Gute Miene zum bösen Spiel? Wissenschaftsministerin Theresia Bauer schaute beim IBA-Lab in Berlin durch eine Brille, die virtuell die Planungsvision für Patrick Henry Village zeigt. IBA-Chef Michael Braum schaute zu. Foto: Till Budder
Von Sebastian Riemer
Es war ein kühner Akt: In der Woche nach der Bundestagswahl zog die Internationale Bauausstellung (IBA) Heidelberg aus, um in der Bundeshauptstadt ihr Glück zu suchen. Mit einer Sieben-Stunden-Veranstaltung namens IBA-Lab in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin wollte das kleine Team um IBA-Chef Michael Braum noch mal ordentlich Lärm machen. Für Anerkennung, für Unterstützung - und, ja, letztlich für Geld.
Am 4. Oktober 2012 startete die auf zehn Jahre angelegte IBA unter dem Motto "Wissen schafft Stadt" mit einer großen Auftaktveranstaltung. Genau heute also ist Halbzeit. Fünf Jahre sind um, was wurde erreicht? Die IBA hat bislang fünf Projekte und elf Kandidaten eingesammelt, sie mit Expertise begleitet - darunter etwa die Erweiterung der Sammlung Prinzhorn oder das Collegium Academicum. Vom Bund gab es vergangenes Jahr einen Geldregen von 5,9 Millionen Euro für den "Anderen Park" in der Südstadt. "Wir haben Heidelberg deutlich mehr Geld eingebracht als gekostet", sagt Michael Braum seitdem gerne. Und schließlich wurde 2016 auch noch das Patrick Henry Village (PHV) zur Spielwiese: Die IBA entwirft für das Areal eine Vision für die Wissensstadt von morgen.
Doch bei allen Teilerfolgen: Der Konstruktionsfehler vom Anfang nagt an dem ehrgeizigen Projekt. Der Gemeinderat hatte die IBA eingerichtet, ohne zahlungskräftige Geldgeber verbindlich ins Boot zu holen. "Die kommen dann schon von alleine, wenn sie sehen, was da Großes in Heidelberg entsteht", hieß es. Damals wirkte das mutig, in der Rückschau naiv.
Besonders vom Land hatte man sich eine massive Unterstützung erwartet. Doch die Regierungen - ob Grün-Rot oder Grün-Schwarz - begleiteten stets nur "wohlwollend", so die Sprachregelung. Im Klartext: Es gibt keine institutionelle Förderung, wie sie der gerade aufs Gleis gesetzten "IBA StadtRegion Stuttgart" vom Land in Aussicht gestellt wurde. "Ich werbe weiter für den Ansatz des Ministerpräsidenten", sagte die Heidelberger Grünen-Landtagsabgeordnete und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer beim IBA-Lab. "Wo Anknüpfungspunkte sind, wie etwa bei der Sammlung Prinzhorn, da unterstützen wir - also projektabhängig."
Allein: Auch diese auf einzelne Projekte bezogene Unterstützung steht noch aus. Und so wurde Michael Braum in Berlin so deutlich, wie es ihm eben möglich war, angesichts dessen, dass Theresia Bauer direkt neben auf dem Podium saß: "Unser Anspruch kann ohne spürbare Unterstützung von Bund und Land nicht von Erfolg gekrönt sein." Käme da nichts, sei man "nur eine Stadtbauausstellung" - dann wäre man gescheitert.
Aber daran wollte Braum gar nicht denken, als er vor 100 Interessierten - darunter viele Stadtplaner und Architekten - in den Saal rief: "Wir sind ein Jahrhundertprojekt!" Die Stadt Heidelberg stelle sich als Labor zur Verfügung, damit die ganze Nation, vielleicht sogar die ganze Welt, von ihr lernen könne, wie die Wissensstadt der Zukunft aussehen könne. Dass Braum hier nicht dem Größenwahn erlegen ist, sondern schlicht nicht bereit ist, den Geist dessen, was Internationale Bauausstellungen seit ihrer Erfindung sind, zu verraten, machte auch Volker Hassemer, der im IBA-Aufsichtsrat sitzt, in Berlin deutlich. Der ehemalige Stadtentwicklungs- und Kultursenator von Berlin richtete eindringliche Worte an den Teil des Publikums, der aus Heidelberg angereist war, darunter Baubürgermeister Jürgen Odszuck: "Sie sind ein Labor des Richtigen für die Zukunft, wie es anderswo nicht unternommen wird. Sie sind nicht einfach irgendeine Wissensstadt von vielen. Sie sind die Einzige, die das behauptet: Wissen schafft Stadt. Nehmen Sie das ernst, halten Sie das Versprechen ein."
Eine große Chance für die IBA ist PHV: "Wir wollen Ende 2017 einen Gemeinderatsbeschluss, dass unsere Entwicklungsvision Grundlage der weiteren Planung ist", sagt Braum. Und da dort der digitale Stadtteil von morgen entstehen soll, hofft er eben doch wieder auf die Landesregierung. Denn diese will bis 2021 über eine Milliarde Euro in die Gestaltung des digitalen Wandels stecken. Und vielleicht kann ja auch die neue Bundesregierung das Füllhorn öffnen.
Im April 2018 steht die große IBA-Zwischenpräsentation an. Für Braum ist das nächste Jahr entscheidend, er hofft: "Dann überzeugen wir Bund und Land so, dass die sagen: Da müssen wir dabei sein, da kriegen wir ja für jeden reingesteckten Euro mindestens acht zurück!"