Von Werner Popanda
Mit welcher Rigorosität die US-Army ihre Liegenschaften auch auf Heidelberger Gemarkung verlassen hat, wurde jetzt bei einer Baustellenbegehung der Mark-Twain-Schule (MTS) in der Südstadt durch den Ersten Bürgermeister und Baudezernenten Jürgen Odszuck überdeutlich. In der Tat erinnert in dieser Schule heute kaum noch etwas daran, dass hier von 1951 bis 2013 Tausende amerikanische Schülerinnen und Schüler unterrichtet worden waren.
Nur in einem der Schulräume stößt man noch auf ein knallbuntes Wandgemälde mit zwei Jungen und zwei Mädchen: Einer der Jungen trägt ein T-Shirt mit einem Löwenkopf, auf seiner Hose steht "Prepare for your future today!" und "Decades of College dreams", übersetzt: "Bereite Dich heute auf die Zukunft vor!" und "Jahrzehnte von College-Träumen". Eine Inschrift auf der Hose eines der Mädchen lässt vermuten, dass dieses Gemälde erst 2010 entstanden ist. Zwei, drei weitere Bilder dieser Art gibt es noch, ebenso ein Bodenrelief mit einem großen Löwenkopf der "Class of ’90" im Treppenhaus sowie den an der Fassade der "Elementary School" prangenden Hinweis "Home of the Lions Cubs". Klar doch, der Löwe war das Maskottchen der MTS, weshalb die US-Army-Zeitung "Stars and Stripes" deren Schließungsfeier in der Ausgabe vom 31. Mai 2013 so kommentierte: "It was the lion’s last roar".
Auf das letzte Löwengebrüll folgten von denjenigen, die sich danach um die MTS zu kümmern hatten, aber keineswegs Freudenbrüller. Denn so wie bei den Gebäuden für US-Militärangehörige weiter südlich am Holbeinring, in denen das Studierendenwerk bereits ab Oktober 2011 einige Hundert Studenten unterbrachte, fehlte den neuen Eignern vor allem eines: die Gebäudebaupläne inklusive der Pläne, wo und wie beispielsweise die Leitungen verlegt sind. Laut Xenia Hirschfeld, Leiterin des städtischen Gebäudemanagements, traf genau das auch auf die MTS zu - und das in der "größten Schule ist, die wir bisher bearbeitet haben". Zum Ausdruck kommt dies auch zahlenmäßig. Allerdings, so Hirschfeld, sei es Zufall, dass die Sanierung einer Gesamtfläche von 13.500 Quadratmetern mit 13,5 Millionen Euro zu Buche schlage.
Demnach kostet die Instandsetzung eines jeden Quadratmeters 1000 Euro, was jedoch nach Odszuck vor allem unglücklichen Umständen geschuldet war: "Zuerst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu", sagte er und zitierte den ehemaligen Fußballprofi Jürgen "Kobra" Wegmann. So sei etwa der Geschäftsführer der Baufirma, der die alleinige Prokura innegehabt habe, verstorben.
Obendrein sei man in den Gebäuden der einstigen "High School" und der "Elementary School" auf Altlasten in Form von Giftstoffen in den Decken, Wänden und Böden gestoßen. Folglich sei, so Odszuck, "alles ein Riesentanz" gewesen - so riesig, dass die MTS "unter Normalbedingungen niemals zu Schulbeginn fertig" geworden wäre. Unterm Strich sei dem Bauherren daher nichts anderes übrig geblieben, als "alle zu Höchstleistungen anzuspornen" und das Baupersonal zu verdoppeln. Daher könne er nun das Fazit ziehen, dass "wir jetzt über den Berg sind" - und die berufliche Julius-Springer-Schule mit ihren über 1600 Schülern zum neuen Schuljahr in die frisch auf Vordermann gebrachte MTS umziehen kann.
Mit der Sanierung der MTS "schaffen wir viele Verbesserungen auf einmal", freute sich Odszuck. Die Julius-Springer-Schüler würden vom größeren Raumangebot profitieren, die Willy-Hellpach-Schule und die Pestalozzi-Grundschule wiederum vom Umzug der Julius-Springer-Schule. "So entwickeln wir die Schulsituation in der gesamten Südstadt optimal weiter."
Schon in dieser Woche soll die Küche der Cafeteria eingebaut werden, der Nordflügel der MTS wird voraussichtlich erst im November fertiggestellt. Dann sollen auch die lärmintensiven Arbeiten wie Gipser-, Trockenbau- und Bodenbelagsarbeiten weitgehend abgeschlossen sein. Wie Wibke Fischer von der Planungsgruppe berichtete, wird die Außenfläche im Nachklapp hergerichtet. Die Pläne für die nächsten Wochen umriss sie so: "Die Baustelle rückt von Norden heran und die Schüler von Süden."