Das Grundstück von Birgit Rapp in der Hirschgasse wird regelmäßig von Wildschweinen verwüstet – links der Wildzaun, der aber auch nicht immer hilft. Foto: pr
Heidelberg-Neuenheim. (hö) Birgit Rapps Familie wohnt seit 140 Jahren am oberen Ende der Hirschgasse – also lang genug, um zu beurteilen, ob es mit den Wildschweinen schlimmer geworden ist. Das Urteil der 75-Jährigen: "Die Lage ist dramatisch. Früher, 1983 und 1999, gab es einmal im ganzen Jahr Wildschweine auf meinem Grundstück. Im letzten Jahr waren sie neun Mal im Garten, zu ganz unterschiedlichen Zeiten."
Und im Herbst 2015 trabte eine ganze Rotte die Hirschgasse Richtung Neckar, sogar die Polizei musste gerufen werden. Rapp ist sich sicher: "Natürlich werden dabei Menschen gefährdet. Dass die Stadt behauptet, es sei noch nichts passiert, kann ich nicht verstehen. Es ist reiner Zufall, dass gerade im letzten Jahr nichts passiert ist."
Dabei kann sie sich selbst am wenigsten vorwerfen: Ihr Grundstück ist gepflegt, wird regelmäßig gemäht, außerdem hat sie vor 20 Jahren einen 40 Zentimeter tief verankerten Wildzaun setzen lassen. Und doch finden die schlauen Tiere Mittel und Wege, sich ihren Weg zu bahnen: "Die knabbern den Zaun auf oder graben sich unten durch." Manchmal beschädigten umgefallene Bäume vom städtischen Grundstück Rapps Zaun, der übrigens bis vor Kurzem im oberen Bereich, zum Philosophenweg hin, fast völlig von einer dichten Brombeerhecke verdeckt war.
Die Hecke, man ahnt es, befand sich auf dem Gelände der Stadt, mittlerweile ist sie gerodet. Insofern gibt Rapp der Stadtverwaltung durch mangelnde Pflege ihres eigenen Grundstücks eine gewisse Mitschuld bei der Wildschweinplage – während die privaten Grundstücksbesitzer dazu angehalten werden, ihr Areal zu pflegen (was ihr angesichts des Alters immer schwerer fällt).
Es sind ja nicht so sehr diese Versäumnisse, die Rapp aufregen – auch wenn sie findet, dass für die Stadt ähnlich strenge Pflegevorschriften gelten sollten wie für die Grundstückeigentümer –, es ist eher die Grundhaltung seitens der Behörden: "Jahrelang wurde weggeschaut und nichts getan. Und deshalb nenne ich es ein Versäumnis der Stadt, wenn die Wildschweine wegen des Bevölkerungsdrucks nun auf die Gärten am Waldrand ausweichen. Da hätte man viel früher gegensteuern müssen." Man hätte also die Tiere konsequenter abschießen müssen.
Und sie erhebt auch gegenüber den Jagdpächtern Vorwürfe. In nächster Umgebung ihres Grundstücks hat sie vier Hochsitze gezählt, und um die Tiere besser abschießen zu können, werden sie "gekirrt", also durch Essensreste angelockt: "Ich halte das nicht für vernünftig, so in der Nähe von Wohngebieten."
Schon seit einigen Monaten steht sie in regem Briefwechsel mit den städtischen Behörden, aber so richtig ernstgenommen fühlt sich Rapp nicht. Und bisher bot die Stadt auch keine Hilfe an bei der Pflege ihres Grundstücks – es hat Steigungen von bis zu 90 Prozent. Einmal abgesehen davon, dass sie bisher keinen Erfolg dabei hatte, bei der Stadt einen Ausgleich für die Wildschweinschäden zu bekommen. Das sei eine Privatangelegenheit der Grundstücksbesitzer, erhielt sie als Antwort.