Wie eine Randentlastungsstraße möglich wäre
Die Gemeinde müsste mehr als fünf Millionen Euro in die Hand nehmen.

Von Annette Steininger
Hirschberg. Sie hat in ihrer jahrzehntelangen Diskussionsgeschichte schon viele Namen erhalten: Ortsrandstraße, Ortsentlastungsstraße, Ortsumfahrung, Ortsumgehung – und jetzt könnte sich der Begriff "Randentlastungsstraße" einbürgern. Denn diese wäre unter Umständen förderfähig, wie aus den Unterlagen für die Gemeinderatssitzung am Dienstag, 25. Januar, um 19 Uhr, im Bürgersaal des Rathauses hervorgeht.
Dabei geht um die Entlastung der viel befahrenen Ortsdurchfahrt von Großsachsen. Der Gemeinderat hatte die Verwaltung 2020 nach einem erfolgreichen Antrag von FW, CDU, SPD und FDP damit beauftragt, Gespräche mit dem Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe zu führen, um eventuelle Fördermöglichkeiten hierfür auszuloten.
Gesamtkosten von über neun Millionen Euro
Diese fanden dann pandemiebedingt per Videokonferenz am 17. November 2020 statt. Über das Ergebnis wurde das Gremium bereits nicht-öffentlich informiert, nun soll es nach einem Nachhaken der Fraktionen am kommenden Dienstag öffentlich behandelt werden. Aus dem Gespräch geht unter anderem hervor, dass eine Ortsumfahrung nicht als Bundesmaßnahme realisiert werden könnte. Diese sei aus Sicht des Bundes nicht möglich. Macht die Gemeinde die Ortsumfahrung aber selbst und trägt die Baulast, erhält sie keine Förderungen. Denn: "Eine Ortsumfahrung ist eine Bundes- oder Landesangelegenheit, und eine förderfähige Maßnahme nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz darf keine Bundes- oder Landesangelegenheit ersetzen."
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Aber die RP-Vertreter zeigten der Gemeinde eine Option auf: Möglich wäre gegebenenfalls eine Randentlastungsstraße. Dabei stehe dann nicht die Entlastung der B3, sondern vielmehr die Entlastung des Ortsteils durch Anbindungen – auch künftiger Baugebiete – an diese Randentlastungsstraße. Auch Vorschläge, wo diese ein bis zwei Anbindungen sein könnten, sind aus dem Gespräch hervorgegangen: über den Riedweg und/oder die Lobdengaustraße. Dafür ist es allerdings erforderlich, die bisherige Planung zu modifizieren. Ein Bebauungsplan oder ein Planfeststellungsverfahren müssen dem Bau ebenso vorausgehen wie einige Gutachten, die wohl rund 200.000 Euro kosten würden, zu Lärmschutz und ökologischen Aspekten.
Um ins Förderprogramm aufgenommen zu werden, ist das Vorhaben bis zum 31. Oktober des laufenden Jahres anzumelden. Dann muss ein Antrag mit einer detaillierten Kostenangabe eingereicht werden. Dabei gibt es für die Gemeinde ein Risiko: Geltend kann sie dann nur noch eine Kostensteigerung von bis zu 20 Prozent machen. Wird das Projekt irgendwann noch teurer, trägt sie die Mehrkosten. Die RP-Vertreter gehen davon aus, dass bei der Randentlastungsstraße von Großsachsen 50 Prozent der Bruttokosten gefördert werden könnten. Planungsleistungen und Gutachten werden allerdings nur mit zehn bis 15 Prozent gefördert – und das nur, wenn der Antrag auch erfolgreich ist.
Die Gemeinde hat das Ingenieurbüro E. Schulz damit beauftragt, mögliche Maßnahmen und Kosten für einen eventuellen Antrag aufzustellen. Da dies auf Basis der Planungen der Willaredt Ingenieure aus den Jahren 2006 und 2007 für eine "Ortsumgehung West" erfolgt ist, macht Schulz deutlich, dass noch Kosten dazukommen werden, beispielsweise für Gutachten und Ausgleichsmaßnahmen. Die aktuelle Kostenschätzung geht von neun Millionen Euro aus. Darin nicht enthalten sind die weiteren Gutachten, Bauleitpläne, aber auch der erforderliche Grunderwerb: "Bei einem Flächenbedarf von 15.000 bis 20.000 Quadratmeter und einem Kaufpreis von fünf Euro pro Quadratmeter ist hier auch mit Kosten in Höhe von circa 100.000 Euro zu rechnen", schreibt dazu das Ingenieurbüro Schulz. Was das nun an Kosten für die Kommune bedeuten könnte, geht aus den Unterlagen hervor: "Auch wenn die Fördersituation als positiv bewertet werden kann, dürfte für die Gemeinde ein Eigenanteil von deutlich mehr als fünf Millionen Euro verbleiben. Die Folgekosten der Unterhaltung sind hierin nicht berücksichtigt und werden nicht mehr gefördert", erläutert die Verwaltung. Hauptamtsleiterin Anna Dorothea Richter konkretisierte auf RNZ-Anfrage: "Wenn die Gemeinde Bauherrin ist, würde die Randentlastungsstraße eine Gemeindestraße mit allen Verpflichtungen, die sich daraus ergeben."
Und die Kommune geht auch ein finanzielles Risiko ein, denn: Um überhaupt den Förderantrag – ab Anmeldung läuft hierfür eine Dreijahresfrist – stellen zu können, müssen nicht nur die Bauleitpläne rechtskräftig, sondern die erforderlichen Grundstücke auch erworben sein. Plus weitere Kosten für Planungsleistungen und Gutachten. Daher gelte es, für das politische Gremium vor Anmeldung des Projekts eine Risikoabwägung vorzunehmen. Was nun aus Sicht der Verwaltung am besten noch vor der Dreijahresfrist gemacht werden sollte, um weder Antrag noch Projekt zu gefährden: eine Bürgerbeteiligung, der Grundsatzbeschluss und der Grunderwerb.
"Aufgrund der besonderen Bedeutung für die Gemeinde hält die Verwaltung ein Votum durch die Bürgerschaft, welches vom Gemeinderat nach Paragraf 21 der Gemeindeordnung zu beschließen wäre, für notwendig", betont die Verwaltung zudem. Bereits im Jahresinterview mit der RNZ hatte dies Bürgermeister Ralf Gänshirt betont: "Bei dem Thema kann ich mir sehr gut eine breite Bürgerbeteiligung vorstellen. Ob es einen Bürgerentscheid gibt, muss der Gemeinderat entscheiden. Ich halte das für einen guten Weg, sobald wegweisende Entscheidungen zu treffen sind."
Jetzt muss der Gemeinderat aber erst einmal darüber entscheiden, ob die Verwaltung an die Grundstückseigentümer herantreten soll, um den erforderlichen Grunderwerb für eine mögliche Randentlastungsstraße zu realisieren. Über weitere Verfahrensschritte soll dann das Gremium erneut abstimmen. Der Grunderwerb stelle die Basis des weiteren Handelns dar.