TV-Reportage "Gegen das Vergessen"
Drei Menschen über 80 in Berlin, die mit dem Vergessen zu kämpfen haben: Ein ZDF-Film begleitet sie beim Theaterspielen. Es geht nicht um das Einstudieren von Texten, sondern um verborgene Talente.

Von Klaus Braeuer
Berlin. (dpa) Viele Menschen in Deutschland gelten als dement - wobei die Formen der Krankheit unterschiedlich sind. Dabei ist es sogar möglich, mit Demenz auf der Bühne stehen zu können. Das zeigt die Reportage "Gegen das Vergessen" aus der Reihe "37 Grad". Sie ist an diesem Dienstag um 22.15 Uhr im ZDF zu sehen.
Der demenzkranke Ekkehard Walkenhorst hat die 80 überschritten und lebt - wie seine beiden Mitbewohnerinnen ähnlichen Alters - im Berliner Pflegewohnheim "Am Kreuzberg". Sein Sohn hat ihn dort hingebracht. Ihr Verhältnis war über viele Jahre hinweg ziemlich abgekühlt, doch nun haben sich beide wieder angenähert.
Die Reportage zeigt Ekkehard bei der Generalprobe eines neuen Bühnenstückes. Dabei stürmt bei er allerdings hinaus, weil er meint, dass mit dem Tod nicht zu spielen ist. Die Theatergruppe "Papillons" trifft sich einmal wöchentlich, und einmal pro Jahr spielen sie vor Publikum.
Wenn der Einsatz kommt: Kinder stupsen die Älteren an
Beate ist zum ersten Mal bei einer Aufführung mit dabei. Ganz besonders freut sich Beate über die Kinder, die dabei sind und die Älteren an ihren Einsatz erinnern: mit Berührungen, Requisiten, oder Zuflüstern. Das ist gerade für sie ein ganz besonderes und prägendes Erlebnis. Der kleine Maris hat selbst eine Großmutter, die an Demenz leidet, und mit seiner Mutter besucht er das Grab einer Mitspielerin der Theatergruppe, die gestorben ist.
Elvira Werthmüller ist 87 und jodelt für ihr Leben gern. Das kann sie noch immer, auch wenn die gelernte Schneiderin das meiste aus ihrer Vergangenheit mittlerweile vergessen hat. Mit ihrer Tochter betrachtet sie alte Fotos; sie war gern Wandern, bevor sie vor elf Jahren die Diagnose Alzheimer bekam.
Auch sie ist beim Theaterspiel dabei, das von Regisseurin Christine Vogt sehr einfühlsam inszeniert wird. Sie ist voll des Lobes über ihre Schauspieler, die in ihrem Stück "Totenwache" meist gut aufgelegt sind. Das Werk handelt zwar vom Verdrängen dieses Themas, feiert aber doch das Leben an einer großen Tafel. Texte werden dafür nicht auswendig gelernt, wohl aber persönliche Gespräche mit den Akteuren aufgezeichnet, um sie nötigenfalls bei der Aufführung einspielen zu können.
Die Autoren der Reportage, Janina Heckmann und Thomas Rosenberg, zeigen, dass es auf kreative Art und Weise durchaus möglich ist, gegen das Vergessen zu arbeiten. Alle drei Protagonisten im Film entdecken neue Möglichkeiten und verborgene Talente, von denen sie keine Ahnung hatten. Das allmähliche Verschwinden lässt sich dadurch noch eine ganze Weile hinauszögern, denn durch dieses einzigartige Theaterprojekt blühen sie förmlich auf und nehmen - noch dazu mit großer Würde - wieder vermehrt am Leben teil.