So soll das evangelische Gemeindehaus einmal aussehen. Visualisierung: Architekturbüro VON M GmbH.
Von Katharina Schröder
Hirschberg. Die Mitglieder des Ausschusses für Technik und Umwelt (ATU) haben dem Bauantrag für den Neubau des evangelischen Gemeindehauses zugestimmt – allerdings nicht einstimmig und nach langer Debatte. In der Sitzung am Mittwoch in der Alten Turnhalle trafen unterschiedliche Rechtsauffassungen aufeinander. Thomas Scholz (SPD) erklärte sich eingangs als direkter Anwohner für befangen und nahm im Publikum Platz.
Der Bauantrag für das rund 400 Quadratmeter große evangelische Gemeindehaus, das gegenüber dem Rathaus gebaut wird, sah Befreiungen von der Gestaltungssatzung vor. Demnach wird unter anderem die Traufhöhe des Gebäudes rund 90 Zentimeter niedriger, als es laut Satzung der Fall sein müsste. Auch die Dachneigung beträgt nur 27 Grad und nicht mindestens 44 Grad wie vorgeschrieben. Beantragt wurde außerdem eine Befreiung für einen großzügigen, traufseitigen Dachüberstand von 4,20 Metern. Laut Verwaltung sei dabei keine Befreiung erforderlich, da die Satzung nur den giebelseitigen Dachüberstand reguliert. Die Verwaltung schlug vor, den Befreiungen zuzustimmen. Das sei möglich, wenn Gebäude einer "rein öffentlichen Nutzung" dienen. Eine qualitätssichernde Maßnahme sei der Architektenwettbewerb 2018 gewesen.
Genau hier setzte Monika Maul-Vogt (GLH) an. Sie vertrat eine andere Rechtsauffassung. Ein kirchliches Gemeindehaus sei keine öffentliche Einrichtung, und nicht alle öffentlich-rechtlichen Träger hätten eine rein öffentliche Nutzung. "Eine solche liegt nach der Definition des Vorhabens ,Gemeindehaus mit Pfarrbüro’ sowie auch der ,Durchführung von Privatveranstaltungen’ definitiv nicht vor", sagte sie. Eine Befreiung von der Gestaltungssatzung liege mit der Argumentation der "rein öffentlichen Nutzung" nicht vor.
Damit bliebe laut Maul-Vogt nur die Ausnahmeregelung, dass sich das Gebäude harmonisch in die Umgebung einfüge. Doch das sei gerade nicht der Fall, sagt Maul-Vogt. "Mit einer Befreiung zum jetzigen Zeitpunkt schaffen wir damit gleich bei einem der ersten Bauvorhaben im Satzungsbereich einen Präzedenzfall, der die Satzung praktisch ausgehebelt", befürchtete sie. Laut Verwaltungsvorlage haben zwei Kreisbaumeister das Einfügen in die Umgebung bestätigt.
Außerdem seien die Stellplätze ein Problem, sagte Maul-Vogt. Laut Verwaltung sind bei Versammlungsstätten Erleichterungen bei der Anzahl der Stellplätze möglich. Insgesamt sollen 31 Stellplätze nachgewiesen werden. Geplant ist eine Doppelbelegung von 22 Stellplätzen vor dem Rathaus. Da Veranstaltungen im Gemeindehaus in der Regel außerhalb der Rathausöffnungszeiten stattfinden, sei die Doppelbelegung möglich, sagt Bauamtsleiter Rolf Pflästerer. Letztendlich entscheide aber das Baurechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises.
Maul-Vogt kritisierte die Argumentation, dass die Erleichterung bei der Anzahl der Stellplätze über die Landesbauverordnung für Versammlungsstätten erreicht werden soll. Diese sei erst ab 200 Besuchern anwendbar. "Und damit dürften die 31 Stellplätze bei Doppelbelegung von 22 Stellplätzen nicht ausreichen", sagte Maul-Vogt. Und sie merkte an: "Wenn die Verordnung tatsächlich greift, hat das noch andere Konsequenzen für die Kirchengemeinde – dann greifen auch die weiteren Auflagen." Das betreffe unter anderem den Brandschutz und die Infrastruktur des Gebäudes, also zum Beispiel WCs.
Hier hatte auch das beratende Mitglied Eva-Marie Pfefferle Bedenken: "Mir ist aufgefallen, dass das Haus zu wenig WCs hat. Je ein Damen-, Herren und Behinderten-WC, das wird nie vom Landratsamt genehmigt." Wenn sie dürfte, würde sie dem Antrag zustimmen, aber es müsse geprüft werden, ob die Stellplätze wirklich ausreichen.
Maul-Vogt bat darum, die offenen Fragen bezüglich der Stellplätze und der Verordnung zu klären. Außerdem stellte sie den Antrag, "aufgrund der eklatanten Abweichung des Vorhabens von der Gestaltungssatzung und des Umstands, dass kein Gebäude mit rein öffentlicher Nutzung" vorliege, den Gestaltungsrat für das Projekt einzuberufen. Das lehnte der ATU ab.
Nach ihren Ausführungen hätte man eine Stecknadel in der Alten Turnhalle fallen hören. Als erster fand Oliver Reisig (FDP) seine Sprache wieder. "Das Baurechtsamt sollte sich wohl überlegen, seine Kompetenz an die GLH abzugeben", bemerkte er. Außerdem sei es fraglich, wie man die Gestaltungssatzung, die erst ein Jahr nach Planungsbeginn für das Gemeindehaus in Kraft trat, berücksichtigen könne. "Und wenn das Baurechtsamt sagt, das Gebäude fügt sich ein, ist das ein Fakt, den ich hinnehme."
Karlheinz Treiber (GLH) befand die Dachneigung für gut. Aber er fragte, was daran denn verwerflich sei, den Gestaltungsbeirat einzuberufen und die Stellplatzsituation zu prüfen. "Niemand hat gesagt, dass wir das Gebäude hier nicht wollen", sagte er. Auch Maul-Vogt betonte: "Nur für sich betrachtet ist der Entwurf selbst durchaus gelungen. Die Problematik entsteht mit dem Ort, an dem dieses Gebäude in dieser Architektur realisiert werden soll."
Gänshirt verwies darauf, dass die Stellplatzfrage mit dem Baurechtsamt "ausführlich besprochen" sei. Man müsse fragen, welches Ergebnis am Ende stehen soll. "Soll der Gemeinderat einen Vorschlag machen, und die Kirche ändert dann alles, obwohl es abgeklärt ist?", fragte er. "Wenn das geschieht, ist das Projekt gestorben." Ihm sei klar, dass es sich beim Neubau des Gemeindehauses um kein gewöhnliches Verfahren handelt. Werner Volk (FW) stimmte dem Antrag "in Gänze zu". Thomas Götz (CDU) lobte: "Es ist ein weiterer Meilenstein, dass die evangelische Gemeinde bald wieder ein Zuhause hat."