Baden-Württemberg

Die Firmen im Südwesten rüstet auf

Auch in der Region steigen immer mehr Unternehmen ins Rüstungsgeschäft ein. Sie suchen neue Geschäftsfelder abseits ihrer Branche.

24.08.2025 UPDATE: 24.08.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Heideldruck entwickelt und produziert Steuerungs- und Leistungselektronik. Damit will der Konzern neue Geschäftsfelder, wie im Verteidigungssektor, erschließen. Foto: dpa

Von Oliver Schmale, Robin Wille und Matthias Kros

Stuttgart. Über drei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat sich der gesellschaftliche Wind gedreht. Die Bundeswehr rüstet auf und viele Unternehmen im Südwesten wollen zusätzlich Geschäfte mit dem Einstieg in die Produktion von Rüstungsgütern machen. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sagte in Stuttgart, es würden sich neue Chancen für die Unternehmen ergeben.

In Baden-Württemberg gibt es rund 14.500 Beschäftigte (Stand 2022) in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, wie das Wirtschaftsministerium unter Berufung auf das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) erwartet im Südwesten einen Beschäftigungsaufbau. Die Branche ist ein Winzling im Vergleich zur Autoindustrie, wenn man die Beschäftigtenzahl vergleicht. Der Fahrzeugbau zählte zuletzt 230.019 (Stand 2023) Mitarbeitende. Zahlreiche Unternehmen wollen nun in der Branche Fuß fassen.

> Heidelberger Druckmaschinen: Der Maschinenbauer ist eine Partnerschaft mit Vincorion Advanced Systems eingegangen. Heidelberger Druckmaschinen soll für Vincorion Regelungstechnik und Energieverteilungssysteme bauen. Vincorion ist auf Energieversorgungsanlagen für die Rüstungsindustrie spezialisiert und baut unter anderem Stromgeneratoren. Das Unternehmen hat seinen Sitz im schleswig-holsteinischen Wedel.

Heidelberger Druckmaschinen werde in den nächsten drei Jahren in dem gesamten Industriesegment, zu dem das Rüstungsgeschäft zählt, mindestens 100 Millionen Euro erwirtschaften, so das Unternehmen. Was in einem Panzer an Technologie drin sei, werde beherrscht. Heidelberger Druckmaschinen entwickele und fertige von der Gießerei, mechanischen Bearbeitung über Mechatronik, Pneumatik bis hin zur Software, Elektronik und Elektrik alles im Haus.

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> Freudenberg: Unternehmensleitung und Gesellschafterausschuss des Weinheimer Mischkonzern Freudenberg wollen bis spätestens Jahresende über einen möglichen Einstieg in die Rüstungsindustrie entscheiden. Derartige Überlegungen hatte der inzwischen im Ruhestand befindliche Freudenberg-Konzernchef Mohsen Sohi im März geäußert. Bei dem Konzern, der hauptsächlich als Zulieferer der Automobilindustrie unterwegs ist, wäre der Einstieg in die Rüstungsindustrie allerdings nicht so einfach. Die Weinheimer hatten sich nach dem Zweiten Weltkrieg nämlich die Verpflichtung auferlegt, keine Produkte herzustellen, "die dazu bestimmt sind, Menschen Schaden zuzufügen (zum Beispiel Waffen)". Das müsste nun geändert werden.

> Ferreira Logistik: Das Speditionsunternehmen Ferreira Logistik mit Sitz in Stuttgart mit seinen 100 Mitarbeitern will künftig Logistikdienstleistungen für Unternehmen anbieten, die für die Verteidigungsindustrie produzieren. Geschäftsführer Amadeu da Silva Ferreira sagte, dies könne sowohl den Transport von Einzelteilen umfassen als auch die Auslieferung des fertigen Produkts. Damit versucht der Mittelständler, das schwächelnde Geschäft mit der Automobilindustrie auszugleichen.

> Trumpf: Der Maschinenbauer und Laserspezialist Trumpf habe entschieden, seine Technologien für defensive Verteidigungslösungen zur Verfügung zu stellen, teilte das Unternehmen aus Ditzingen mit. Der Entscheidung sei eine intensive Diskussion der Unternehmerfamilie und des Unternehmens vorausgegangen. "Die Entwicklung und Produktion von lasergestützten Waffensystemen und Komponenten von Waffensystemen sowie die Belieferung von Kunden aus der Rüstungsindustrie ist danach möglich, wenn es sich ausschließlich um Defensivwaffen handelt", so der Sprecher.

> Metallbauunternehmen Hodapp: Der Mittelständler Hodapp GmbH & Co. KG mit Sitz im badischen Achern bietet seit Kurzem besonders gesicherte Türen und Tore für Bundeswehrkasernen und Werkstore für Rüstungsunternehmen an. Das Metallbauunternehmen mit insgesamt 300 Beschäftigten ist ein Spezialist in der Fertigung von Spezialtüren und -toren aus Stahl und Edelstahl. Geschäftsführer Peter Hodapp wollte ein neues Geschäftsfeld erschließen, weil die Nachfrage aus der Autoindustrie seit zwei Jahren zurückgegangen sei. An Rüstungsaufträge zu kommen sei gar nicht einfach gewesen. Das Unternehmen und die entsprechenden Mitarbeiter wurden von den Behörden genau überprüft, wie der Unternehmer berichtete.