Gott sollte sich wie ein roter Faden durch das Leben des Menschen ziehen, verkündet Pfarrer Bernd Kreissig von der Kanzel. Foto: Katzenberger-Ruf
Von Karin Katzenberger-Ruf
Edingen-Neckarhausen. Vor seiner Ordination am gestrigen Sonntag fühlt sich Bernd Kreissig ein bisschen wie an Weihnachten - oder besser gesagt wie einst als kleiner Junge vor der Bescherung an Heiligabend. Er ist, so sagt er es, in gespannter Erwartung und voller Vorfreude auf das, was gleich geschehen wird. Seine Predigt hat er schon am vergangenen Wochenende geschrieben, Hast ist nicht seine Sache.
Von der Kanzel wird er verkünden, dass sich Gott wie ein roter Faden durch das Leben des Menschen ziehen sollte. Er wird am Beispiel der Hure Rahab aufzeigen, dass Fehlverhalten für den himmlischen Vater sozusagen kein Trennungsgrund ist. Rahab spielt in der biblischen Geschichte, in der Josua die Lage in Jericho auskundschaften lässt, eine entscheidende Rolle.
Wegen der Frauen kam er zur Evangelischen Kirche
Überhaupt sind Pfarrer Kreissig die Frauen in der Bibel wichtig. "Von ihnen können wir viel lernen." Bernd Kreissig, 1965 in Saarbrücken geboren, ist ein "Spätberufener" und war zuvor in der IT-Branche tätig. Seine religiösen Wurzeln liegen in der evangelisch-lutherischen Freikirche. Diese lässt die Ordination von Frauen nicht zu, was Kreissig letztendlich zu konservativ war. Also wandte er sich der Evangelischen Landeskirche zu.
Schon eine halbe Stunde vor Beginn des Ordinationsgottesdienstes sind zahlreiche Gläubige in die Kirche in Edingen geströmt. Die Empore ist fast vollständig für Kirchenchor, Posaunenchor und Flötenkreis reserviert. Dekanin Monika Lehmann-Etzelmüller kann also vor vollem Haus über Kreissig sagen: "Wir freuen uns mit ihm." Sein Lehrvikariat hat der Pfarrer in Weinheim absolviert, was Prälat Professor Traugott Schächtele zu der scherzhaften Bemerkung veranlasst: "Sie haben es nicht weit gebracht - im geografischen Sinne."
Seinen Worten nach ist Kreissig das beste Beispiel, wie ein Beruf zur Berufung werden kann. "Wem sich Gott in den Weg stellt, der macht eine 180-Grad-Wendung", so seine Überzeugung. Die Begegnung sei ein Neubeginn, eine Horizonterweiterung. Dabei zeichnet Schächtele ein freundliches Gesicht der Kirche, geprägt von Menschenfreundlichkeit, nicht von Machtstreben. Bezüglich der Verkündigung des Evangeliums hält er es mit Apostel Matthäus: "Wer unter euch groß sein will, sei ein Diener." Andererseits gilt das Versprechen der Landeskirche: "Lieber Bruder Bernd, wir werden dir in deinem Dienst beistehen."
Es folgt die Bitte, der Pfarrer möge Freude an seiner Arbeit haben, sich aber selbst nicht überfordern. "Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht": Diesen Satz aus einem Brief des Apostels Paulus an die Philipper hat sich Kreissig als Leitmotiv für seine Ordination ausgesucht. Feierliches Glockenläuten erklingt, als er die Frage nach seiner Amtsausführung mit einem "Ja, mit Gottes Hilfe" beantwortet.
Der Applaus sagt mehr als tausend Worte
Dann wendet sich der Prälat an die Gemeinde mit der Aufforderung, den Pfarrer in seinem Amt zu respektieren. Schließlich dürfen die Anwesenden ihre Zustimmung mit einem Beifall bekunden. Der ist anhaltend, was wiederum mehr sagt als tausend Worte. Als "Ordinationsassistierende" hat sich Kreissig zwei Menschen ausgesucht, die ihm besonders nahe stehen: Professor Irene Pieper und Karl-Heinz Richstein. Sie geben ihm ihre guten Wünsche mit auf den Weg. "Die heilige Schrift sei Quelle deines Auftrags", sagt Pieper.
"Du sollst dankbar leben, getröstet sterben und keinen verloren geben, aber auch selbst Seelsorge in Anspruch nehmen", lautet die Botschaft von Richstein. Oder, wie es im Abschlusslied des Festgottesdiensts heißt: "Lob Gott getrost mit Singen, frohlock, du christlich Schar! Dir soll es nicht misslingen, Gott hilft dir immerdar. Obgleich du hier musst tragen viel Widerwärtigkeit, sollst du doch nicht verzagen, er hilft aus allem Leid."