Die 1963 bezogene Hauptverwaltung von Heidelberg Cement an der heutigen Berliner Straße (oben) ist mittlerweile Geschichte. Sie wurde 2016 abgerissen, um einem Neubau Platz zu machen. Foto: Heidelberg Cement/Ballarin
Von Timo Teufert
Heidelberg. An der Berliner Straße baut der Baustoffkonzern Heidelberg Cement gerade seine neue Hauptverwaltung. Grund für das Projekt: Im Vorgängerbau, der vor über 50 Jahren an gleicher Stelle errichtet wurde, war einfach nicht mehr genügend Platz für die Mitarbeiter des Konzerns, der sich von einem regional zu einem global agierenden Unternehmen entwickelt hat.
Das Frankfurter Architekturbüro "Albert Speer und Partner" hat die neue Firmenzentrale entworfen. Grafik: Heidelberg Cement
So wiederholt sich Geschichte: Für den Bau des Münchner Architekten Josef Wiedemann, der Anfang der 1960er Jahre in die Höhe wuchs, hatten sich die Portland Cementwerke entschieden, weil die Zahl der Mitarbeiter stetig stieg und sie an einem Ort zusammenarbeiten sollten. Bevor die Verwaltung nach Neuenheim zog, gab es bereits verschiedene Standorte in der Stadt.
Nach der Gründung des Zementwerkes war sie zunächst auf dem Werksgelände in Bergheim untergebracht. In welchem Gebäude, ist unklar, im Adressbuch der Stadt ist die Mühlstraße - die heutige Fehrenzstraße - angegeben. Doch nach dem verheerenden Brand im Zementwerk im Jahr 1895, das direkt am Neckar - auf dem heutigen Areal des Thermalbades und des ehemaligen Radium-Sol-Bades - lag, musste die Verwaltung ein Jahr lang ausgelagert werden.
Sie zog in das Wohn- und Kontorhaus in der Bergheimer Straße 89a. In diesem Gebäude hatte damals auch der Verband Süddeutsche Cementfabriken seinen Sitz. Die Vereinigung wurde 1894 als loser Zusammenschluss der süddeutschen Zementhersteller mit Sitz in Heidelberg gegründet, um der wegen der Überproduktion entstandenen Preisunterbietung und äußerst schädlichen Konkurrenz entgegenzuwirken.
Obwohl das Zementwerk nach dem Brand 1896 nach Leimen verlegt wurde, blieb die Verwaltung in Heidelberg. Dazu hatte sich das Unternehmen gegenüber der Stadt verpflichtet - wenn auch nur für 15 Jahre. Trotz dieser Vereinbarung ist in den Adressbüchern zwischen 1899 und 1908 keine offizielle Adresse verzeichnet. Dass die Verwaltung aber tatsächlich in Heidelberg geblieben ist, beweist ein Brief aus dem Jahr 1905 an den Stadtrat, in dem der geplante Ausbau des Turbinenhauses auf dem ehemaligen Fabrikgelände - heute ist dort die Rudergesellschaft Heidelberg - für das "kaufmännische Bureau" geschildert wird.
Zwar besaß die Firma nach der Fusion mit der Mannheimer Portland-Cement-Fabrik 1901 ein großes Bürogebäude in Mannheim, doch dieses Haus war vermietet und ein Neubau in Heidelberg offenbar zu teuer. So entstand die Idee, das Turbinenhaus in ein Verwaltungsgebäude umzubauen. Doch diese Pläne wurden nie verwirklicht.
Zwischen 1909 und 1924 residierte das Unternehmen am Bismarckplatz. Foto: Heidelberg Cement/Ballarin
Ab 1909 gibt es dann wieder eine offizielle Adresse: Direkt am Bismarckplatz mietete sich das Zementwerk in die Villa Thode in der Bergheimer Straße 4 ein. Das Haus war hell verputzt und wurde deshalb von den Mitarbeitern "Weißes Haus" genannt. Bis 1925 hatte die Verwaltung ihren Sitz in diesem Gebäude, das später an die Heidelberger Straße- und Bergbahn verkauft und 1965 abgebrochen wurde. Es entstand ein Neubau, in dem sich heute die Drogerie Müller befindet.
Nachdem die Portland-Cementwerke die Krise des Ersten Weltkrieges und der Folgejahre überstanden hatten, erwarb das Unternehmen 1924 ein Haus in der Riedstraße 4, der heutigen Hans-Böckler-Straße. Da die Zahl der Mitarbeitern wuchs, musste in der Weststadt aber bald angebaut werden: Nach den Plänen von Franz Sales Kuhn wurde die Villa 1935/36 nach Westen erweitert.
1924 zog die Verwaltung in die Riedstraße 4 in der Weststadt (jetzt Hans-Böckler-Straße), wo heute die Industrie- und Handelskammer ihren Sitz hat. Foto: Heidelberg Cement/Ballarin
Durch den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg war der Bedarf an Baustoffen groß, das Unternehmen wuchs. In den 1950er Jahren wurden zudem mehrere deutsche Produktionsstandorte übernommen, die eine größere Verwaltung erforderten. Zur Zentrale in der Riedstraße kamen deshalb weitere Verwaltungsgebäude hinzu: 1953 eines davon in unmittelbarer Nähe in der Rohrbacher Straße 12, an der Ecke zur Bahnhofstraße. Auch in der Villa Schottländer in der Rohrbacher Straße 57, die bis 1967 den Portland Cementwerken gehörte und danach einem Neubau weichen musste, und in der Neuenheimer Landstraße 20 waren Mitarbeiter der Verwaltung untergebracht.
Ein Teil der Verwaltung war ab 1953 auch in der Rohrbacher Straße 12, an der Ecke zur Bahnhofstraße, untergebracht. Foto: Heidelberg Cement/Ballarin
Ende der 1950er Jahre war das Unternehmen so gewachsen, dass der Wunsch nach einer neuen Hauptverwaltung aufkam, in der alle Mitarbeiter, die bislang in verschiedenen Gebäuden in der Stadt arbeiteten, zusammengezogen werden sollten. Die Wahl fiel schließlich auf ein Grundstück an der Frankfurter Straße, der heutigen Berliner Straße, am noch fast unbebauten Neuenheimer Feld. Damals arbeiteten 170 Angestellte bei Heidelberg Cement, das neue Gebäude war für 300 ausgelegt.
Der Entwurf stammte vom Josef Wiedemann und entsprach mit seiner "sauberen, klaren, gegliederten Architektur" am ehesten der Vorstellung der Direktion. Natürlich spielte auch der Baustoff Beton eine wichtige Rolle: Die Fassade wurde mit großformatigen Platten aus Schock-Beton verkleidet. Über der Kantine im Norden des Areals wurde ein markantes Faltdach gebaut.
Im November 2018 war mit dem Richtfest der Rohbau abgeschlossen. Foto: Rothe
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger rückt der derzeit entstehende Neubau direkt an die Berliner Straße heran. Ihn hat das Frankfurter Büro "Albert Speer und Partner" entworfen, das Unternehmen investiert rund 100 Millionen Euro für das Projekt. Die neue Firmenzentrale gliedert sich in drei unterschiedlich hohe Gebäudeteile, die miteinander verbunden sind. Es bietet Platz für 1000 Mitarbeiter, auch wenn derzeit "nur" 860 in Heidelberg arbeiten. Am Bau kommen zahlreiche Innovationen zum Einsatz. Beispielsweise ein bioaktiver Fassadenbeton, der dafür sorgen soll, dass die Fassade lange schön weiß bleibt.