Martinshöfe-Bewohner Christian Schade, die SPD-Abgeordneten Lothar Binding und Gerhard Kleinböck sowie Anwohner Günther Arnold (v.l.) machten sich vor Ort ein Bild. Foto: Sturm
Von Axel Sturm
Ladenburg. Christian Schade und Günther Arnold sind vor einigen Monaten in das neue Wohnquartier "Martinshöfe" am Stadteingang West eingezogen. Die Neubürger und ihre Familien fühlen sich in Ladenburg wohl. Was Schade und Arnold sowie viele weitere Bewohner des neuen Wohnquartiers aber "gehörig nervt", ist der Lärm, den die vorbeifahrenden Züge verursachen. "Der Lärm schränkt unsere Lebensqualität massiv ein", finden die beiden. Deswegen luden sie den SPD-Bundestagsabgeordneten Lothar Binding zum Ortstermin ein.
Binding ist in seiner Funktion als Sprecher des Finanzausschusses mit den Verantwortlichen der Bahn AG regelmäßig in Kontakt. Weil das Thema Bahn-Lärm auch die Landespolitik beschäftigt, nahm ebenso SPD-Landtagsabgeordneter Gerhard Kleinböck an dem Vororttermin teil. Von der Verwaltung schloss sich Stadtbaumeister André Rehmsmeier an. Er kennt die Problematik im Bereich des Friedhofs bestens. Schon bevor die Martinshöfe gebaut wurden, gab es immer wieder Beschwerden wegen der starken Lärmbelästigung, den die Personen- und Güterzüge auf der Main-Neckar-Trasse verursachen.
Um die 300 Züge rauschen täglich rund um Uhr über die Eisenbrücke oberhalb der Wallstadter Straße. Die Bewohner der dort angrenzenden Wohngebiete mussten viele Jahrzehnte mit dem Ärgernis leben. Vor rund 15 Jahren, als das Einkaufszentrum und das neue Feuerwehrhaus entstanden, wurden Lärmschutzmaßnahmen an den Wohngebieten umgesetzt. Die Lärmschutzwände entlang der Straße "Am Bahndamm" und auf der gegenüberliegende Seite an der Otto-Häußler-Straße sorgten tatsächlich für eine Entlastung. Die Stadtverwaltung regte damals an, die Lärmschutzwände vom Bahnhof bis zur Industriestraße durchgehend bauen zu lassen.
Stadtbaumeister Rehmsmeier erinnert sich, dass dieser Wunsch aber zu teuer war. Die Bahn wollte nämlich sämtliche Kosten der Stadt in Rechnung stellen. Mit der Finanzierung der Schutzwände wäre die Stadt noch einverstanden gewesen – aber die Bahn wollte auch die Kosten für den Schienenersatzverkehr und die Ausfallkosten während der Bauphase an die Stadt verrechnen. "Das wäre extrem teuer geworden", begründete Rehmsmeier, warum eine etwas 300 Meter lange Unterbrechung der Lärmschutzwand vorhanden ist. Damals dachte man noch nicht an die Wohnbebauung in den Martinshöfen, wo in den letzten zwei Jahren rund 150 Wohnungen gebaut wurden. Das bedauern die jetzigen Bewohner. Sie erhoffen sich eine Lösung für das Problem. Besonders lärmintensiv sei der Güterverkehr, berichteten die Anwohner, und weil nachts die Geschwindigkeit deutlich höher sei, steige nachts auch der Lärmpegel deutlich an. Im Sommer auf dem Balkon zu sitzen sei kein wirkliches Vergnügen, sagte Schade. Denn die Gespräche müssten alle paar Minuten unterbrochen wegen eines Zugs werden. "Wenn ein Zug vorbeifährt, versteht man seinen Gesprächspartner nicht mehr", betonte der Bewohner.
Das Problem kennen auch die Trauergäste auf dem benachbarten städtischen Friedhof. Besucher, die vor der Trauerhalle stehen, verstehen trotz Übertragung per Mikrofon nichts von den Trauerreden, wenn ein Zug vorbeifährt. Wenn am Grab das "Vater unser" gesprochen wird, muss der Prediger meist das Gebet unterbrechen, weil die Züge alles übertönen. Diese Situation möchten die Anwohner nicht als gegeben hinnehmen. Sie wollen dafür kämpfen, dass sich ihre Lebensqualität nicht noch weiter verschlechtert. Von den anwesenden Politikern erhoffen sie sich, dass nun Bewegung in die Sache kommt. Die Forderung der Martinshöfe-Bewohner ist klar: Die unterbrochene Lärmschutzwand muss geschlossen werden, denn dies wäre eine erste, spürbare Verbesserung.
Binding konnte die Forderungen der Ladenburger verstehen. Er wunderte sich selbst darüber, dass die Lärmschutzwand damals nicht durchgehend gebaut wurde. "Ich sehe die Bahn hier in der Pflicht", machte Binding klar. Gleichzeitig dämpften der Bundestagsabgeordnete, aber auch Kleinböck die Hoffnungen, dass eine schnelle Lösung erzielt werden kann. Ähnliche Verfahren in den vergangenen Jahren hätten sich oft über Jahre hingezogen. Noch länger dauere es, wenn über neue Bahntrassen entschieden werde. Aber die beiden Politiker haben die Anliegen der Anwohner verstanden und sagten ihre Unterstützung zu.