Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Muss Edingen-Neckarhausen einem gemeinsamen Gutachterausschuss mit den Nachbargemeinden mit Sitz in Weinheim beitreten oder könnte sich die Kommune auch verweigern? Während die Gemeinderäte in Heddesheim und Ilvesheim dieses Thema in wenigen Minuten verhandelt hatten und dem Beitritt zustimmten, war die Angelegenheit für die Fraktionen in der Doppelgemeinde weitaus kniffliger.
Zum Hintergrund: Die gesetzlichen Aufgaben der Gutachterausschüsse sind bundesweit im Baugesetzbuch geregelt. Die in den Kommunen angesiedelten Gutachterausschüsse erstellen Verkehrswertgutachten und ermitteln Bodenrichtwerte. Diese gesetzlich geforderten Daten werden ans Land weitergeleitet, um in einer Kaufpreissammlung gespeichert und ausgewertet zu werden.
Eine "verlässliche Ableitung" ist angeblich erst ab 1000 Kauffällen pro Jahr möglich; Edingen-Neckarhausen kam in den letzten fünf Jahren durchschnittlich nur auf 129. Eine 2012 vom Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg erhobene Umfrage zeigte, dass offenbar nur 3,5 Prozent der 900 Gutachterausschüsse im Land (bundesweit sind es 1200) die für eine Wertermittlung erforderlichen Daten gesetzeskonform erheben. Deshalb novellierte das Land die Gutachterausschussverordnung. Sie trat 2017 in Kraft. Unter anderem sieht sie vor, dass Gemeinden künftig gemeinsam Daten erheben können, um auf die erforderliche Zahl von 1000 Kauffällen zu kommen.
Bereits 2015 sprachen sich die Kommunen im nördlichen Rhein-Neckar-Kreis für einen gemeinsamen Ausschuss aus. 2020 wird das Jahr der technischen Vorbereitung sein, ab Januar 2021 soll der Gutachterausschuss "Nördlicher Rhein-Neckar-Kreis" mit einer Geschäftsstelle in Weinheim seine Arbeit aufnehmen.
Für Edingen-Neckarhausen würde das konkret bedeuten: Es reduziert seine Zahl eigener Gutachter von elf auf fünf und bezahlt, gerechnet nach Einwohnerschlüssel, 2020 insgesamt 18.000 Euro, ab 2021 dann jährlich 34.000 Euro an die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses. Diese sei, so kritisierten die Fraktionen, mit 55.100 Euro für Auswerter bis hin zu 91.700 Euro jährlich für den Geschäftsstellenleiter, "üppigst dotiert".
Bislang liegt Edingen-Neckarhausen bei anfallenden Gutachterkosten und erhobenen Gebühren gleichauf bei rund 6000 bis 9000 Euro; nicht eingerechnet sind dabei Personalkosten und sächliche Mittel. Diese hätte der Gemeinderat aber gerne aufgeschlüsselt gesehen. In großer Mehrheit erklärten Vertreter aller Fraktionen, 34.000 Euro jährlich seien zu viel, der Mehrwert ungewiss.
Und: Wenn die Gemeinden ihre Fallzahlen alle in einen Topf geben würden, verwässere das die ermittelten Daten, bringe also wenig. "Aber der Durchschnittswert wird erreicht", erklärte Rathausmitarbeiter Claus Göhrig. Er sagte, ohne Beitritt müsse sich die Gemeinde eine eigene Software anschaffen, erziele damit aber immer noch nicht die geforderten Fallzahlen. Während er und Bürgermeister Simon Michler keine gesetzeskonforme Alternative zum Beitritt sahen, stand die Ablehnung im Raum.
Michler verwies auf die Kompetenz des Heddesheimer Kollegen Michael Kessler, zugleich Vizepräsident des Gemeindetags. Kessler habe immer ein waches Auge auf die Finanzen seiner Gemeinde und dem Beitritt zugestimmt. Der Bürgermeister fürchtete ein "schlechtes Bild nach außen" und die Absage an die Kollegen im Kreis.
Nach den Stellungnahmen und vor der Abstimmung mit drohender Niederlage erzielte Michler einen Kompromiss. Das Thema kommt am 11. Dezember erneut auf den Tisch. Bis dahin soll geklärt werden, ob die neue Gutachterausschussverordnung rechtlich bindend für Edingen-Neckarhausen ist und wie sich künftige Kosten im Vergleich zum Istzustand darstellen. Und ob bei einer Verweigerung ein Bußgeld drohen könnte.
Einige Bedenken zur Verpachtung der Kompostanlage
Ausgesprochen lebendig und lang diskutierte der Gemeinderat ausnahmsweise am Dienstagabend die einzelnen Punkte einer Tagesordnung, die im Prinzip nicht überbordend erschien. Eine gute halbe Stunde beriet der Gemeinderat einen Antrag der Unabhängigen Bürgerliste (UBL-FDP/FWV) auf Verpachtung der gemeindeeigenen Kompostanlage im Gewann "Die Milben". Die Fraktion hatte ihn im April dieses Jahres mit dem Ziel gestellt, Bürgern eine kostenlose Abgabe ihres Grünschnitts zu ermöglichen. Derzeit kostet die zweiwöchentliche Abgabe beim Bauhof noch fünf Euro pro Kubikmeter.
In der Zwischenzeit forderte die Verwaltung Konzepte von drei Interessenten ein. Alle drei erfüllen die gewünschte kostenlose Anlieferung, doch sei das Angebot der Firma AMT in Schwetzingen für die Gemeinde wirtschaftlich am interessantesten. Neben der Garantie, dass die Bürger 1,5 Kubikmeter Grünschnitt zu den bisherigen Öffnungszeiten kostenfrei abgeben können, sagt AMT zu, von rund 1200 Kubikmetern Erde auf der Anlage rund 600 Kubikmeter kostenneutral für die Kommune in der Zeit der zehnjährigen Anpachtung abzufahren und zu entsorgen.
Für Markus Schläfer (CDU) ein Knackpunkt. "Wie sicher ist es, dass wir das Material abtransportieren müssen?", fragte er. Ob es nicht wirtschaftlicher sei, wenn die Gemeinde dieses Material für eigene Projekte weiterverwenden würde? Wenn man es brauche, aber nicht mehr habe, müsse man zukaufen. Bauamtsleiter Dominik Eberle erklärte, dass diese 1200 Kubikmeter Erde seit mehr als 35 Jahren in der Anlage seien.
"Das ist alles total wie Fels festgebacken, muss ausgebaut, gebrochen, gesiebt und beprobt werden", sagte Eberle. Man könne nicht sicher sagen, was da liege. "Einen Goldschatz werden wir dort sicher nicht finden." Auf Anfrage von Bernd Grabinger (CDU), der gerne örtlichen Betrieben den Vorrang gegeben hätte, sagte Eberle, die Bietergleichheit sei gewährleistet gewesen, man habe allen Interessenten dieselben Fragen gestellt. Das unterstrich auch Bürgermeister Simon Michler.
Andreas Daners (SPD) betonte, die Anlage dürfe am Ende der Pacht nicht schlechter aussehen als zuvor. Man werde zu Beginn eine Zustandsfeststellung tätigen und regelmäßig kontrollieren, versprach Eberle. Zudem erfolge eine Kontrolle nach fünf Jahren, wie viel Erdaushub bereits abgefahren sei.
"Es ist wichtig, dass dort aufgeräumt wird", meinte Helmut Koch (UBL). "Wir haben die Bedenken gehört und müssen auch die Vorteile sehen. Einer davon ist, dass die Bürger kostenlos und unbegrenzt Grünschnitt abgeben können. Das ist auch eine Entlastung des Bauhofs", betonte sein Fraktionskollege Dietrich Herold. "Es ist gut für die Bürger, wenn sie weiter schöne Gärten halten und sie nicht zuschottern", stimmte Thomas Hoffmann (Offene Grüne Liste) zu. Am Ende fiel der Beschluss zur Verpachtung einstimmig.