Michael Patrick Kelly als singender Friedenskämpfer
Mit "Traces" erscheint Kelly sechstes Album. Darauf singt neben Opernstar Jonas Kaufmann erstmals wieder die gesamte Kelly Family.

Von Olaf Neumann
Michael Patrick Kelly war der Mädchenschwarm der Kelly Family. Heute, über 20 Jahre nach Beginn seiner Solokarriere, gehört der amerikanisch-irische Sänger, Songwriter und Produzent zu den erfolgreichsten Popmusikern Europas. Vier Oktaven umfasst die Stimme des 47-Jährigen. Kelly erzählte Olaf Neumann von seinem Engagement für den Frieden
Herr Keller, in Songs wie " Keep Hope Alive" ermutigen Sie dazu, die Hoffnung nicht aufzugeben. Wie schaffen Sie es, optimistisch zu bleiben trotz widriger Umstände?
Ich versuche, Menschen regelmäßig zu danken für das, was ich an ihnen schätze. Durch meine Friedensarbeit kenne ich viele Menschen, die sich ihr ganzes Leben selbstlos dafür einsetzen, andere zu retten. Ich durfte vor einigen Jahren die gerade verstorbene Forscherin Dr. Jane Goodall kennenlernen. Auch von ihr habe ich gelernt: Ohne Hoffnung geht der Motor der Welt aus. Zu hoffen heißt ja nicht, dass man sich selbst mit Wunschdenken belügt. Es geht uns im Vergleich zu vor 100 oder 200 Jahren, in denen es Weltkriege gab, Hungersnöte und viele andere entsetzliche Dinge, in manchem wesentlich besser dank der medizinischen Mittel und vieler sehr engagierter Menschen. Es ist nicht alles nur negativ. Ich glaube, die miese Stimmung auf dem Planeten wird der Realität teilweise nicht gerecht. Über positive Geschichten und die Menschen dahinter versuche ich, Songs zu schreiben.
Mit "The Day My Daddy Died" setzen Sie Ihrem 2002 verstorbenen Vater Dan Kelly ein musikalisches Denkmal. Wie hat er Sie auf das Leben vorbereitet?
Meine Eltern hatten den Traum, ein sehr alternatives Leben zu führen. Sie wollten als Familie mit Musik Menschen Freude und Ermutigung geben. Natürlich hat Idealismus einen Preis, und es ist für meine Eltern nicht immer einfach gewesen. Es war auch eine gewisse Armut und Bescheidenheit da, in einem Doppeldeckerbus zu leben und später auf einem Hausboot. Aber es gab einfach diese Freiheit. Ich bin nicht zur Schule gegangen, mein Vater hat das Homeschooling aus den USA nach Europa importiert, lange bevor es beispielsweise in der Pandemie Normalität wurde. Immer wenn die Behörden fragten, was ist jetzt mit Schule, sind meine Eltern mit uns einfach weitergezogen. Meine Eltern waren wie ein spannender Cocktail aus liberalen Ideen und konservativen Werten. Mein Vater ist immer wieder mit der ganzen Familie in Gefängnisse gegangen, um für Häftlinge zu singen. Das mache ich bis heute. Weil ich häufiger erlebt habe, dass sogar junge Männer, die jemanden ermordet haben, am Ende des Besuchs auf mich zukamen und fragten, was sie tun können, um ihr Leben wieder in Ordnung zu bringen.
Bei dem Song werden Sie von Ihren Geschwistern begleitet. Wie hat es sich angefühlt, wieder mit der Kelly Family zu singen?
Kurz vor der Abgabe des Album-Masters an die Plattenfirma kam die Idee auf, hey, eigentlich müsste man jetzt die Geschwister fragen, ob sie in diesem Chorus mitsingen wollen. Ich habe sie alle angerufen, und dann wurde der Chorus in verschiedenen Tonstudios in Irland, in den USA, in Spanien und in Deutschland aufgenommen. Ich musste schon beim Einsingen meines Parts mehrmals abbrechen, weil mir das Lied so nahe ging. Als ich dann beim Abmischen auch die Stimmen meiner Geschwister gehört habe, ging das schon sehr tief. Ich weiß wirklich nicht, ob ich den Song live einfach so dahersingen kann.
2024 wurden Sie vom Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Botschafter für Frieden der Vereinten Nationen in Deutschland ernannt. In den USA sind Sie einmal verhaftet worden, als Sie für den Frieden demonstrierten. Wie kam es dazu?
2003 hat die Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire aus Belfast einen friedlichen Protest in New York organisiert, an dem ich teilgenommen habe. Mir war von vorneherein klar, dass wir verhaftet werden würden. Das Schlimmste, was ich an Strafe bekommen konnte, war meine US-Staatsbürgerschaft zu verlieren. Das habe ich aufs Spiel gesetzt zwei Tage vor dem Angriffskrieg der USA gegen den Irak. Uns ging es darum, ein Zeichen zu setzen, weil George W. Bush ohne Zustimmung der Mehrheit des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen handelte. Es war ein Bruch mit der UN-Charta. Wir haben diesen Krieg nicht verhindert, es war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber ein Fotograf aus Bagdad hat mir später erzählt, dass vor dem Hotel, in dem die ganzen Journalisten waren, Plakate aufgehängt wurden mit einem Foto von meiner Verhaftung. Da stand drauf, wenn ihr so mit euren Celebrities umgeht, wollen wir eure Demokratie nicht haben.
Würden Sie solche Aktionen heute noch machen?
Eher nicht. Heute setze ich den Fokus eher darauf, Momente zu erschaffen, die Menschen mit verschiedensten Ansichten zusammenführen für ein positives Wir-Erlebnis. Die Peace Bell, eine tonnenschwere Glocke, die aus Kriegsschrot gegossen wurde mit einem G3-Gewehr als Klöppel, läutet bei jedem meiner Konzerte eine Schweigeminute für den Frieden ein. Es ist immer ein Gänsehautmoment, wenn Tausende das Tanzen, Lachen und Feiern unterbrechen, kurz gemeinsam still sind und sich in den Armen liegen. Bei manchen fließen auch Tränen.
Und wie kam es zu der ungewöhnlichen Fusion zwischen Ihnen als Pop-Rock-Künstler und dem Opernsänger Jonas Kaufmann?
Ich wollte schon lange eine Friedenshymne schreiben, habe aber gemerkt, dass das nicht so einfach ist. Es sollte ja nicht kitschig oder seicht daherkommen. "Symphony of Peace" war dann endlich die Komposition, die ich zu hundert Prozent spüren konnte und als authentisch empfand. Das Zusammenkommen von Klassik und Pop mit einem Rockgitarrensolo scheint auf den ersten Blick widersprüchlich zu sein, kann aber eine atemberaubende Harmonie erzeugen, wenn es wirklich eine Einheit bildet. Jonas Kaufmann liefert hier eine Weltklasse-Performance ab.
Info: Im nächsten Jahr kommt Michael Patrick Kelly in die Nähe. Am 20. April 2026 tritt er in der Frankfurter Festhalle auf und am 27. April 206 in der Hanns-Meyer-Halle Stuttgart. Tickets kosten ab 55,55 Euro.



