"Geld spielt ja keine Rolle"
Die TSG Hoffenheim am Tag nach der Pleite im DFB-Pokal
Die TSG Hoffenheim am Tag nach der Pleite im DFB-Pokal
Am bisher heißesten Tag des Jahres werden am Sonntagmorgen rund ums Trainingsgelände der Versager von Berlin hitzige Diskussionen geführt. Die Fans von 1899 sind wegen des peinlichen Auftritts des Bundesligisten in der Bundeshauptstadt stinksauer und fassungslos. "Sie sollten allen, die nach Berlin gefahren sind, das Geld zurückbezahlen", ereifert sich Norbert Eichstädter. Der 72-jährige Hoffenheimer hatte einst zusammen mit Dietmar Hopp in der B-Klasse gekickt und ist Ehrenmitglied im Verein. Sein Tipp an den alten Mitstreiter Hopp: "Den Spielern nicht so viel Geld geben."
Auch Klaus Scherer aus Zuzenhausen ist erst mal restlos bedient: "Die Art und Weise der Niederlage ist nicht akzeptabel". Scherer geht noch weiter: "Die Stimmung wird mit diesen Luschen nicht anders werden. Da ist kein Leader drin", vermisst er wie viele andere Anhänger auch echte Kerle im Team von Trainer-Manager Markus Babbel. Profis, die in schwierigen Situationen Verantwortung übernehmen.
"Wenn man so verliert, dann ist das traurig", kommentiert ein anderer Zaungast den kollektiven Blackout von Kapitän Wiese und Co. Ein paar Meter weiter ist ein ein Plakat angebracht worden: "Wir waren in Berlin. Wo wart Ihr"? Der vorläufige Ex-Nationaltorwart kennt die Antwort. Absolut wie im falschen Film, habe man sich in der Halbzeit gefühlt, berichtet Wiese am "Tag danach" - und bringt sogar die Tierwelt mit ins Spiel: "Das war unter aller Sau."
Während diejenigen, die am geschichtsträchtigen Samstag für längere Zeit auf dem Feld standen, locker mit Athletik-Trainer Yannick Obenauer auslaufen - und dabei betreten und schuldbewusst dreinblicken - zieht der Rest ein normales Arbeitsprogramm durch. Für den lockeren Trab der Pokal-Ausscheider hat einer der rund 50 Kiebitze nur Hohn und Spott übrig: "Was müssen die denn heute auslaufen, die sind doch gestern gar nicht gerannt" - Babbels Profis haben viel gutzumachen beim verärgerten Fußball-Volk im Kraichgau.
Der Chef höchstpersönlich übernimmt anschließend die Verantwortung für das sportliche Fiasko. "Ich muss die Schuld bei mir suchen, denn ich habe es nicht geschafft, dass die Mannschaft mit dem nötigen Engagement zu Werke geht." Babbel, der im Pokalwettbewerb 1994/95 mit den ruhmreichen Bayern in Vestenbergsgreuth (0:1) zur Lachnummer geworden war, ist vom klassischen K.o. in Berlin kalt erwischt worden.
Das verleitet ihn sogar zur Selbstironie. "Wir kaufen jetzt elf neue Spieler. Geld spielt bei uns ja keine Rolle", beantwortete er die Frage nach etwaigen personellen Konsequenzen für den Bundesliga-Start am Samstag bei den Gladbacher Fohlen. Dietmar Hopp in seinem französischen Feriendomizil kann darüber nicht einmal schmunzeln. Dem Gesellschafter und Aufsichtsratsvorsitzenden soll es laut Bild am Sonntag glatt die Sprache verschlagen haben.
Wenigstens der neue Spielführer hat den Glauben ans Gute nicht verloren. "Mit Bremen bin ich mal in Pirmasens rausgeflogen und doch noch in die Champions League gekommen." Wiese blickt zurück und zugleich voraus: "Ein Spiel bringt uns nicht aus der Fassung, davon könnt ihr ausgehen", diktiert er den Medienleuten in die Notizblöcke. Na, dann ...