Das "Wohnzimmer" wird größer
Der Treffpunkt soll trotz momentaner Schwierigkeiten erweitert werden. Dazu sollen die Nachbarräume angemietet werden.

Von Günther Grosch
Weinheim. Die heißeste Neuigkeit aus der offenen Begegnungsstätte für Alt und Jung hatten sich Marion Hördt und Claudia Funke für den zweiten Teil eines eigens anberaumten Pressegesprächs aufgespart: Weil kürzlich die neben dem Café "Wohnzimmer" liegenden Räume einer Versicherung frei geworden sind, zögerten die Verantwortlichen des Bürgervereins Weinheim-West nicht lange – und mieteten auch einen rund 60 Quadratmeter großen Raum samt Teeküche an. Er soll in Zukunft als zusätzlicher Begegnungsraum, Sprechstundenzimmer für den Stadtseniorenrat, Treffpunkt von Selbsthilfegruppen wie den Weinheimer Förderverein "Leben mit Demenz" sowie für Stammtische oder als Kursraum zur Verfügung stehen. Der Vorteil: "Die Cafébesucher und die Teilnehmenden an unterschiedlichen anderen Veranstaltungen kommen sich nicht mehr in die Quere."
Im "Wohnzimmer" willkommen sind auch Jugendliche, die mangels Taschengeld ihre eigenen Getränke mitbringen dürfen. "Es gibt keinen Konsumzwang", verspricht Hördt. Gekocht wird außerdem für den von der Firma Freudenberg unterstützten "Freitisch" für Senioren, die finanziell am Limit leben.
Einen Haken hat die Sache allerdings noch: Neben der bei der Stadt beantragten, aber noch nicht eingegangenen Genehmigung zur Nutzungsänderung des Raums müssen Umbauten vorgenommen werden. Hördt verhehlt nicht, dass die Träger des Treffpunkts dabei an finanzielle Grenzen stoßen.
Die Corona-Pandemie und der Lockdown ließen in den zurückliegenden Wochen auch dem "Wohnzimmer" die Einnahmen aus dem Café-Geschäft wegbrechen. "Bis Dezember standen wir ohne Schulden da. Jetzt aber sind wir an einem Punkt angelangt, wo wir in finanzielle Nöte geraten", redet Hördt nicht lange um den heißen Brei herum. Was auch damit zusammenhängt, dass man für November und Dezember noch nicht die zugesagten staatlichen Überbrückungshilfen erhalten hat.
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Die Liquidität fehlt dem Verein momentan aber auch deshalb, weil in den zurückliegenden Wochen und Monaten der in den vergangenen zwei Jahren erarbeitete "finanzielle Puffer wie Schnee in der Sonne dahinschmolz", so Hördt. Als "Café mit sozialem Hintergrund" verfüge das "Wohnzimmer" nicht über Einnahmen wie andernorts, "wo der Kaffee und der Kuchen oft mehr als das Doppelte kosten", sagt sie.
Aus diesem Grund konnte angesichts der bis zu 3000 Euro Kosten pro Monat auch die Januar-Miete nicht beglichen werden. "Dank einer verständnisvollen und geduldigen Vermieterin bedeutet dies aber im Augenblick noch kein Problem", sagt Hördt. Deshalb stelle auch die Anmietung der zusätzlichen Räume kein unkalkulierbares Wagnis dar.
Dennoch benötigt das "Wohnzimmer" für den Umbau dringend schnelle finanzielle Hilfen und fachmännische Unterstützung von außen: Zum Beispiel durch Handwerker oder eine Firma, die beim Durchbruch zur Toilette hilft, sowie Sponsoren, die unbürokratisch einen zinslosen Überbrückungskredit gewähren, bis das Geld wieder fließt. Über den Daumen gepeilt rechnen Hördt und Funke mit Projektkosten von rund 20.000 Euro. Im Fazit geben sich die beiden weiter optimistisch, "obwohl die beiden letzten Jahre nicht immer einfach waren und wir mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hatten". Mittlerweile aber habe man viele der einstigen Skeptiker überzeugen können. "Der Bürgerverein Weinheim-West hat bewiesen, dass er keine Luftschlösser baut und alles Hand und Fuß hatte", so die Vorsitzende Hördt. Aufgeben kommt deshalb weder für Hördt noch für Funke infrage. Ihr Versprechen: "Die Menschen, die zu uns kommen, und ihre Dankbarkeit für unser Angebot sind der Grund, warum wir uns für sie trotz der gegenwärtigen Widrigkeiten den Buckel krumm machen".