Mannheimer Nationaltheater

Uwe Timm wird mit Schillerpreis geehrt

Literatur, die uns klüger und sensibler macht – Timm und Schiller verbindet der Appell, sich für die Würde des Menschen einzusetzen

15.04.2018 UPDATE: 16.04.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 27 Sekunden

Uwe Timm.

Foto: Alfred Gerold

Von Harald Raab

Mannheim. Das Theater als moralische, nicht moralisierende Anstalt: Mit der gestrigen Verleihung des Mannheimer Schiller-Preises an den Schriftsteller Uwe Timm wurde im Nationaltheater eindrucksvoll deutlich, wie dringend notwendig kulturell-geistige Orientierung ist - in einer Zeit sprachlicher Verluderung auf der Straße und im Netz. Uwe Timm, der 78-jährige Preisträger, und Friedrich Schiller, der oft genug missbrauchte Dichter geistiger und politischer Freiheit: Beide verbindet die Grundierung ihrer Werke mit dem großen Appell, sich für die Würde des Menschen einzusetzen.

Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz, der Laudator und Schriftstellerkollege Moritz Rinke, sowie Uwe Timm selbst haben in einem kongenialen Dreiklang unter Beweis gestellt, dass das große Ziel der Aufklärung von jeder Generation neu angestrebt werden muss. Das ästhetisch-ideelle Versprechen, dass Leben und Handeln nicht beliebig sein können, prägte diese Preisverleihung.

In der Begründung der Jury heißt es: "Wie kein anderer hat Uwe Timm bundesrepublikanische Geschichte in Geschichten verwandelt, in den sich politische Wachsamkeit mit Poesie, die minutiöse Schilderung von Alltagserfahrungen mit essayistischer Brillanz und der unbestechliche Blick auf heimische Lebenswelten mit einem generösen europäischen Intellekt verbinden."

OB Kurz nahm die aktuelle Frage nach Identität in den Blick. Dafür wirke das Theater. Er fordert dazu auf: "Wir sollten der Kraft des Theaters vertrauen." Von höchster Aktualität für ihn sei Timms Beschreibung, wie Intellektuelle, Geistes- und Naturwissenschaftler, das geistige Klima prägten, das in die politische Katastrophe geführt hat. "Erfahrungen der Kriegs- und Nachkriegszeit, das Versagen weiter Teile der Gesellschaft und ihre Sprachlosigkeit angesichts der verübten Gräueltaten wurden und werden in Timms Werk verarbeitet."

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Eine Laudatio kann auch ganz ohne hohlen Pathos und steife Wortgirlanden auskommen. Witzig, charmant, mit klugem Understatement zeichnete Moritz Rinke eine Skizze der Persönlichkeit und des Schaffens Uwe Timms - mit einem dem Anlass und dem Ort gemäßen vergleichenden Blick auf Schiller. Rinke räsonierte: "Schiller und seine Begeisterung und Liebesphilosophie - sobald wir lieben, sind wir wahrheitsfähig - treffen mit Timm und seiner schönen Weltaneignung des glücklichen Blickes zusammen." Mit der Lektorin Sandra Heinrici bringt er es auf den Punkt: "Timms Literatur macht uns klüger, sensibler."

50 Jahre nach der 68er-Bewegung nahm Timm Bezug auf diese: Es sei nicht schlecht, sich in einer Zeit, in der sich konservative, nationalistische Gruppierungen bilden, die Errungenschaften von 1968 ins Gedächtnis zu rufen.

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