Abschlussfeiern auf der Neckarwiese

"Wir Jugendlichen werden kriminalisiert"

Heiße Diskussion um Abschlussfeiern auf der Neckarwiese - Jugendgemeinderat lehnt Alkoholverbot ab - Schüler wollen aber besser aufräumen

11.10.2017 UPDATE: 12.10.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden

Nach den Abschlussfeiern Anfang Mai war die Neckarwiese voller Müll. Ein weiteres Problem: Völlig betrunkene Jugendliche. Foto: Rothe

Von Anica Edinger

Die Jugendlichen haben im kommenden Jahr noch eine letzte Chance: Wenn die Abschlussfeiern nach den Abitur- oder Realschulprüfungen dann erneut aus dem Ruder laufen, will die Stadt ein zeitlich und örtlich beschränktes Alkoholkonsumverbot auf der Neckarwiese aussprechen. Das bekräftigte Ordnungsbürgermeister Wolfgang Erichson am Dienstagabend noch einmal in der Sitzung des Jugendgemeinderats.

In dem Gremium ging es um eine umfangreiche Informationsvorlage zum Thema "Situation auf der Neckarwiese", die Erichsons Dezernat ausgearbeitet hat. Anlass war ein Antrag der Fraktion "Die Heidelberger", den diese nach den jüngsten Feiern im April und Mai gestellt hatte. Wieder mussten dabei Dutzende volltrunkene Jugendlichen ins Krankenhaus eingeliefert werden, einer fiel sogar in den Neckar. Zudem beklagten die Polizisten, dass die Schüler zunehmend aggressiv und respektlos aufträten - auch gegenüber den Beamten. "Wir wollen kein Alkoholkonsumverbot, aber die Polizei macht uns Druck", sagte Erichson den Jugendlichen. "Und wenn es auch durch die Präventionsmaßnahmen nicht besser wird, ist es das letzte Mittel." Daraufhin entbrannte eine lebhafte Diskussion, die es in dem Gremium so schon lange nicht mehr gegeben hat.

Der Tenor: Ein Verbot würde die Feiern nicht verhindern, sondern lediglich an einen anderen Ort verlagern. Jugendgemeinderat Philipp von Wolff-Metternich sagte: "Ein Alkoholverbot kann auf keinen Fall die Lösung sein." Vielmehr solle man mit den Jugendlichen in den Diskurs treten. Denn eigentlich liege der Knackpunkt doch ganz wo anders: "Wir haben Probleme, in der Stadt feiern zu gehen." Auch Noah Buchheit beklagte: "Es gibt immer weniger Clubs in Heidelberg." Es müssten Alternativen zur Neckarwiese geschaffen werden - "damit es sich entzerrt", so Buchheit. Doch Erichson erklärte: "Die Menge ist nicht das Problem, sondern der Polizeibericht danach." Für den Bürgermeister ist der Grund allen Übels klar: übermäßiger Alkoholkonsum. Stadtrat Michael Pfeiffer (Grün-Alternative Liste), der auch zur Sitzung gekommen war, versuchte es mal so: "Ich muss manchmal mit dem Auto fahren, wenn ich auf Feste gehe. Dann kann ich auch nichts trinken - und ich habe trotzdem Spaß." Auch der erste Vorsitzende des Jugendgemeinderats, Enes Günay, meinte: "Unser Rektor hat uns in diesem Jahr dazu aufgerufen, es nicht zu übertreiben. Und ich glaube, es hat funktioniert." Der Vorsitzende nutzte noch die Gelegenheit, um zum Gegenangriff auszuholen: "Dieses Problem wird immer als eines von jungen Leuten dargestellt. Doch das ist es nicht. Auch ältere Menschen machen Schmutz, pinkeln an Wände und benehmen sich mal daneben - zum Beispiel auf Kerwen." Und weiter: "Wir Jugendlichen werden von den Anwohnern kriminalisiert." Aber der Vorsitzende versprach auch: "Wir beteiligen uns daran, ein Konzept für Verbesserungen auszuarbeiten."

Und einige Ideen hatten die Jugendlichen bereits in der Sitzung - Stichwort: aufräumen. Petra Guntermann hatte den Vorschlag, auf Facebook zur großen Aufräumaktion nach dem Feiern aufzurufen. Außerdem hätten die Schulen dafür Sorge zu tragen, "dass möglichst viele zum Putzen kommen". Ein Großteil des Jugendgemeinderats sprach sich sogar dafür aus, eine etwaige Putzaktion von Seiten der Schulen verpflichtend für die Schüler zu machen. Und Björn Erik Lützen schlug vor: "Vielleicht könnte man einen Wettbewerb daraus machen." Überhaupt kam Erichsons Vorschlag, eine Art Putz-Event auf die Beine zu stellen, sehr gut bei den Jugendlichen an.

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Mehrfach betonte der Bürgermeister, dass es doch toll wäre, wenn die Jugendgemeinderäte auch zum nächsten Runden Tisch "Neckarwiese" am 14. November nach Neuenheim kämen. Nur: Ausgerechnet an diesem Tag steht für sie die nächste Jugendgemeinderatssitzung an.

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