverkehrs, Entlastung des Wohnungsmarktes. Der Autoverkehr wird durch Ausbau des Umweltverbunds um fünf Prozent verringert. Ziel: Stickoxide und Feinstaub bleiben überall in der Stadt deutlich unter den Grenzwerten.
Die Linke: Wir setzen uns aktiv in der Wohnungspolitik ein und verfolgen unser Anliegen, dass die Stadt sich um eine Fachtagung zum Thema Cannabis bemüht. Wir haben ein Konzept für einen ticketfreien ÖPNV beantragt, die Vorlage kommt in diesem Jahr und wir freuen uns auf die Diskussion. Unseren Antrag für ein neues Konzept zur Ermittlung der Kosten der Unterkunft für SGB-II BezieherInnen wollen wir umsetzen.
Afd: Verkehrssituation verbessern (Neuenheimer Feld), Neckarbrücke vorantreiben; Einsparung beim Theater (Es kostet die Stadt ca. 20 Millionen Euro Subvention im Jahr, nur fünf Prozent der Bevölkerung nutzen es); Ankunftszentrum zum 30.4.2018 schließen und Patrick Henry Village entwickeln, Verlagerung des Betriebshofs, Problem Wohnungsknappheit durch anerkannte Asylbewerber auf dem Wohnungsmarkt.
Heidelberg pflegen und erhalten (Wassili Lepanto): 1. Neue Sperrzeiten: 2 Uhr unter der Woche und 3 Uhr am Wochenende. Heidelberg ist vor allem Wohnort und kein Freizeitrevier. Die 12 000 Bewohner der Altstadt müssen kompromisslos geschützt werden. 2. Erhalt des Kulturdenkmals "Stadthalle": Wir dürfen es nicht seiner charakteristischen Bau- und Funktionsformen berauben. Die Verlegung der Bühne in die Mitte würde die historische Raumsituation völlig auf den Kopf stellen.
Piraten (Alexander Schestag): 1. Mehr bezahlbarer und barrierefreier Wohnraum. 2. Einrichtung einer psychiatrischen Notfallambulanz. 3. Fahrscheinloser ÖPNV. 4. Überprüfung von Überwachungsmaßnahmen in Heidelberg inklusive der neuen Kameraüberwachung an Bismarck- und Bahnhofsvorplatz.
Waseem Butt (Einzelstadtrat): 1. Heidelberger*innen mehr an Politik beteiligen, damit wir im Stadtrat mehr nach Gemeinwohl als nach Parteilinie entscheiden. 2. Unternehmensgründungen, besonders durch Migrant*innen, zu fördern.
> Wenn Sie einen Wunsch von einer guten Fee frei hätten, der ein Heidelberger Problem umgehend löst: Welches wäre das?
CDU: Sie löst die Verkehrsprobleme mit genug Platz für alle sowie sicheren Straßen und Wegen. Und "Stadt am Fluss": Die "Neckarorte" haben gezeigt, welches Potenzial besteht. Eine durchgängige Promenade mit Verweilmöglichkeiten, Cafés und direkten Zugängen zum Neckar wäre toll – und unseres Erachtens nur mit dem Neckarufertunnel zufriedenstellend zu erreichen.
Grüne: Die gute Fee möge allen Beteiligten im Masterplanprozess Neuenheimer Feld wirkliche Ergebnisoffenheit und Kompromissbereitschaft eingeben.
SPD: E-Mobilität zu 100 Prozent im öffentlichen und Individualverkehr mit "Smart Mobility"-Lösungen. Keine Staus mehr – jeglicher Verkehr ist aufeinander abgestimmt: Straßenbahnen, Busse, Autos und Fahrräder. Dabei kann man bequem mit dem Smartphone die verschiedenen Transportmittel individuell kombiniert buchen. Beim ÖPNV werden zum Beispiel Haltestellen obsolet und man kann flexibel ein- und aussteigen.
Heidelberger: Zur Lösung der dringendsten Verkehrsprobleme die 5. Neckarquerung einrichten, nicht nur zur Entlastung des Neuenheimer Felds, sondern auch der umliegenden Stadtteile, und eine konzentrierte Arbeit an der noch immer nicht flächendeckend vorhandenen "Grünen Welle".
GAL: Angesichts enger werdender finanzieller Spielräume, wünschen wir uns von der Fee, dass sie den Gemeinderat auf den bereits beschlossenen richtigen Weg bringt: Für alle investiven Beschlüsse werden auch die Folgekosten berechnet und in die Entscheidungen mit einbezogen.
FDP: Unser Wunsch an die gute Fee wäre: Am Ende der Autobahn, also am Bergheimer Ortseingang, einen Tunnel zu bauen, der dann links ins Neuenheimer Feld abzweigt und geradeaus den Durchgangsverkehr bis hinter das Karlstor führt. Wir wissen, dass dieser Wunsch die gute Fee vor eine riesige Herausforderung stellen würde – und wären daher auch mit einer Brücke oder einem Nordzubringer zufrieden.
Freie Wähler: Die Lösung aller Verkehrsprobleme! Exemplarisch sei der Verkehr im Neuenheimer Feld genannt. Es gäbe ausreichend Abfahrten und Parkmöglichkeiten im weiteren Umfeld, die an ein Shuttlesystem angeschlossen sind, das alle Kliniken und Institute im 5- bis 10-Minuten-Takt direkt anfährt. Die Natur am Neckar und im Feld werden durch Verkehrsführungen am Rand und klimaneutrale Fahrzeuge geschont.
Bunte Linke: Dass Rationalität, langfristiges Planen und finanzpolitisches Augenmaß in der Verwaltungsspitze und im Gemeinderat einkehrt, Folgekosten von Investitionen und deren langfristiger Finanzierung ebenso berücksichtigt werden wie Nachhaltigkeit bei der Raumplanung und Stadtentwicklung.
Die Linke: Wir würden die Fee tanzen lassen, bis sich auf wundersame Weise das Stadtgebiet im Innenstadtbereich ausweitet. Dort entstünden wie von Zauberhand schöne und moderne Wohnhäuser für Menschen mit geringem Einkommen, Studierende, Seniorinnen und Senioren und weitere. Und weil das Ganze nichts gekostet hat, kann die GGH die Einnahmen nehmen, um anderswo die Mieten weiter zu senken ...
AfD: Die gute Fee wird kommen! Wiederherstellung des Zustandes der Innenstadt und Neckarwiese wie vor 2015: ohne Verschleierung irregulärer Migranten (offizielle EU-Bezeichnung). Keine Taschendiebstähle (Heidelberg ist an 9. Stelle von 400 Städten in Deutschland), Kriminalität (Heidelberg ist an 4. Stelle in Baden-Württemberg), Drogendelikte, Einbrüche (zumindest Zustand wie vor 2015).
Heidelberg pflegen und erhalten (Wassili Lepanto): Eine eingleisige Straßenbahn vom Typus der "Cable Cars" im alten Stil, aber in moderner ökologischer, behindertengerechter Bauweise. Sie verliehe historischen Charme und würde die Hauptstraße sozial gestalten. Sie wirkte ordnend und belebte durch die vielen Haltestellen die Nebenstraßen. Heidelberg dürfte nicht das Schicksal Venedigs erleiden: Bewohner müssen die Stadt verlassen, Mietverträge werden nicht verlängert, Wohnungen nur an Touristen vergeben.
Piraten (Alexander Schestag): Ich wünsche mir ausreichend bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum.
Waseem Butt (Einzelstadtrat): Fließender Verkehr von und zu bezahlbarem Wohnraum.