Seit Jahren ist die Hirschhorner Staustufe eine Großbaustelle. Die linke Schleusenkammer (im Vordergrund) will einfach nicht fertig werden, und dem Wasserkraftwerk (Ziegelbau l.) droht momentan sogar das Aus. Foto: Biener-Drews
Von Jutta Biener-Drews
Hirschhorn. Wenn alle Stricke reißen, stoppt zu Jahresbeginn 2021 die Produktion von Ökostrom im Hirschhorner Wasserkraftwerk und die Turbinen stehen still. Wie ein Sprecher der EnBW auf Anfrage bestätigt, läuft zum 31. Dezember dieses Jahres die wasserrechtliche Genehmigung dieser von der Neckar-AG betriebenen Anlage aus, und zwar für beide Turbinen "in Form der 1990 genehmigten Leistungserhöhung". Die Betreibergesellschaft — die EnBW ist zu über 82 Prozent an der Neckar AG beteiligt — gibt sich allerdings zuversichtlich, dass es soweit nicht kommen wird.
"Wir sind in regelmäßigem Austausch mit dem Regierungspräsidium Darmstadt", betont der Pressesprecher. Die hessische Behörde habe den Antrag auf Weiterbetrieb des Kraftwerks bislang aber noch nicht abschließend entschieden. Dass nach einem Auslaufen der Konzession in Hirschhorn ein harter Schnitt drohen könnte, gilt dem Energiekonzern mit Sitz in Karlsruhe, der für den Betrieb von insgesamt 67 Wasserkraftanlagen verantwortlich ist, aber als eher unwahrscheinlich.
Nach seinen Angaben stellt dieses Kraftwerk mit einer installierten Leistung von fünf Megawatt jährlich die Versorgung von rund 7 000 Haushalten mit nachhaltig erzeugtem Strom sicher. Wie eine Anfrage beim Regierungspräsidium ergab, konnte eine neue Betriebserlaubnis "bisher aufgrund später Antragstellung und noch nachzufordernder Unterlagen noch nicht erteilt werden". Der EnBW-Antrag sei erst im Oktober eingegangen. Das Verfahren werde aber prioritär bearbeitet. Eventuell mögliche Maßnahmen würden anhand der Sach- und Rechtslage geprüft, heißt es seitens der Behörde.
Laut EnBW beinhaltet dieser Antrag unter anderem den Umbau einer der beiden Turbinen in eine fischfreundliche, das heißt in eine für wandernde Fische durchlässige Turbinenversion, sowie ein dazugehöriges Fischmonitoring. Da diese zweite Turbine ohnehin in Revision war, konnte sie bei der Gelegenheit fischfreundlich umgebaut werden, heißt es weiter. Voraussichtlich Anfang 2021 soll diese Turbine komplett mit Fisch-Wanderhilfe eingebaut sein, sodass Inbetriebnahme und Probebetrieb zu diesem Zeitpunkt erfolgen könnten.
Im Herbst 2021 soll die etwa dreiwöchige Untersuchung des Fischbestands am Kraftwerk stattfinden. Danach gelte es abzuwarten, wie das Regierungspräsidium dessen Ergebnisse bewertet. "Auf der Grundlage dieser Untersuchung wird dann seitens RP entschieden, ob die fischfreundliche Turbine so weiter betrieben werden kann, oder ob bauliche Ergänzungen bzw. Veränderungen erforderlich werden", erklärt der EnBW-Sprecher. "Wir sind aber durchaus optimistisch, dass die Lösung für den Fischschutz zielführend ist."
Die Anlage wurde in den 1930er-Jahren gebaut. In den 1990er-Jahren wurden die Maschinensätze des Wasserkraftwerks erneuert, 2017 folgte die Generalüberholung einer der Turbinen mitsamt Getriebe und Generator. In diesem Sommer nun kehrten die runderneuerten Maschinenteile der zweiten Turbine aus dem Herstellerwerk ins Hirschhorner Kraftwerk zurück.
Mitarbeiter, die diesem oder anderen Wasserkraftwerken fest zugeordnet sind, gibt es nach Angaben des Sprechers nicht. Vielmehr sei ein Team von fast dreißig Leuten im Einsatz, die sich teils um die zehn Anlagen zwischen Guttenbach und Feudenheim, darunter auch Hirschhorn kümmern, teils um alle 38 Wasserkraftwerke am Neckar und Nebenflüssen. Dieses Personal, darauf weist der EnBW-Sprecher hin auf Nachfrage hin, hätte auch im Falle eines Stillstands in Hirschhorn noch "genug zu tun: Auch eine stillstehende Maschine muss natürlich weiterhin betreut, kontrolliert und gewartet werden".