Kaiser: "Ich habe mich sehr wohl gefühlt..."
Dominik Kaiser über seinen Abgang aus Hoffenheim

Dominik Kaiser über seinen Abgang aus Hoffenheim
"Vielleicht wird der Kaiser bald zum König", hatte Ex-Hoffenheim-Trainer Holger Stanislawski herrlich inkorrekt nach dem Startelfdebüt von Dominik Kaiser gesagt. Was der glücklose Hanseat meinte: Vielleicht schafft der Junge, der gerade gegen Mainz erstmals in der Bundesliga von Anfang an spielte, den Durchbruch bei der TSG.
Es war der 10. September 2011, 17.50 Uhr. Der Beginn eines Fußballmärchens. Beinah. Dominik Kaiser, der sympathische Sportstudent stand im Fokus. Frech hatte er aufgespielt, unbekümmert. Einer, der sich selbst bei Hoffenheims Oberligateam anbot und bis zu den Profis hochkämpfte. Der Junge von nebenan, der samstags Bundesliga spielt und unter der Woche in Heidelberg studiert. Kaiser wurde schnell zum Aushängeschild des TSG-Nachwuchs und mit Jannik Vestergaard damals zum Gesicht für die TSG-Philosophie.
Am Ende sollte Stanislawski doch Recht behalten. Die Degradierung nahm er noch selbst zu Beginn der Rückrunde vor. Nach sieben Spielen in der Hinrunde, schaffte Kaiser im Winter unter Stanislawski nicht mehr den Sprung in die erste Elf. "Das ist für mich auch jetzt noch unverständlich", sagte Kaiser im Interview mit 1899aktuell.de noch vor einigen Tagen im TSG-Trainingslager in Füssen. Schon in Füssen zeichnete sich ab, dass Kaiser die TSG verlassen wird. "Ich habe nie eine richtige Erklärung dafür bekommen, was die Gründe waren, warum ich Anfang der Rückrunde ganz weg war und nur noch auf der Tribüne saß. Das hat er mir nie gesagt."
Stanislawski schwieg. Kaiser ahnt: "Zu dieser Zeit hatte er andere Sorgen und Probleme. Der Druck auf ihn war enorm hoch. Da waren dann Personalentscheidungen wie Kaiser eher Nebensache." Und verzeiht: "Ich bin nicht nachtragend. Die Zeit unter Stani war sehr wertvoll." Wenig später flog Stanislawski gegen Zweitligist Greuther Fürth aus dem DFB-Pokal und von der TSG-Trainerbank.
Im Winter verlängerte Kaiser seinen Vertrag bei der TSG bis 2014. Vielleicht eine Fehlentscheidung. "Im Winter habe ich einigen Vereinen auch aus der ersten Liga für Hoffenheim abgesagt, bevor ich verlängert habe", erinnert sich der 23-Jährige. "Nachdem ich in der Hinrunde einige Spiele in der Bundesliga bestritten hatte, habe ich gemerkt, dass es gleich Anfragen gibt. Man wird sofort interessant, wenn man spielt. Das war in der Rückrunde mein Problem."
Kaiser wurde vom Aushängeschild, zum Tribünengast. "So ist das Fußballgeschäft. Ich habe meinen Vertrag im Januar verlängert und drei Wochen später war ich fast auf dem Abstellgleis. Der Trainer hat gewechselt, die sportliche Leitung hat gewechselt. Das muss ich akzeptieren."
Noch im Trainingslager reflektierte Kaiser seine Situation: "Ich habe mir gar nichts vorzuwerfen. Ich habe immer Vollgas gegeben. Nach meinen besten Spielen wurde ich auf einmal nicht mehr eingesetzt. Das ist unverständlich. Dass Jannik und ich in der Hinrunde vom Verein extrem gepusht wurden und wir als Aushängeschild dargestellt wurden und ich jetzt wieder die falsche Richtung eingeschlagen habe, ist schade. Es ist extrem hart. Ich bin vor allem enttäuscht, weil ich mich hier sehr wohlgefühlt habe. Deshalb ist es schade. Es muss woanders weitergehen und das zählt jetzt."
Unter Markus Babbel brachte Kaiser dann keinen Fuß mehr auf den Boden. Noch vor Saisonende teilte Markus Babbel ihm offen und ehrlich mit, wo er den Schwaben sah. "Der Trainer hatte es mir Ende der letzten Runde recht klar mitgeteilt. Es war ein faires Gespräch und er hat mir gesagt, dass ich in seinem Team gerade wenige Chancen bekomme. Hoffenheim ist auf der Position quantitativ und qualitativ sehr gut besetzt." Auch äußerlich setzte Babbel ein Zeichen und verlängerte die Verträge mit Kaisers Konkurrenten Salihovic und Weis bis 2016. Daneben kämpfen auch Williams und Rudy um die beiden Startelfplätze. "Wieder als vierter oder fünfter Spieler auf dieser Position in die Saison zu gehen, ist nicht sinnvoll", sagte Kaiser noch vor knapp zwei Wochen in Füssen.
Was Kaiser Markus Babbel hoch anrechnet: "Er hat mir immerhin noch einmal eine Chance gegeben. Ich fand es sehr stark von ihm, dass ich in Berlin nochmal spielen durfte. Dort konnte ich mich noch einmal beweisen und präsentieren. Das war nach unserem Gespräch. Es war natürlich für mich eine harte Aussage, aber ich weiß, wie ich es einschätzen muss. Es war sehr wichtig für mich. So hatte ich länger Zeit, mir Gedanken über die Zukunft zu machen."
Im Urlaub verarbeitete Kaiser die Achterbahn seiner ersten Saison als Fußballprofi. "Es fing so gut an und im Urlaub bleiben dann die Eindrücke von der Rückrunde mehr hängen, leider. Aber trotzdem habe ich die Hinrunde noch nicht vergessen, die ersten Spiele, die Stadien und die Atmosphäre. Das ist alles noch da. Es ist schade, dass es in der Rückrunde nicht mehr so gelaufen ist und hier nicht in der Bundesliga für mich weitergeht. Ich habe mich extrem wohlgefühlt, sonst hätte ich meinen Vertrag niemals verlängert. Aber so ist es leider. Es geht weiter."
Der Traum vom Bolzplatz um die Ecke zum Fußballprofi - Dominik Kaiser erlebte ihn bei 1899 Hoffenheim, spielte zuerst gegen Villingen, Freiberg oder Krichheim und dann gegen Bayern, Dortmund und Stuttgart. "Ich muss mir immer vor Augen halten: Es ist schon ganz anderen Spielern auf viel höherem Niveau so gegangen. Tom Starke zum Beispiel oder Michael Ballack in der Nationalmannschaft. Das sind ganz andere Persönlichkeiten, die im Fußball schon viel mehr erreicht haben. Die waren auch schon in diesen Situationen und für die ging es auch weiter. Für mich geht es auch weiter."
In Liga Vier. Kaiser wechselt zu RB Leipzig. Dort findet er mit Ralf Rangnick und Alexander Zorniger zwei alte Weggefährten, die auf ihn setzen. Unter Zorniger spielte Kaiser bei Normannia Gmünd. Ralf Rangnick führte Kaiser an die Profis von 1899 Hoffenheim heran. Nun soll gemeinsam der Aufstieg in die dritte Liga gelingen - mindestens. Leipzig will in die Bundesliga. Jetzt heißen die Gegner für Kaiser Magdeburg, Plauen und Neustrelitz. Und vielleicht irgendwann 1899 Hoffenheim.