Robert Weber war der erste Sozialdemokrat an der Stadtspitze
Er war von 1958 bis 1966 Rathauschef. Carl Neinhaus kandidierte erst im zweiten Wahlgang gegen ihn und verlor.

Von Sarah Hinney
Heidelberg. Die Liste reicht zurück bis ins Jahr 1805, zu Georg Daniel Mays, der Heidelberg von da an 14 Jahre lang als Stadtoberhaupt regierte. 20 Männer und eine Frau sind ihm seitdem im Amt des Oberbürgermeisters gefolgt – acht von ihnen nach Ende des Zweiten Weltkrieges.
Robert Weber war der erste Sozialdemokrat, der von den Heidelberger Bürgern zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Weber, 1906 geboren und seit 1929 Mitglied der SPD, galt als beliebt. Er war Jurist, Gründungspräsident des Landesarbeitsgerichts Mannheim und ab 1954 Landgerichtspräsident in Mannheim.
Am 22. Juni 1958 setzt er sich im zweiten Wahlgang mit 54,7 Prozent der Stimmen gegen den Amtsinhaber, den CDU-Politiker Carl Neinhaus (44 Prozent) durch. In den Monaten zuvor spielt sich ein regelrechter Wahlkampf-Krimi ab, dessen einzige Konstante Weber ist.
Neinhaus, sechs Jahre lang Stadtoberhaupt, ziert sich monatelang, nochmal zur Wahl anzutreten. Am 14. März sagt er gegenüber der RNZ, er werde eine erneute Kandidatur nur dann annehmen, wenn der Wunsch zu seiner Kandidatur von einem "möglichst breiten Fundament" getragen werde. Außerdem, so Neinhaus, wolle er sich in seinem Alter (damals 70) "nicht gerne in einen Wahlkampf einlassen".
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Die gewünschte "breite Basis" bröckelt Tage später. Am 19. März schreibt die RNZ: "Die SPD des Stadtkreises Heidelberg hat Herrn Landgerichtspräsident Robert Weber gebeten, für die bevorstehende Oberbürgermeisterwahl zu kandidieren." Der 52-Jährige nimmt die Kandidatur an. Am 26. März nominiert die CDU daraufhin Neinhaus. Der lässt offen, ob er kandidiert. Am 2. April macht die FDP Druck und forderte eine Entscheidung von Neinhaus. Der hüllt sich weiter in Schweigen. Schließlich reicht es den Liberalen. Am 26./27. April berichtet die RNZ: "Die FDP hat keine Möglichkeit gesehen, Herrn Oberbürgermeister Dr. Neinhaus eine Kandidatur zur Oberbürgermeisterwahl anzutragen." Die Partei kündigt an, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Am 5. Mai äußert sich endlich Neinhaus – und lehnt eine erneute Kandidatur ab. "So wird nun die CDU einen neuen Namen nennen müssen, und auch die FDP steht vor dieser Entscheidung", kommentiert die RNZ.
Am 9. Mai nominiert die CDU Richard Hofert zum OB-Kandidaten. Landgerichtspräsident Stadtrat Anschütz, dem die FDP die Kandidatur zur Oberbürgermeisterwahl einstimmig anträgt, lehnt ab. Am Ende schüttelt die FDP noch einen Kandidaten aus dem Ärmel: Werner Munzinger.
"Die Quittung" – mit dieser Überschrift kommentiert die RNZ den Ausgang des ersten Wahlgangs der OB-Wahl am 8. Juni. Das Ergebnis sei nicht als politischer Erdrutsch zu werten, sondern als "Echo auf das Verhalten der Parteien", heißt es weiter. Robert Weber (SPD) erhält 43,5 Prozent, Richard Hofert (CDU) 26,1 Prozent, Werner Munzinger (FDP) 14,1 Prozent, Werner Poppen (parteilos) 5,9 Prozent. Und 8,2 Prozent der Wähler haben Carl Neinhaus, der nicht angetreten ist, eigenhändig auf den Stimmzettel geschrieben. Am 11. Juni nominiert die CDU Neinhaus deshalb erneut zum OB-Kandidaten. Diesmal nimmt er an – und verliert. Am 19. September wird Robert Weber feierlich ins Amt eingeführt.
In Webers achtjähriger Amtszeit wird die Städtepartnerschaft Heidelbergs mit Montpellier begründet. Auch die Stadt selbst verändert unter seiner Ägide ihr Gesicht, etwa durch die Verlegung der naturwissenschaftlichen Institute aus der Altstadt ins Neuenheimer Feld oder die Umgestaltung des Bismarckplatzes. Bebauungspläne für das Langgewann, Boxberg, Emmertsgrund, Bosseldorn und Hasenleiser werden vorbereitet.
Eine zweite Amtszeit ist Weber nicht vergönnt. Seine eigene Partei will lieber Reinhold Zundel an der Stadtspitze sehen. Nach seiner OB-Zeit arbeitet Weber wieder als Rechtsanwalt. Er stirbt am 17. August 1987 und ist auf dem Bergfriedhof beigesetzt.
Hintergrund
Mehr zur Heidelberger OB-Wahl 2022 finden sie auf www.rnz.de/obwahlhd.
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