Schlossfestspiele Heidelberg

Und die Botschaft lautete "Love, love, nothing but love"

Amüsante Kurzweil mit "Shakespeare in music" - Von Renaissance bis Rock

11.06.2018 UPDATE: 12.06.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

Julia Lindhorst-Apfelthaler und Katharina Uhland (v.l.). Foto: Sebastian Bühler

Von Simon Scherer

Heidelberg. Schonend geht das Wetter dieses Jahr nicht mit Shakespeare um. In der zweiten Ausgabe des musikalischen Schauspielabends hat das Gewitter sogar pünktlich den Beginn dieser Neuproduktion der Heidelberger Schlossfestspiele abgewartet. Doch die Besucher blieben tapfer, warteten, und irgendwann beschränkte es sich auf ein paar Regentropfen.

Das Tor zum Dicken Turm wurde geöffnet, der bereits optisch in Shakespeares Zeit hineinversetzte; erinnerte er mit der von Zuschauerrängen eingerahmten Bühne (Peer Rudolph) doch an ein Globe-Theatre nach Londoner Vorbild. Passend hierzu gewählt waren ebenso die Kostüme (Sarah Sauerborn).

"Shakespeare in music" lautete die Überschrift, für die Günther Lehr zahlreiche Sonette und Texte diverserer Schauspiele vertont und arrangiert hat. Musikalisch reichte das von der Renaissance bis zu Rock- und Popballaden, wo ständige Sprünge für unterhaltsame Abwechslung sorgten.

Vom Keyboard aus leitete Lehr die Band mit Nina Hacker am Bass und Schlagzeuger Günther Bozem, die mit enormer stilistischer Bandbreite überzeugten und auf jede Kleinigkeit im Bühnengeschehen zu reagieren wussten. Auch im Schauspiel-Sextett war mit Gert Hohmann ein Musiker mit an Bord, dessen gern übermütig werdender Countertenor die damalige Epoche noch intensiver nachempfinden ließ.

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Nicht nur die tönende Kunst stand im Vordergrund dieses Abends. Regisseur Henning Bock richtete den Fokus gezielt auf die Schönheit der Sprache. So wurde einerseits sehr wortbetont gesungen, oft auf Deutsch, was noch direkter an wundervollen Formulierungen teilhaben ließ. Außerdem wurde zwischendurch rezitiert. Emotional kompromisslos durchdrungen und dennoch gewählt im Ausdruck, haben die Darsteller hierbei mit so manchem Vers verzaubert.

Da konnte es durchaus ernst werden, etwa als Julia Lindhorst-Apfelthaler einsam auf der Bühne mit einem Messer bewaffnet vom Tod sprach, dem Kampf mit den Vorfahren im Sarg. Oder an anderer Stelle im Kerker über die Zeit philosophiert wurde, dem Verfall von Schönheit, da nichts dem Sensenblatt der Zeit entfliehen kann.

Ähnlich sang Martin Wißner als Altrocker im vergilbten Ledermantel und wallender Lockenmähne vom Menschenschicksal auf Erden, das nichts anderes als Staub ist. Das damalige Gedankengut kam besonders auch durch die reichlich verwendete Originalsprache so eindrücklich zur Geltung.

Flotte Einwürfe in umgangssprachlicher Manier wurden stets dosiert eingesetzt und ergaben zusammen ein stimmiges Ganzes wie beispielsweise in der Hirtenidylle (inklusive Schafsgemecker). Das Geschehen bewegte sich nämlich keinesfalls nur in vergangenen Zeiten.

Nicht nur im Gesang wurde gern aus alten Traditionen ausgeschert, auch im Verhalten der Akteure (Dramaturgie: Lene Grösch) hat man damalige Rollenmuster weit hinter sich gelassen. So trat Katharina Uhland im betont lasziven, schrillen Outfit überaus taff den Männern gegenüber, die vom Frauen-Duo nicht selten verspottet wurden. Schon zu Beginn hat Draufgänger Friedrich Witte wie ein Revoluzzer die Vorhänge heruntergerissen.

Genauso schnell wurde es aber wieder intim und beschaulich, was eine der großen Maximen dieses Konzepts war: der permanente Wechsel. Alles befand sich unablässig im Wandel. Das deutete schon die anfangs auf der Bühne platzierte Verkleidungskiste mit Masken an.

Ähnlich der auf der Bühne für Bar-Feeling sorgende Kontrabass, um den lustvoll getanzt wurde, die gesellige Männerrunde mit zischenden Bierflaschen nebst der anschließenden Selbstmord-szene, der schlagartig ein himmelblau über die Bühne wehendes Tuch mit Schmetterling folgte, auf dem sich das Liebespaar vergnügte.

Ein Anklang an das Paradies? Nicht nur die anschließende Schreibwerkstatt wies auf die Bedeutung der Kunst hin, welch Hilfe sie für Verliebte ist, da nur wer Schönheit nutzt, hoch verliebt bleibt. So bunt wie die Sprache war auch das Bühnengeschehen.

Nur selten stand die Drehbühne still. Es wurde getanzt, gelacht, geschäkert, selbst wenn sich gegenüber Hohmann die Pistole ansetzte und mit einem Totenschädel gespielt wurde. I-Tüpfelchen war natürlich die Traumkulisse, wenn Wißner auf der Mauer vor nächtlicher Altstadt die E-Gitarre zückte.

Ein grelles Fest, das sich nicht mal an seinem Ende die Laune verderben ließ, wenn alle nach dem Schlaf im Tod schrien. Schließlich lautete die Schlussbotschaft: Love, love, nothing but love.

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