Von "Bereicherung" bis "kritisch"
Die RNZ hat mit Einzelhändlern und BDS-Verbänden über die Sterzwinkel-Vorhaben gesprochen

Ein Blick in die Großsachsener Breitgasse. Werden sich hier die Geschäfte langfristig halten können? Foto: Dorn
Von Annette Steininger
Hirschberg. Die Bauvorhaben im "Sterzwinkel" sorgen für mächtig Wirbel in Hirschberg. Der Edeka-Markt von Volker Zeilfelder soll von 800 auf 1200 Quadratmeter Verkaufsfläche erweitert werden - und ein Drogeriemarkt würde sich gerne ansiedeln. Während es die einen begrüßen, fürchten die anderen um Umsatzeinbußen für die hiesigen Einzelhändler.
Auch das "Bürgerforum für Ortsgestaltung und Ortserhaltung" macht auf die Situation aufmerksam und sorgt sich, dass Geschäfte in den Ortskernen schließen müssten. Als Reaktion auf den Artikel in der Samstagsausgabe in der RNZ schrieb Olaf Sebastian auf Facebook: "Welche Geschäfte sollen das denn sein, auf die es sich negativ auswirken wird? Es gibt in Großsachsen schlicht und ergreifend keine mehr mit diesem Angebot."
Nun hat die RNZ bei einigen Einzelhändlern und bei den beiden Bündnissen der Selbstständigen nachgefragt, wie sie die Auswirkungen einschätzen.
Hintergrund
Ein Kommentar von Annette Steininger
Groß war der Aufschrei, als "Schlecker" seinen Drogeriemarkt in Großsachsen schloss. Groß ist nun der Aufschrei einiger in Hirschberg, da sich ein neuer Drogeriemarkt ansiedeln will. Doch warum? Wer aktuell
Ein Kommentar von Annette Steininger
Groß war der Aufschrei, als "Schlecker" seinen Drogeriemarkt in Großsachsen schloss. Groß ist nun der Aufschrei einiger in Hirschberg, da sich ein neuer Drogeriemarkt ansiedeln will. Doch warum? Wer aktuell Drogerieartikel braucht, fährt ins Umland und lässt dort sein Geld. Das wird sich künftig ändern. Kaufkraft wird in Hirschberg gehalten, womöglich sogar neue Kunden aus anderen Gemeinden dazugewonnen. Sicher ist die Lage des "Sterzwinkel" nicht ideal, um mehr Menschen ins Ortsinnere zu locken, doch da sind die Einzelhändler selbst gefragt, um auf sich aufmerksam zu machen. Mit Werbung, mit Hilfe der Bündnisse der Selbstständigen oder auch mit der geplanten Initiative "pro Nahversorgung Hirschberg".
Ein Drogeriemarkt wird vor allem eine Ergänzung zu den bisherigen Geschäften darstellen. Dass es stellenweise doch zu Überschneidungen kommen kann, mag sein. Doch letztlich haben viele Einzelhändler in Hirschberg mit ihrem Angebot noch Alleinstellungsmerkmale und sich spezialisiert, seien es der Hofladen des Landwirts, der Bäcker, der Metzger oder auch das Deko-Geschäft.
Mit diesem Pfund können sie wuchern, auch bei einer Erweiterung des Edeka-Markts. Letztlich geht es hier auch nicht um einen großen Neubau, sondern um die Umwidmung einer schon vorhandenen Lager- in Verkaufsfläche. Das Einzelhandelsgutachten ist hier sicher kritisch zu sehen, geht es doch von einem kompletten Neubau und nicht von einer Erweiterung aus. Bleibt es dabei, dass Volker Zeilfelder seine Ware im Edeka-Markt nur etwas luftiger präsentieren will, das eine oder andere Getränk mehr aufnimmt und um ein paar Bio-Artikel erweitert, sollte den Einzelhändlern nicht bange sein. Ein Supermarkt und ein Drogeriemarkt am Ort sind für alle ein Gewinn.
Bund der Selbstständigen Großsachsen (Vorsitzende Birgit Grassl): "Das ist eine Bereicherung für den Ort. Seit der ’Schlecker’ hier zugemacht hat, gab es keinen Drogeriemarkt mehr. Und zu erweitern, steht doch jedem frei. Es wäre kontraproduktiv, dies jemandem zu verbauen. Ich glaube nicht, dass es dem Einzelhandel im Ort dadurch schlechter gehen wird. Die Welle, die hier gerade überschwappt, halte ich für überzogen. Der Drogeriemarkt wird eine gute Ergänzung für den Ort sein."
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Bund der Selbstständigen Leutershausen (Vorsitzender Andreas Well): "Ich sehe die Vorhaben nicht kritisch. Der ’Sterzwinkel’ gehört ja zum Ort dazu. Was dort passiert, hält ja die Kaufkraft in Hirschberg. Künftig werden die Menschen dann eben nicht mehr nach Dossenheim oder Weinheim zum Drogeriemarkt fahren, sondern hier bleiben. Und das ist die wichtige Botschaft. Anbieter ähnlicher Sachen können sich mit ihren Sortimenten auch ergänzen. Diese Erfahrung habe ich selbst schon gemacht. Volker Zeilfelder hat mit seiner geplanten Erweiterung das einzig Richtige gemacht, um sich gegen die Konkurrenz in den Nachbargemeinden zu behaupten. Denn dort ist die Konkurrenz und nicht in der Gemeinde."
Fäßlers Ecklädchen, Großsachsen (Manfred Fäßler): "Ich habe das nebenher mitbekommen. Wir sind null informiert worden. Und ja, ich fühle mich bedroht. Wenn der Edeka-Markt nun noch Schreibwaren ins Sortiment aufnimmt und sein Zeitschriften-Angebot erweitert, kann ich irgendwann dicht machen. Vielleicht kommt es ja auch nicht so. Ich warte jetzt erst mal ab. Den Drogerie-Markt sehe ich nicht kritisch."
Getränkefachhandel "alldrink", Großsachsen (Verantwortlicher für die Filiale in Großsachsen, will nicht namentlich genannt werden): "Ich persönlich habe davon nicht allzu viel mitbekommen. Ich wohne auch nicht hier. Eine Kundin hat mich darauf angesprochen. Ich denke schon, dass die Edeka-Erweiterung sich auf den Umsatz auswirken könnte und habe die Information daher an die Zentrale weitergegeben."
Obsthof Bitzel, Großsachsen (Karl-Jürgen Bitzel): "Nein, ich fürchte für uns keine Auswirkungen. Edeka ist ein Vollsortimenter und kein Spezialitätengeschäft. Man ergänzt sich ja auch. Wenn Edeka die Kaufkraft in Hirschberg hält, dann profitieren ja letztlich alle davon. Dass die Gemeinde nun einen Drogeriemarkt bekommen soll, finde ich toll."
Getränke Ost, Leutershausen (Max Ost): "Wir fürchten keine Umsatzrückgänge. Wir haben genug zu tun. Wir bieten ja auch beispielsweise Bier-Spezialitäten an, die es bei Edeka nicht gibt."
Edeka Kuzu, Leutershausen (Tarik Kuzu): "Ich sehe das Ganze kritisch. Für uns werden keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr bleiben. Mein Mietvertrag läuft noch neun Jahre, dann wird man sich zusammensetzen. Ein Vollsortimenter plus ein Drogeriemarkt in knapp 800 Metern Entfernung - das wird sich auswirken. Es gibt so viele Schnittmengen gerade beim Drogeriemarkt wie beispielsweise bei der Tiernahrung. Auch die Apotheken werden die Auswirkungen spüren bei den rezeptfreien Medikamenten. Ich sehe das nicht positiv und finde, es ist politisch zu kurz gedacht."