Abifeier auf Heidelberger Neckarwiese

"Das war die totale Enthemmtheit" (plus Fotogalerie)

Urin und mehr in den Vorgärten, jede Menge Müll und 15 klinikreife Alkoholleichen - Schüler "feierten" gestern auf der Neckarwiese

03.05.2017 UPDATE: 04.05.2017 10:51 Uhr 1 Minute, 53 Sekunden

Bis zu 2000 junge Leute - Abiturienten wie Realschüler - waren gestern auf der Neckarwiese, um das Ende ihrer schriftlichen Prüfungen zu feiern. Am Abend ähnelte die Wiese dann einer Müllhalde. Foto: Rothe

Von Jonas Labrenz

Der Anfang der Abifeiern so gegen 12 Uhr war noch relativ gesittet, doch dann nahm das Treiben sichtlich an Fahrt auf. Bis zum Mittwochabend hatten sich über 2000 junge Leute, neben Gymnasiasten auch viele Realschüler, auf der Neckarwiese versammelt, um ihren Schulabschluss zu feiern - mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr, wie die Polizei der RNZ berichtete. Sie hinterließen am Abend eine vollkommen zugemüllte Wiese, und einige hatten sich fast besinnungslos getrunken.

Auch wenn die Feier jedenfalls bis zum Abend nicht völlig aus dem Ruder lief - wie noch bei den Abiturienten der Technischen und Wirtschaftsgymnasien vor einer Woche -, Probleme gab es doch. "Es ist friedlich, aber es gibt massiven Alkoholkonsum", berichtete Alexander Walter, Einsatzleiter für die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Vor allem harte Sachen würden - auch von Unter-18-Jährigen - konsumiert.

Die Polizei machte stichprobenartige Kontrollen und wollte wissen, "ob der Alkohol auch zum Alter passt und das Alter zum Alkohol", so Pressesprecher Norbert Schätzle. "Die totale Enthemmtheit ist aufgefallen." Es habe Beschwerden von Anwohnern gegeben, in deren Gärten sich die Feiernden erleichtert hätten - und zwar nicht nur uriniert.

Schon nachmittags wurden einige Fälle von Alkoholvergiftungen gemeldet, insgesamt mussten 15 Partygäste ins Krankenhaus: Von den 14 Patienten, die bis zum Abend von der DLRG behandelt wurden, mussten vier in die Kinderklinik gebracht werden, einer kam in die Medizinische Klinik.

Bei Walters Kollegen vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) wurden sogar 25 Personen versorgt, zehn davon kamen mit Verdacht auf Alkoholvergiftung in die Kinderklinik. "Wir haben mehr alkoholbedingte Fälle als in den letzten Jahren", erklärte Einsatzleiter Claus Gutfleisch von der DRK-Bereitschaft Heidelberg-Nord.

Die Jugendlichen, die noch nicht zu tief ins Glas geschaut hatten, standen unterdessen in Grüppchen um ihre auf dem Boden liegenden Rucksäcke - und Flaschen. Ihre Abi-Pullover zierten Sprüche wie "Mehr dichter als Denker" oder "Muhammad Abi". Viele hatten zusätzlich ihre Wangen mit "Abi 17" oder "AK 17" (Abschlussklasse) verschönert. Die meisten waren gut gelaunt und wollten einfach nur ihren Abschluss feiern. "Ich muss nie mehr in meinem Leben eine Matheprüfung ablegen", freute sich etwa Mareike (18), die ihr Abitur am Bunsengymnasium macht. Andere waren eher dabei - statt mittendrin: "Ich warte, bis es vorbei ist", gab die 16-jährige Lara von der Realschule St. Raphael zu. Ihr war das wilde Treiben nicht ganz geheuer - und so erging es auch einigen anderen Jugendlichen.

Neben Polizei, DRK und DLRG hatte auch die Wasserschutzpolizei ein Auge auf die Jugendlichen. "Letztes Jahr sind sogar einige schwimmen gegangen", erinnerte sich Polizeisprecher Schätzle. Das unwirtliche Wetter sorgte gestern aber offenbar dafür, dass die Anziehungskraft des Flusses geringer ausfiel.

Als die meisten Jugendlichen am Abend gegen 19 Uhr nach Hause gingen - oder aber weiter in die Altstadt zogen -, sah die Wiese aus wie ein Schlachtfeld: Pfandsammler bahnten sich die Wege zwischen den noch verbliebenden Feierwütigen hindurch und klaubten zumindest einen Großteil der Flaschen auf. Der restliche Müll blieb liegen. Alexander Walter von der DLRG resümierte: "So verdreckt wie in diesem Jahr war die Neckarwiese schon lange nicht mehr."

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