Möglichst viele Eberbacher gewinnen möchte die Klimainitiative um Stefan und Katharina Klein (v.l. vorn am Banner), um die Stadt bis 2035 klimaneutral zu bekommen. Foto: Hüll
Von Christofer Menges
Eberbach. Mit einem gemeinsamen Antrag zum Klimaschutz brachten Freie Wähler, SPD und AGL am Donnerstag im Gemeinderat Bürgermeister Peter Reichert in Wallung. Reichert hatte im Oktober angekündigt, dass der Klimaschutz Anfang nächsten Jahres Thema im Rat werden solle. Das ging den drei Fraktionen offenbar nicht schnell genug. Die Eberbacher Klimainitiative mahnt, in einem offenen Brief, das eigentliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Dringlichkeit beim Klimaschutz scheint weitgehend unumstritten. Gletscher und Meereis schmelzen, der Meeresspiegel steigt, Wälder trocknen aus. 13 Jahre ist es her, dass Angela Merkel zur "Klimakanzlerin" gekürt wurde. Seit dem "Weltklimavertrag" von Paris 2015 ist der weltweite CO2-Ausstoß weiter gestiegen. Das Eberbacher Prima-Klima-Konzept von 2012 ist bis auf die Modernisierung der Straßenbeleuchtung mit LEDs und ein paar Kleinprojekte zu einem Gutteil verpufft. Ob es da jetzt auf ein paar Wochen ankommt?
Das scheinen Freie Wähler, SPD und AGL so zu sehen. "Keinen weiteren Aufschub" vertrage der Klimaschutz. Der Sache sei "auf allen politischen Ebenen höchste Priorität einzuräumen". "Sofortiges Handeln" sei erforderlich. Deshalb möge der Gemeinderat "sofort" beschließen, dass die Stadt Eberbach sich zum Ziel setzen solle, bis 2035 klimaneutrale Kommune zu sein. Alle Entscheidungen müssten unter Klimaschutzvorbehalt gestellt werden. Die Verwaltung solle einen Katalog mit Sofortmaßnahmen und mittelfristigen Maßnahmen erstellen und dem Gemeinderat jährlich Bericht erstatten. Für die Umsetzung solle 2021 eine neue Personalstelle geschaffen werden.
Der Antrag wirkte auch sofort – allerdings beim Klima im Rat. Bei Bürgermeister Reichert führte der Vorstoß zu atmosphärischen Störungen: "Ich bin erstaunt und enttäuscht zugleich", entgegnete der Rathauschef. Denn er habe bereits im Oktober bekanntgegeben, dass es im ersten Quartal 2021 im Rat um den Klimaschutz gehen soll. "Jetzt kommen Sie mit diesem Antrag bei einer so weitreichenden Entscheidung, ohne den Bürgermeister vorher miteinzubeziehen. Auch ich bin stimmberechtigtes Mitglied des Gemeinderats!", ärgerte sich Reichert.
"Es ist unser gutes Recht, einen Antrag zu stellen. Wir sind nicht im Dissens mit Ihnen", versuchte Peter Stumpf Luft rauszunehmen. Vergebens. "Das zeigt auch, wie Sie mit dem Bürgermeister umgehen und zusammenarbeiten. Ich bin deshalb maßlos enttäuscht", lief Reichert heiß.
Die CDU sprang ihm teilweise bei: Sie habe den Antrag nicht mitgetragen, weil sie seiner Ankündigung aus dem Oktober nicht habe vorgreifen wollen, begründete Patrick Joho. Das Ziel sei dennoch wichtig.
Die Eberbacher Klimainitiative um Katharina und Stefan Klein bemühte sich am nächsten Tag mit einem offenen Brief an Bürgermeister und alle Stadträte um Abkühlung der erhitzten Gemüter. Schließlich gehe es um die Sache. Darüber, dass sich im Gemeinderat auf breiter Basis die Meinung forme, dass beim Klimaschutz "dringendster Handlungsbedarf" bestehe, seien sie "glücklich und erleichtert" . Sie bitten darum, durch den Dissens die grundsätzliche Ausrichtung des Antrags nicht in Frage zu stellen. Klimaschutz sei eine "Menschheitsaufgabe auch in Eberbach". Darüber werde, dürfe und solle es auch in Zukunft konstruktiven Streit geben. "Doch lassen Sie es bitte nicht zu, dass die grundsätzliche Einigkeit über Notwendigkeit und Richtung zu diesem Zeitpunkt unter Einzelfragen verschüttet wird."
Nun steht der Antrag. Ob es im Dezember noch zur Beratung reicht, ist noch offen. Spätestens im Januar muss das Thema im Rat behandelt werden. Bis dahin bleibt Zeit zur Abkühlung.