Über dem Boxberg könnte es eine Windkraftenergiezone geben. Grafik: Stadt
Von Sabine Hebbelmann
Heidelberg. Was ist wichtiger - der Klima- oder der Naturschutz? Um diese Frage ging es bei der Diskussion um mögliche Standorte für Windräder im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss. Das Problem: Die Fläche "Drei Eichen" liegt zum Teil in einem FFH-Gebiet - ein Naturschutzgebiet von europäischem Rang. Daher stellte Stadträtin Monika Gonser (Grüne) den Antrag, den möglichen Standort oberhalb des Boxbergs um das Naturschutzgebiet zu verkleinern.
"Wir möchten das FFH-Gebiet achten", betonte Gonser. Sie fragte zugleich, ob es möglich wäre, auf der verbleibenden Fläche noch drei Windkraftanlagen unterzubringen. Das müsse man prüfen, sagte Martin Müller vom Nachbarschaftsverband und schickte hinterher: "Vom Gefühl her halte ich das für ein bisschen schwierig." Ob am Standort "Drei Eichen" auch weniger als drei Anlagen errichtet werden können, wollte Gonser daraufhin wissen. Müller wies auf den Beschluss der Verbandsversammlung hin, mit den Konzentrationszonen eine Bündelung von Anlagen zu erreichen, um andere Gebiete von Windrädern frei zu halten. Er sah derzeit keine Möglichkeit, in Einzelfällen die Zahl zu reduzieren. Da müsste die Verbandsversammlung schon einen neuen Beschluss fassen, der weniger als drei Anlagen auf einer Fläche zulasse.
Schon im Februar hatte der Gemeinderat den Nachbarschaftsverband aufgefordert, rechtlich zu klären, ob es möglich sei, die Mindestanzahl von drei Windrädern pro Standort im Einzelfall auf ein bis zwei Anlagen zu reduzieren. Bei weniger Windrädern pro Fläche könnten insgesamt mehr geeignete Standorte gefunden werden, zeigte sich Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) überzeugt. Aktuell ist in Heidelberg von ursprünglich sieben vorgeschlagenen Konzentrationszonen für Windkraftanlagen außer "Drei Eichen" nur noch der Standort "Kirchheimer Mühle" im Rennen. Hier fehlt, wie Müller einräumte, noch das artenschutzrechtliche Gutachten.
Gonsers Antrag wurde im Ausschuss mit zehn Ja-Stimmen und drei Enthaltungen angenommen. Im Übrigen empfahlen die Stadträte dem Gemeinderat bei vier Gegenstimmen, das Verfahren, geeignete Standorte für Windräder zu finden, fortzuführen. Zu Beginn der Ausschusssitzung hatte Müller über das Ergebnis der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung informiert. "Wir haben ein sehr gutes Meinungsbild erhalten", so Müller. Viele hätten sich intensiv und sachlich mit dem Thema auseinandergesetzt, was zu "qualitativ hochwertigen Ergebnissen" geführt habe. Vor allem die Naherholung und der Landschaftsschutz wurden von den Windkraftkritikern ins Feld geführt. In der Diskussion hätten die Sichtbeziehungen von der Heidelberger Altstadt, dem Heidelberger Schloss und dem Neckartal zu möglichen Anlagen eine große Rolle gespielt. Insgesamt 892 individuelle Stellungnahmen - die meisten aus Heidelberg - gingen beim Nachbarschaftsverband ein. Davon sprachen sich rund 100 ausdrücklich für Windenergie im Verbandsgebiet aus, die große Mehrheit äußerte sich ablehnend. Dagegen hielten sich bei den insgesamt gut 500 Besuchern der Bürgerversammlungen Gegner und Befürworter die Waage.
299 Musterbriefe wurden verschickt, 3123 Unterschriften gegen die Windkraft-Standorte gesammelt. Von den Initiativen sei die Diskussion nicht immer ganz sachlich geführt worden, bemängelte Müller. So bezeichnete er die Aussage von "Gegenwind 21", es sei "ein gigantischer Wind-Industrie-Park" geplant oder Mannheim werde gegenüber Heidelberg bevorzugt, als "schlicht unzutreffend". In einer gemeinsamen Bezirksbeiratssitzung hatten die Rohrbacher und Emmertsgrunder für die beiden verbleibenden Standorte an der Kirchheimer Mühle und bei "Drei Eichen" gestimmt. Kirchheim und Boxberg waren dagegen.