Dörfer der Region bedauern Schließung der Sparkassen-Filialen
Doch es gibt auch Verständnis für die Bank

Von Christoph Moll
Region Heidelberg. Die Sparkasse Heidelberg hat angekündigt, bis Ende April 2021 zehn ihrer 55 Filialen zu schließen. Damit reagiert das Kreditinstitut nach eigenen Angaben auf ein verändertes Kundenverhalten – also den Trend, dass die Kunden ihre Bankgeschäfte immer öfter selbstständig im Internet oder am Telefon erledigen. Betroffen sind in der Regel "Kleinstfilialen", die oft nur mit einem Mitarbeiter besetzt sind.
Fünf der zehn Filialen liegen im direkten Heidelberger Umland: Dilsberg, Heiligkreuzsteinach, Lobenfeld, Mauer und Wiesenbach. Diese Orte soll nun ein "Sparkassenbus" anfahren., in dem Bankdienstleistungen angeboten werden – von der Versorgung mit Bargeld bis zur Beratung. So fallen die Reaktionen in den Orten aus:
> In Neckargemünd-Dilsberg berichtet Ortsvorsteher Karlheinz Streib, dass er von der Sparkasse "vor vollendete Tatsachen" gestellt worden sei. Die Entscheidung sei schon gefallen gewesen, als man ihn informiert habe. "Ich war überrascht, enttäuscht und auch verärgert", sagt Streib, der selbst seit 60 Jahren Kunde ist. "Es ist ein weiterer Rückschritt für die Infrastruktur des Ortsteils." Die Schließung sei eine "traurige Entwicklung" und offenbar "alternativlos". Der Ortsvorsteher meint, dass der "Sparkassenbus" den Verlust nur etwas mildern könne und eigentlich keine Alternative sei. Es gebe Menschen mit Handicap und ohne Internetanschluss, die auf eine Filiale angewiesen seien. So werde der Bus – anders als die Filiale – wohl nicht barrierefrei sein.
Die Sparkasse habe ihm gesagt, dass nur noch sieben Kunden pro Woche in die Filiale kommen würden, so Streib. Da seien aber sicher nicht jene mitgerechnet, die den Geldautomat benutzen. "Ich sehe jeden Tag Kunden im Vorraum", berichtet er. Und diese kämen nicht nur aus Dilsberg, da es auch in Mückenloch keine Filiale mehr gibt. "Oft treffen sich Bürger dort und plaudern", so Streib. "Es ist auch ein Treffpunkt, der verloren geht." Der Ortschaftsrat will im Januar besprechen, ob – eventuell mit anderen Orten – noch ein letzter Versuch zur Rettung der Filiale gestartet wird. "Ich bin aber äußerst skeptisch", sagt Streib, der zur Zukunft keine Informationen hat. Die nächstgelegene Filiale ist künftig in Neckargemünd.
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> In Heiligkreuzsteinach spricht Bürgermeisterin Sieglinde Pfahl von einer "fürchterlichen Nachricht" und "einem Verlust, der erst einmal total wehtut". Vor einigen Jahren habe die Volksbank schon ihr Personal abgezogen und es sei nur eine SB-Filiale verblieben. Die Ankündigung der Sparkassen-Filialschließung sei nach den Entwicklungen der vergangenen Jahre nicht überraschend gekommen. Man habe gehofft bis zuletzt, aber auch eine Sparkasse müsse wirtschaftlich arbeiten, gibt Pfahl zu bedenken. Sie richtet den Blick nach vorne: "Wir müssen überlegen, wie Serviceleistungen aufrecht gehalten werden können." Da gebe es noch mehr Möglichkeiten als einen Bus. Ihr ist wichtig, dass die Bürger nicht nur zu bestimmten Zeiten Geld holen können.
"Wir sind aber erst ganz am Anfang der Überlegungen", betont Pfahl. "Verwaltung und Gemeinderat werden alles versuchen, die Versorgung der nicht mobilen und nicht digitalisierten Bürger mit Geld zu gewährleisten – auch ohne Personal der Sparkasse." Sie sei zuversichtlich, dass aus der Schließung "eine gute Lösung erwachsen kann". Pfahl erinnert sich an das Aus für den wiedereröffneten Supermarkt. Auch damals habe man gekämpft. "Nun werden wir wieder kämpfen", sagt Pfahl. Was das Gebäude der Sparkasse angeht, hofft Pfahl auf einen nur kurzen Leerstand. Die nächsten Filialen sind künftig in Schönau und Wilhelmsfeld.

> In Lobbach bedauert Edgar Knecht die Schließung der letzten Sparkassen-Filiale des Ortes im Ortsteil Lobenfeld. "Uns gefällt nicht, dass sich die Sparkasse aus der breiten Fläche zurückzieht", sagt der Bürgermeister. "Wir sind alle gar nicht glücklich darüber, dass das Filialnetz so ausgedünnt wird." Die Sparkasse habe ihm die Entscheidung "mit vielen Worten" erklärt, so Knecht. "Bei den Bürgern stößt die Schließung auf Unmut", meint er. "Ich muss mich für etwas rechtfertigen, was ich nicht zu vertreten habe."
Dem Rathauschef ist wichtig, dass die Grundinfrastruktur in der Gemeinde erhalten bleibt. So sei die Schließung der Filiale auch ein Problem für Vereine, die dort mit Wechselgeld für Feste versorgt worden seien. Knecht ist froh, dass die Volksbank dem Ort mit einer Filiale in jedem Ortsteil treu bleibt – jene in Waldwimmersbach zieht sogar ins neue Rathaus mit ein. Die Sparkasse wolle ihr Gebäude verkaufen. Knecht will den Verantwortlichen noch einen Brief schreiben, macht sich aber keine Hoffnung: "Das ist der Lauf der Zeit", meint er. Die nächste Filiale ist künftig in Meckesheim.
> In Mauer ahnte Bürgermeister John Ehret beim Anruf der Sparkasse schon, dass es um "etwas Unangenehmes" geht, wie er erzählt. In diesem Telefonat sei ihm das Ende der Filiale verkündet worden. Auch der Sparkasse sei die Entscheidung nicht leicht gefallen, so Ehret. Die Wirtschaftlichkeit sei aber nicht mehr gegeben und die Kundenfrequenz sei "extrem niedrig" gewesen. Ehret kann die Entscheidung nachvollziehen, findet es aber schade, dass auch der Geldautomat wegkommt. Aber dessen Betrieb sei wohl sehr kostspielig und so teuer wie der Betrieb einer Filiale. Viele Bürger würden die Schließung bedauern.
Die Nachnutzung für das Gebäude der Sparkasse sei noch unklar. Ehret hofft, dass zumindest der Geldautomat dort bleiben kann – auch wenn durch das Zahlen "mit Karte" immer weniger Bargeld benötigt werde. Der Bürgermeister geht nun davon aus, dass die Bürger mit den Füßen abstimmen. Die Volksbank habe eine Filiale am Ort. Den "Sparkassenbus" sieht Ehret kritisch. Die nächsten Filialen sind künftig in Meckesheim und Bammental.
> In Wiesenbach spricht Bürgermeister Eric Grabenbauer von "einem großen Verlust für eine Gemeinde", wenn eine Bank schließe. "Es ist ein Schlag für den ländlichen Raum", meint er. Dies sei die eine Seite der Medaille. Die andere sei, dass auch eine Bank ein Wirtschaftsunternehmen sei. "Wenn keiner mehr kommt, gibt es ein Problem", sagt er. Die Wiesenbacher Filiale sei noch eine der stärker frequentierten gewesen – und trotzdem hätten sich nur noch ein paar Kunden in der Wochen dort beraten lassen und Serviceleistungen genutzt. In Zeiten des Internetbanking würden immer weniger Kunden Bankfilialen benötigen.
"So sind eben die Zeiten", sagt Grabenbauer. Die Bargeldversorgung sieht er schon dadurch gesichert, dass inzwischen auch in Supermärkten Auszahlungen vom Konto erfolgen können. "Ohnehin braucht man ja fast kein Bargeld mehr", so der Bürgermeister. Die "fahrende Filiale" sei wenigstens ein kleiner Ersatz und auch die Volksbank sei vor Ort. Wegen des Gebäudes sei die Gemeinde mit der Sparkasse "im Gespräch". Die nächsten Filialen sind künftig in Bammental und Neckargemünd.