Unerlaubte Klamotten erkennt der Schwimmmeister am Bund
Michael Kaiser über Kleiderordnung, Coronaregeln und das Verhalten der Badegäste im Waldschwimmbad.

Von Martin Bernhard
Buchen. Michael Kaiser hält einen kleinen Wasserstaubsauger in der Hand. An dessen Ende ist ein Filter angebracht, der an eine Damenstrumpfhose erinnert. "Ich habe gerade das Kleinkinderbecken ausgesaugt", sagt er. "Der Sauger arbeitet mit Unterdruck, wie ein Aquarienstaubsauger." Das große Becken des Buchener Waldschwimmbads hat in der Nacht ein Unterwasser-Saugroboter gereinigt. Immer wieder nimmt Kaiser Gespräche mit seinem kabellosen Telefon entgegen. Am Telefon sind Leute, die Fragen zum Schwimmbadbesuch haben. Kaiser beantwortet alle Fragen geduldig. "Das ist Service am Kunden", sagt er. Wir haben uns mit ihm unterhalten.
Haben Sie ein Problem damit, wenn man Sie "Bademeister" nennt?
Nein, das ist die allgemeine Bezeichnung im Volksmund. Früher lautete die korrekte Bezeichnung "Schwimmmeister-Gehilfe" und "Schwimmmeister", jetzt "Fachangestellter für Bäderbetriebe" und "Geprüfer Meister für Bäderbetriebe".
Hintergrund
Michael Kaiser (43 Jahre) fand erst vergleichsweise spät zu seinem jetzigen Beruf. Zunächst absolvierte er eine Ausbildung zum Maurer und verpflichtete sich für vier Jahre bei der Bundeswehr. Danach arbeitete er acht Jahre lang als Maurergeselle. Es folgte eine Ausbildung zum
Michael Kaiser (43 Jahre) fand erst vergleichsweise spät zu seinem jetzigen Beruf. Zunächst absolvierte er eine Ausbildung zum Maurer und verpflichtete sich für vier Jahre bei der Bundeswehr. Danach arbeitete er acht Jahre lang als Maurergeselle. Es folgte eine Ausbildung zum Medizinischen Bademeister, die er aus privaten Gründen nicht abschloss. Danach war er als Rettungsschwimmer tätig. Als die Stadt Walldürn einen Auszubildenden für den Beruf des Fachangestellten für Bäderbetriebe (FAB) suchte, griff er zu. Nach der dreijährigen Lehre arbeitete er in den Walldürner Bädern. 2018 wechselte er zu den Stadtwerken Buchen, weil er dort die Möglichkeit erhielt, berufsbegleitend den Meistertitel zu erwerben und Nachfolger des Schwimmmeisters Hans-Jürgen Funda zu werden. Damit ist Michael Kaiser "Geprüfter Meister für Bäderbetriebe".
Was haben sie heute schon im Freibad gemacht?
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Ich habe um 7.30 Uhr mit der Arbeit begonnen. Wie jeden Morgen habe ich die Anlage überprüft, einen Mehrschichtfilter mit Pumpen. Sie ist ähnlich aufgebaut wie ein Filter im Aquarium. Man betritt das Technikgebäude, schaut, hört und weiß, ob alles passt.
Müssen Sie auch die Wasserwerte überprüfen?
Das geschieht zum Glück elektronisch. Der Chloranteil sollte bei 0,3 bis 0,6 Milligramm pro Liter liegen. Kurzfristig darf er auch etwas höher sein. Außerdem misst ein Sensor, wie hoch der Stand im Wasserspeicher ist. Das ist ein selbstregulierendes System. Es wird automatisch Frischwasser nachgefüllt.
War schon mal etwas kaputt?
Selbstverständlich gibt es auch Tage, da funktioniert etwas nicht. Wenn im schlimmsten Fall die Anlage steht, habe ich keine Umwälzung mehr. Dann muss das Bad geschlossen werden. Das kam zum Glück noch nie vor.
Wer übernimmt die Reparaturen?
Kleinere Reparaturen übernehmen wir selbst, größere eine Spezialfirma aus Wertheim. Die ist im Notfall schnell da.
Was machen Sie sonst noch, bevor das Bad öffnet?
Ich mache einen Rundgang um die Becken. Ich prüfe, ob etwas im Wasser liegt oder ob etwas beschädigt ist. Auch wird vor der Öffnung kontrolliert, ob die Chemiebehälter im Technikraum noch voll sind.
Welche Chemie ist das denn?
Chlor, ein PH-Heber und ein Flockungsmittel.
Apropos Chlor: Manchmal riecht das Wasser stark danach. Liegt das daran, dass viele Leute ins Becken pinkeln?
Nur gebundenes, also verbrauchtes Chlor, riecht. Das liegt aber nicht nur am Urin, sondern auch an Schweiß, Sonnencreme, Make-up, Parfum. Deshalb sollten sich die Leute abduschen, bevor sie ins Wasser gehen. Übrigens verliert jeder Mensch Harnstoff, auch über die Haut, ohne dass er das merkt.
Hintergrund
Das Waldschwimmbad liegt im Mühltal und ist von einer 11.000 Quadratmeter großen Liegefläche umgeben. Das Schwimmbecken besteht aus zwei 50 Meter und drei 25 Meter langen Wettkampfbahnen. Das Wasser wird bis zu einer Temperatur von 21,5 Grad mit Gas beheizt, darüber hinaus
Das Waldschwimmbad liegt im Mühltal und ist von einer 11.000 Quadratmeter großen Liegefläche umgeben. Das Schwimmbecken besteht aus zwei 50 Meter und drei 25 Meter langen Wettkampfbahnen. Das Wasser wird bis zu einer Temperatur von 21,5 Grad mit Gas beheizt, darüber hinaus mit Solarenergie. Das Wasser wird mit sogenannter Grander-Technologie belebt. Dadurch fühlt es sich geschmeidiger an, und der Chlorgeruch nimmt ab. Das Bad verfügt über ein separates Kinderbecken und einen Nichtschwimmerbereich mit Rutsche. Für den Betrieb der Becken werden 1,2 Millionen Liter Wasser benötigt.
Kommt es vor, dass Jugendliche nachts über den Zaun steigen und schwimmen gehen?
Aktuell nicht, früher kam dies leider schon ab und zu vor. Ärgerlich ist dies vor allem, wenn etwas beschädigt oder Müll hinterlassen wird.
Verhalten sich die Besucher in Coronazeiten anders als sonst?
Ja, denn viele Badegäste kennen die Bestimmungen nicht oder wollen sich an diese nicht halten. Manche wollen diskutieren, zum Beispiel wenn man im Kreis schwimmen muss statt in Bahnen, oder wenn sie nicht ins Becken dürfen, weil die maximale Anzahl an Schwimmern erreicht ist.
Im vergangenen Jahr haben sich viele Leute wegen Corona einen Pool für den Garten gekauft. Nervt es Sie, wenn Leute sie ansprechen, weil sie mit ihrem Pool Probleme haben?
Es fragen mich schon mal Badegäste, zum Beispiel: "Mein Wasser ist grün. Was soll ich machen?" Diese Fragen beantworte ich. Das gehört für mich zur Dienstleistung.
Mussten Sie schon mal ins Wasser springen, um jemanden zu retten?
In Buchen musste ich das noch nicht, aber in Walldürn einige Male. Das erste Mal wegen eines etwa 25-jährigen Badegastes. Er konnte nicht schwimmen, sprang aber dennoch ins Schwimmerbecken. Zweimal habe ich Kleinkinder aus dem Schwimmerbecken gerettet. Die Eltern hatten nicht mitbekommen, dass ihre Kinder ins Becken gesprungen sind. Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren allein am Becken sind.
Müssen Sie manchmal einschreiten, wenn es um unerlaubte Badeklamotten geht?
Ja. Vor allem Jugendliche versuchen manchmal, mit Unterhose unter der Bermuda-Hose ins Wasser zu gehen. Unterhosen sind aus hygienischen Gründen im Becken nicht erlaubt.
Und das sieht man?
Ja. Man sieht es am Bund, zum Beispiel durch Aufdrucke von Hugo Boss oder von Calvin Klein.
Wie sieht es mit Burkinis aus?
Bisher wollte noch niemand mit Burkini ins Wasser.
Sind Smartphones erlaubt?
Ja. Es herrscht aber ein Film- und Fotografierverbot. In anderen Bädern werden am Eingang die Linsen der Smartphones verklebt, bei uns nicht. Manchmal fragen Eltern, ob sie ihre Kinder fotografieren dürfen. Das ist in der Regel möglich, jedoch nur sofern keine weiteren Badegäste mit auf dem Bild sind.
Freuen Sie sich über Hitze?
Es wäre schön, wenn es bei großer Hitze etwas abkühlen würde. Die Arbeit fällt bei hohen Temperaturen deutlich schwerer.