Wofür Heidelberg gerüstet ist (und wofür nicht)
Auch in Heidelberg kann Starkregen zu Überflutungen führen. Vor allem die Bergstadtteile sind gefährdet. Die Stadt warnt mit Gefahrenkarten.

Von Denis Schnur
Heidelberg. Mai 2016: Durch Braunsbach schießt der Kocher und sorgt für enorme Zerstörungen. Auch im 80 Kilometer entfernten Heidelberg haben die starken Regenfälle der vergangenen Tage Folgen. Das kleine "Schweinsbächel" zwischen Neuenheim und Ziegelhausen tritt über die Ufer und bahnt sich einen Weg durch die Hirschgasse zum Neckar. "Nur durch Glück waren keine Personenschäden zu beklagen", sagt Kai Schaupp, der Hochwasserbeauftragte der Stadt. Doch die Episode zeigt: Umweltkatastrophen wie in der vergangenen Woche können auch hier geschehen. Die RNZ beantwortet die wichtigsten Fragen:
Ist eine solche Katastrophe auch in Heidelberg vorstellbar? "So etwas kann grundsätzlich überall passieren", betont Schaupp, "wir hatten jetzt Glück, dass wir weitgehend verschont geblieben sind." Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass auch Heidelberg gefährdet ist. Nach den Überschwemmungen von 2016 habe die Stadt eine Starkregen-Gefahrenkarte erstellt. "Da sieht man, wo es zu Problemen kommen könnte", so Schaupp. Zudem sehe man anhand von Daten des Deutschen Wetterdienstes und der Versicherungswirtschaft, dass Teile der Stadt zwischen 2002 und 2017 zu den Gebieten in Deutschland gehörten, die am häufigsten von Starkregen betroffen waren: Das Postleitzahlgebiet Ziegelhausen/Schlierbach landete auf Rang 853 von 8172.

Also sind vor allem Bergstadtteile gefährdet? Grundsätzlich ja. Sturzbäche entstehen vor allem an steilen Hängen und da, wo es bereits fließende Gewässer gibt. Das zeigt auch die Gefahrenkarte der Stadt. Demnach sind neben Ziegelhausen und Schlierbach vor allem Hanglagen in Handschuhsheim, der Weststadt und Rohrbach betroffen. "Dort gibt es in der Regel die größeren Zerstörungen", erklärt der Experte, "aber das heißt nicht, dass in der Ebene keine Gefahr besteht." Auch dort können sich große Mengen Wasser sammeln, auch dort kann es zu Todesfällen kommen – "etwa, wenn man versucht, sein Auto aus der Tiefgarage zu retten".
Klimaforscher sind sich einig, dass Extremwetterereignisse immer häufiger werden. Wie bereitet sich die Stadt vor? Die Erstellung der interaktiven Gefahrenkarten war der erste Schritt. Damit wisse man nun, wo Gefahren drohen. Für die Prävention gibt es jedoch nicht die eine große Maßnahme, sondern viele kleinere. "Auch die Bürgerinnen und Bürger müssen sich informieren und vorsorgen."
Auch interessant
Was können Privatleute tun? Hier verweist Schaupp auf ein Beispiel aus 2020: "Da gab es ein Ereignis an der Grenze zum Starkregen." Während sich die Schäden insgesamt in Grenzen hielten, lief der Keller einer privaten Kita voll. "Das Wasser drang durch einen Lichtschacht ein." Dieser Schacht sei aber bereits in der Gefahrenkarte als mögliches Problem erkennbar gewesen. "Da hätte eine zehn Zentimeter hohe Aufkantung gereicht, um Schäden zu verhindern." Schaupp appelliert deshalb an die Bevölkerung, sich die Karten anzusehen und gegebenenfalls zu reagieren – etwa mit Abdichtungen, Rückschlagklappen, oder Aufkantungen. "Klar, das sind Maßnahmen, die bei einer Flut wie vergangene Woche nicht geholfen hätten", weiß der Fachmann, "aber bei kleineren Ereignissen können sie sehr wertvoll sein."
Und was macht die Stadt? Die Behörden fahren mehrgleisig. Wo es nötig und möglich ist, schaffen sie bauliche Voraussetzungen dafür, dass Wasser zurückgehalten werden kann – etwa oberhalb der Hirschgasse. Bei Flächen, die neu bebaut werden, denke man Starkregen immer mit und schreibe Maßnahmen in Bebauungsplänen fest – etwa Gründächer, die zumindest etwas Regenwasser auffangen oder "Notwasserwege", auf denen auch große Regenmengen abfließen. Außerdem arbeite man daran, Überschwemmungen besser vorherzusagen: "Bei Neckar-Hochwassern funktioniert das sehr gut, bei kleineren Gewässern ist es noch sehr schwierig." Deshalb habe man das Niederschlagsmessnetz ausgebaut und überlege, auch Bäche mit Pegeln auszustatten. "Dann könnte man langfristig einen Stufenplan mit Maßnahmen erstellen – wie beim Hochwasser", so Schaupp. Um die Bevölkerung im Katastrophenfall schnell warnen zu können, sei zudem der Wiederaufbau des Sirenennetzes der richtige Schritt.
Info: Die Gefahrenkarten findet man unter www.heidelberg.de/starkregen. Fragen beantwortet das Umweltamt: Telefon 06221/5818230 oder E-Mail an starkregen@heidelberg.de.