Wiese ist da – Babel bald weg?
Erstes Training des Nationaltorwarts in Feldkirchen

Erstes Training des Nationaltorwarts in Feldkirchen
Die Sonne lachte vom Himmel, als ein sichtlich gut erholter Tim Wiese (30) gestern um genau 16.28 Uhr den gepflegten Rasenteppich der Sportarena Schloss Mühldorf in Feldkirchen betrat. Deutschlands Torwart Nummer zwei hat nach dem EM-Aus gegen Italien in Dubai die Seele baumeln lassen und soll bei seinem neuen Arbeitgeber in Hoffenheim sofort Führungsaufgaben übernehmen. "Er ist ein positiv Bekloppter und gehört zu den Typen, die auch etwas erreichen wollen", urteilt Wieses neuer Chef Markus Babbel über den Modellathleten. Der Nachfolger des beliebten Tom Starke ist beim zweiten Trainingslager des Bundesligisten nach einem schwächeren letzten Jahr mit über 60 Gegentoren bei Werder Bremen sofort gefordert. Babbel: "Ich erwarte von ihm, dass er einige Jungs auch mal einnordet."
Das dürfte kein Problem sein für Wiese. Deutliche Worte jedenfalls hat der sechsmalige Internationale schon immer gefunden. Fast logisch, dass die spektakulärste Neuverpflichtung von 1899 auch beim Rennen um die Kapitänsbinde Siegchancen hat. "Klar, er ist ein erfahrener Spieler", führt ihn Babbel auf seiner Kandidatenliste fürs Spielführeramt ganz oben – entscheiden wird die Frage der Trainer-Manager höchstpersönlich. "Ich bestimme." Babbel lacht. Er habe schon Fälle gehabt, da seien diejenigen, die die Binde gehabt hätten, immer schlechter geworden. Diese Gefahr besteht beim selbstbewussten Wiese sicher nicht.
Während also ein großer Hoffenheimer Hoffnungsträger bis zum nächsten Sonntag mit den anderen 23 Kollegen - insgesamt umfasst der Tross 43 Personen -auch zwei Testspiele absolvieren wird, scheint ein anderer Hochkaräter aus dem Rennen zu sein. Der Holländer Ryan Babel durfte den Flug an die Donau erst gar nicht mitmachen, sondern wurde von Babbel zur U23 abkommandiert. "Mir ist es einfach zu wenig, was unterm Strich bei ihm herauskommt – und da bin ich ja nicht der erste Trainer", hat Babbel von Babels leidlichem Engagement die Nase voll. "Er müsste mehr Begeisterung in die Sache kriegen." Ein Satz aus des Cheftrainers Mund, der für sich spricht. Doch wenn sich kein Abnehmer für den glücklosen Stürmer findet, dürfte er nach Ende des Trainingslagers wieder bei den Profis mitmachen. Das will eigentlich keine der beiden Parteien. "Wir sind daran interessiert, dass er den Verein wechselt und machen daraus auch keinen Hehl", bestätigt Babbel – und ahnt Böses: "Aber vielleicht kommt ja kein Klub." Mit geschätzten drei Millionen Euro Jahres- verdienst entwickelt sich er in 46 Partien gerade fünfmal erfolgreiche Babel langsam zum Albtraum für "Hoffe".
Träumen hingegen darf der Erstligist weiter von Real Madrids Juwel Joselu (22). Babbel: "Er würde gerne kommen, und wir würden ihn gerne kaufen." Mittlerweile buhlt aber angeblich auch Tottenham Hotspur um den Rohdiamanten. Babbel braucht also viel Geschick beim Preispoker, egal ob der Ex- Münchner dabei Spieler loswerden oder anwerben will. Auf dem Trainingsplatz soll in den nächsten Tagen an der Spritzigkeit gearbeitet werden. Schließlich ist es laut Eren Derdiyok nun langsam "an der Zeit, Spielintelligenz zu zeigen." Mit den schweren Beinen nach vielen harten Einheiten war dies auch am Samstag beim 2:0-Sieg gegen den SV Waldhof nicht möglich. Aber noch sind eine paar Wochen Zeit bis zum Bundesligastart am 25. August in Gladbach. Bis dahin wird sich auch Tim Wiese mit den richtigen Trainingsklamotten eingedeckt haben. "Der Pulli war noch ein bisschen zu groß", lachte der Torwart gestern um halb sieben nach getaner Arbeit.