Von Walter Brand
Hirschberg-Leutershausen. "Gott zu loben, ist unser Amt", sagte einst Pastor Johannes Kuhlo (1856-1941) von der großen Posaunenchorbewegung in Deutschland. Die ersten Posaunenchöre in Deutschland wurden bereits 1730 gegründet. In Leutershausen äußerte 1949 Kirchengemeinderat Nikolaus Kanzler, der zu jener Zeit im Spielmannszug der Leutershausener Feuerwehrkapelle spielte, den Wunsch, eine Bläsergruppe ins Leben zu rufen.
Zahlreiche Gespräche mit Pfarrer und Kirchengemeinderat folgten. "Das Ei habe ich gelegt, nun seht zu, dass die Brut gut durchkommt", sagte Pfarrer Peter Kohler als Posaunenchorgründer (1947) in Hohensachsen, im Beisein von Pfarrer Gerhard Höfer und Nikolaus Kanzler aus Leutershausen während einer Besprechung. Dabei ging es um die Gründung und Finanzierung der Bläsergruppe in Leutershausen.
Ende August 1949 erfolgte zunächst ein Aufruf an die Gemeindemitglieder, Geld für Instrumente zu spenden. Gleichzeitig wurde die Gemeindejugend aufgefordert, sich aktiv in der Bläsergruppe zu engagieren. Die Resonanz war eher zurückhaltend, wie protokolliert wurde.
Der Evangelische Posaunenchor Leutershausen
Kamera: Walter Brand / Produktion: Reinhard Lask
Interesse bekundeten damals nur Karl Grether, Kurt Öhlenschläger und Heinz Schulz, die den Grundstock legten. "Der Anfang war harte Arbeit, das Weiterführen des Chors wird es nicht minder sein", sagte Dirigent Nikolaus Kanzler. Den ersten Einsatz hatte die kleine Bläsergruppe an Silvester 1949. Mit einem Bläserspiel hoch oben auf dem Turm der evangelischen Kirche begrüßte man die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Begeistert strömten die Menschen zur evangelischen Kirche, von deren Turm zum ersten Mal Choräle erklangen. In der Folgezeit kamen weitere Bläser dazu, sodass man an Festtagen wie Ostern, Pfingsten, Erntedank, am Reformationstag, an Weihnachten und im Gottesdienst mitwirken konnte.
Gefragt war der Posaunenchor später auch in anderen Kirchengemeinden, die keinen Posaunenchor hatten, um den Gottesdienst musikalisch zu umrahmen. Über Jahrzehnte hinweg gehörten dem Posaunenchor zwischen 20 und 30 junge Burschen und Männer an, die auch bei Konzerten und Ständchen, auf dem Friedhof oder bei großen Festen und anderen Veranstaltungen ihre Instrumente erklingen ließen.
Heute umfasst das musikalische Spektrum von einem Posaunenchor rund 600 Jahre Musikgeschichte. Von den Spielmusiken der Renaissance bis zum Choral, vom Spiritual bis zum neuen geistlichen Lied, von Volksliedern bis zu modernen Arrangements reicht die Literatur, die auch in Leutershausen umgesetzt wird. Einen wesentlichen Anteil an der musikalischen Entwicklung haben Dirigent Gerhard Hauck, der über 30 Jahre den Posaunenchor leitete, und seine Nachfolgerin Christiane Binz, die vor zehn Jahren den Dirigentenstab übernommen hat.
70 Jahre nach der Gründung des evangelischen Posaunenchors gibt es immer noch sehr viele engagierte Gemeindemitglieder, die einen Großteil ihrer Freizeit im Raum der Kirche aufwenden. Worauf Obmann Jürgen Schmitt besonders stolz sein kann: Die Jahresstatistik zeigt, dass die Bläser manchmal bis zu 100 "Einsätze" im Jahr haben. Neben kirchlichen Aufgaben gestaltet der Posaunenchor auch das öffentliche Gemeindeleben mit. Aus einer kleinen Bläsergruppe ist ein großer und vielseitiger Posaunenchor gewachsen, der sich in den 1970er Jahren auch für weibliche Gemeindemitglieder geöffnet hat.
Der Posaunenchor mit seinen 41 aktiven Mitgliedern und vier Jungbläsern ist ein lebendiger Teil der Gemeinde, der eine hervorragende kirchenmusikalische Arbeit leistet.
"Die Spielfreude der einzelnen Bläser ist mir wichtig"
Die Leiterin des evangelischen Posaunenchors Leutershausen, Christiane Binz, im RNZ-Interview - Bläserunterricht für Erwachsene?
Hirschberg-Leutershausen. (wabra) Nicht nur der evangelische Posaunchor Leutershausen hat dieses Jahr ein Jubiläum, auch dessen Leiterin Christiane Binz, die die Leitung im Februar 2009 übernommen hat. Im RNZ-Interview spricht sie über Schwerpunkte und bevorstehende Auftritt.
Frau Binz, spielen Sie denn selbst ein Instrument?
Christiane Binz. Foto: BrandIch spiele Klavier und hatte vier Jahre Posaunenunterricht bei Walter Pfefferle, unserem damaligen Jungbläserausbilder.
Welche Erfahrungen brachten Sie bei der Übernahme mit?
Ich habe ursprünglich Kirchenmusik studiert mit dem Ziel eines B-Examens, hatte mich jedoch dann für die Ausbildung zur Erzieherin entschieden und daher das Studium vorzeitig beendet mit dem Abschluss eines C-Examens. Es umfasst neben Instrumental- und Theorieunterricht auch Praxis in Dirigier- und Chorleitung.
Wie beurteilen Sie den Posaunenchor?
Der evangelische Posaunenchor ist ein ambitionierter und sehr leistungsstarker Laienchor mit großem gemeinschaftlichem Zusammenhalt. Alt und Jung musizieren ganz selbstverständlich miteinander, und jeder bringt sich sowohl musikalisch als auch mit ganz individuellen anderen Fähigkeiten ein. Es bereitet viel Freude, diesen lebhaften Chor auf seinem Weg zu begleiten.
Wo liegen die Schwerpunkte in der Arbeit mit dem Blasensemble?
Die Schwerpunkte liegen in der Gestaltung von Gottesdienste sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kirchengebäudes. Aber auch die Durchführung von abwechslungsreichen Konzerten mit unterschiedlicher Thematik ist unser Anliegen. Und natürlich liegt einer unserer Schwerpunkte auch darin, die von uns herangezogenen Jungbläser in den großen Chor zu integrieren und sie für die Posaunenarbeit zu begeistern.
Wie könnte man den Posaunenchor noch weiter musikalisch ausbauen?
Neben der schon bisher praktizierten Jungbläserschule könnte ich mir vorstellen, dass man zusätzlich noch für interessierte Erwachsene Bläserunterricht anbietet. Entweder gleichermaßen nach dem Modell der Jungbläserschule, das heißt, Einzelunterricht von einem ausgebildeten Fachlehrer und Ensemblespiel in Kleingruppen oder durch engagierte eigene Bläser. Denn ein Problem ist leider, wenn die Jungbläser ihren Schulabschluss haben, dass uns dann viele wieder abhandenkommen, da sie eine Ausbildung oder ein Studium an anderen Orten beginnen und ein Weiterspielen im Chor dann oft nicht mehr möglich ist.
Welche Konzerte stehen an?
Die Waldweihnacht am vierten Advent, das Spiel am Rathaus zusammen mit dem Glockenspiel und das Kurrendeblasen an Heiligabend. Im nächsten Jahr planen wir dann wieder ein Konzert.
Was ist Ihnen in der Zukunft wichtig?
In der Zukunft wie in der Vergangenheit ist mir die Musizier- und Spielfreude der einzelnen Bläser und der soziale Zusammenhalt wichtig. Nur so kann der Fortbestand dieses lebhaften und leistungsstarken Chores gewährleistet bleiben.
Info: Wer einmal ein Blechblasinstrument in die Hand nehmen will, ist zum Probenbesuch im Hans-von-der-Au-Heim donnerstags ab 20 Uhr eingeladen. Kontakt: posaunenchorleutershausen@gmx.de, Obmann Jürgen Schmitt, Tel. 0 62 01/50 89 98.