Das Heidelberger Rathaus. Foto: RNZ-Archiv
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Am Mittwoch, zehn Tage nach der für sie erfolgreichen Kommunalwahl, kam auf der Jahreshauptversammlung der Heidelberger Grünen eine "Giftliste" zur Sprache. In ihr sind etwa 20 Maßnahmen für mehr Klimaschutz aufgeführt, die bisher in der Stadtverwaltung gescheitert sind. Umweltbürgermeister Wolfgang Erichson erwähnte bei dieser Sitzung als einzigen konkreten Punkt eine drastische Verteuerung des Anwohnerparkausweises: Er soll fortan so viel wie ein Jobticket kosten: statt 36 Euro im Jahr fortan 42 Euro im Monat (und damit 504 Euro im Jahr). Der Gedanke dahinter: Autofahren soll so teuer wie der Öffentliche Nahverkehr werden.
Gegen diesen Plan gibt es nun heftige Kritik von CDU, den "Heidelbergern" und dem Verein Alt-Heidelberg.
> CDU: Die Partei fordert die Grünen und ihren Dezernenten auf, ihre selbsternannte "Giftliste" zeitnah für die Bürger öffentlich zu machen und mit ihnen zu diskutieren. Die Bürger hätten einen Anspruch darauf zu wissen, mit welchen finanziellen Belastungen sie zukünftig klarkommen müssten. Die geplante Erhöhung der Gebühren um das 14-Fache hält die CDU weder für sozial gerecht noch für einfach durchsetzbar. Statt die Bürger zu belasten, sollten die Grünen lieber mithelfen, Alternativen zu schaffen. Dafür sieht Stadtrat Matthias Kutsch einen zügigen Betriebshof-Neubau als Voraussetzung; er fordert die Grünen auf, ihre bisherige Blockadehaltung gegen den Standort Ochsenkopf aufzugeben.
Stadtrat Werner Pfisterer kritisiert die von den Grünen geplante Gebührenerhöhung für den Anwohnerparkausweis auf über 500 Euro pro Jahr: "Hier wird eine junge, gesunde und wohlhabende Klientel bedient. Alle anderen wird es hart treffen. Das wird unsere Gesellschaft spalten und sie nicht zusammenführen." Und sein Fraktionskollege Alexander Föhr sagt: "Bei aller Notwendigkeit, ökologische Maßnahmen zu ergreifen, gibt es auch soziale Aspekte zu beachten. Mobilität darf nicht vom Geldbeutel abhängen." Deshalb gebe es beispielsweise bei Bussen und Bahnen ein Sozialticket für Nutzer mit geringem Einkommen.
Eine drastische Preiserhöhung für das Anwohnerparken werde den Verdrängungswettbewerb in den betroffenen Stadtteilen zu Lasten von Menschen mit geringem Einkommen und jungen Familien verschärfen. "Es ist einfach ungerecht, wenn der geparkte Opel Corsa der alleinerziehenden Krankenschwester in der Fritz-Frey-Straße genauso 500 Euro kostet wie der geparkte SUV (ein Geländewagen, Anm. d. Red.) in der Innenstadt. Da fehlt jede Verhältnismäßigkeit."
Föhr meint außerdem, dass eine solche Gebührenerhöhung juristisch kaum zu begründen sei: "Das Bundesgebührengesetz beinhaltet den Grundsatz der Angemessenheit. Das bedeutet, dass die Gebühren im Verhältnis zum Verwaltungsaufwand stehen müssen. Das Ausstellen einer Erlaubnis macht eben nicht mehr Aufwand als 50 Euro pro Jahr. Eine Gebührenerhöhung um das 14-Fache wird daher juristisch ein spannender Akt. Wir werden darauf achten, dass auch während eines grünen Höhenflugs Recht und Gesetz in Heidelberg gelten."
> Die Heidelberger: "Jetzt wissen wir also, was in Heidelberg in Zukunft auf uns zukommen wird", kommentiert Stadträtin Larissa Winter-Horn. "Giftig wird es für die, die in Heidelberg leben und nicht das gutheißen, was die Grünen künftig als Klimaschutzpolitik durchsetzen wollen." Dass 65 Prozent der Wähler nicht grün gewählt hätten, sei wohl bei der Durchsetzung der eigenen Politik unerheblich. Man brauche ja nur noch eine der beiden schwer gebeutelten "Kleineren" - CDU oder SPD - und zwei Stadträte aus dem linken Lager, "und schon kann man sein Gift über die ganze Stadtgesellschaft verteilen", so Winter-Horn. Die anderen knapp 50 Prozent gewählten Vertreter der Heidelberger Bürgerschaft seien dann uninteressant, und man müsse mit denen auch nicht mehr diskutieren.
Winter-Horn sagt: "Wir sehen mit Aufmerksamkeit der Entwicklung dieser neuen Machtpolitik entgegen und fragen uns zugleich, ob man so der durch das Wahlergebnis gegebenen Verantwortung gerecht wird - oder entspricht dies dem Willen aller ihrer Wähler?"
> Alt-Heidelberg: "Mit Erstaunen" las Vereinsvorsitzende Karin Werner-Jensen die Nachricht von der "Giftliste" - und sie ist sich sicher: "Die Heidelberger Bevölkerung wird da nicht mitgehen! Parken kann teurer werden, aber nicht für Anwohner." Ja, der Öffentliche Nahverkehr müsse günstiger werden, sonst würden die Menschen nicht auf ihn umsteigen. Werner-Jensen meint: "Es gibt nicht nur ,Besserverdienende’ in dieser Stadt, kann man den Grünen nur zurufen!"
Und mit einem Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im neuen Gemeinderat wurden vom grünen Umweltbürgermeister Erichson neben den Grünen SPD, CDU und noch ein Einzelstadtrat genannt, die in Zukunft die Mehrheit ergeben. Nun ist Werner-Jensen "aber gespannt, ob das mit diesen Fraktionen zu machen ist!"