„O’zapft is“ auch in Corona-Zeiten? Nach ausgefallenem Frühlingsfest und Kuckucksmarkt will Bürgermeister Peter Reichert (l.) den Leuten dennoch „etwas anbieten“. Im Gemeinderat gab es für den im September in der Au geplanten Biergarten mit Personenbegrenzung auf 500 Leute auch Kritik. Gefeiert werden soll nun aber trotzdem. Archivfoto: Stefan Weindl
Von Christofer Menges
Eberbach. Kein Frühlingsfest, kein Kuckucksmarkt: Nun soll Corona zum Trotz mit limitierter Besucherzahl "Eberbacher Sommer" gefeiert werden – wenn nicht steigende Fallzahlen der umstrittenen Veranstaltung noch den Garaus machen.
Eigentlich klingt die Idee ganz nett: Wenn schon nicht groß gefeiert werden kann, dann wenigstens in kleinem Rahmen. Und die Vereine, die sonst beim Frühlingsfest bewirten und dieses Jahr leer ausgegangen sind, sollen auch etwas davon haben. Von Freitag bis Sonntag, 3. bis 5. September, soll deshalb auf dem Kuckucksmarktgelände in der Au ein Biergarten mit Livemusik aufmachen.
Im Hof der Dr.-Weiß-Schule ist ein Open-Air-Kino mit drei Filmvorführungen pro Tag geplant. Um Speisen, Getränke und Organisation kümmert sich die Stadtverwaltung. Die Arbeit während der Veranstaltung sollen Helfer der zehn am Frühlingsfest beteiligten Vereine übernehmen und dafür – wie vor sieben Jahren bei der Tour de Ländle – je nach Zahl der gestellten Helfer und geleisteten Stunden einen Anteil vom Gewinn erhalten. Wenn denn ein Gewinn bleibt.
Denn viel bleibt bei den zwei parallelen Veranstaltungen nach Rechnung des stellvertretenden Eberbacher Kulturamtsleiters Bernhard Walter nicht hängen: Allenfalls mit um die 1000 Euro pro Verein seien aus den drei Tagen zu rechnen. Dafür müsste jeder der zehn Vereine fünf Helfer am Tag stellen.
Nach derzeitigem Stand sind Veranstaltungen mit bis zu 500 Menschen möglich. Die Tickets für Biergarten und Kino sollen wie beim Freibad nur online vorab gebucht werden können. Der Festplatz in der Au soll komplett eingezäunt werden. Auf dem Schulhof ist die Besucherzahl auf 100 Zuschauer pro Kinovorführung begrenzt. Die LED-Wand, auf der die Filme gezeigt werden, soll etwas kleiner ausfallen als beim Autokino in der Au im Mai.
Der Aufwand ist immens: Aufbau, Hygienekonzept, Eingangskontrollen – mit rund 40.000 Euro aus der Stadtkasse für die beiden Veranstaltungen rechnet Walter. Dieses Geld soll aus dem Budget für die abgesagten Volksfeste genommen werden. "Das ist aufwendig, aber ich meine, dass es in dieser Zeit auch notwendig ist, etwas anzubieten", machte sich Bürgermeister Peter Reichert am Donnerstag in der Gemeinderatssitzung in der Stadthalle für den "Eberbacher Sommer" stark.
Das sah nicht jeder so: Jens Müller (SPD) sah andere Vereine benachteiligt: Wenn die Stadt ein neues Fest veranstalte, sollten alle Vereine gefragt werden, ob sie mitmachen wollen. Schließlich seien neben dem Frühlingsfest auch viele andere Feste ausgefallen. "Bauchschmerzen" habe er auch damit, dass sich die Stadtverwaltung vorbehalten wolle, den zehn Vereinen für den Fall, dass die Veranstaltung floppt, dennoch etwas auszuzahlen: "Nicht, dass ich es denen nicht gönnen würde. In vier bin ich selbst Mitglied. Aber das sieht wie eine zusätzliche Förderung dieser zehn Vereine aus", sagte Müller.
Patrick Joho (CDU) bemängelte, dass im Verwaltungs- und Finanzausschuss die Stadtverwaltung den Auftrag bekommen habe, alle Vereine anzuschreiben: "Das ist nicht erfolgt. Wir wollen nicht als Partybremse agieren, aber es geht um Gerechtigkeit."
Bürgermeister Reichert sah das angesichts von mehr als 120 Vereinen und 50 Gruppen in der Stadt als nicht praktikabel an. "In fünf Wochen muss das laufen", verwies Walter auf die kurze Vorlaufzeit: "Wir haben Druck von der Zeit her."
Klaus Eiermann (SPD) hielt das ganze Vorhaben für "unnötig": Der finanzielle Aufwand für die Stadt stehe in keinem Verhältnis zu dem, was dabei herauskomme. Ordnungsamt und Polizei hätten derzeit ohnehin schon alle Hände voll zu tun, die Einhaltung von Corona-Regeln zu überwachen. "Und wir durchkreuzen die Bemühungen und befördern mit diesem Fest eine bevorstehende zweite Welle!", sagte der pensionierte Krankenhausdirektor.
Der AGL war dagegen eher zum Feiern zumute: "Das Fest ist wichtig für Eberbach, weil vieles ausgefallen ist, es entspricht den Auflagen und wir können nicht 25, 30 Vereine beteiligen", sagte Peter Stumpf. Auch die Freien Wähler äußerten "keine Bedenken".
Auf Müllers Einwand hin sollen nun auch andere Vereine dazu aufgerufen werden sich mit Helfern beteiligen zu können. Unklar blieb, ob die Vereinshelfer auch die Eingangskontrollen vornehmen sollen. Joho, von Beruf Polizeibeamter, machte diesbezüglich rechtliche Bedenken geltend. Rolf Schieck (SPD) hatte auch Bedenken wegen Leuten, die nicht mehr zu den 500 in den Biergarten eingelassen werden und dann eventuell außen vor feierten.
Beim Einlass solle stets jemand von der Stadt dabei sein, berief sich Walter aufs "Hausrecht" und brachte zusätzliche Kosten bei einer anderen Lösung ins Spiel: "Wir können auch für 3000 Euro plus Security einstellen...." Letztlich stimmte der Gemeinderat dem "Eberbacher Sommer" bei Enthaltungen von Klaus Eiermann (SPD) und Patrick Schottmüller (FW) zu.