"Ganze Region wird von der Sparkasse abgehängt"
Zehn Filialen schließt die Sparkasse Heidelberg bis April 2021, drei rund um Wiesloch - Bürgermeister verärgert über die Geschäftspolitik

Von Timo Teufert
Malsch/Rettigheim/Horrenberg. Während die Sparkasse Heidelberg sich in der Heidelberger Bahnstadt gerade eine neue Firmenzentrale bauen lässt, die 2022 bezogen werden soll, werden auf dem Land zehn Filialen bis Ende April 2021 geschlossen. Drei dieser zehn Filialen liegen im südlichen Rhein-Neckar-Kreis, wo sich Kunden nun auf deutlich längere Wege einstellen müssen, wenn sie Bargeld abheben möchten oder sich beraten lassen wollen. Laut Sparkassenvorstand Rainer Arens erfolgten die Schließungen nicht aus Kostengründen, sondern weil die Kunden die Standorte zu wenig nutzten. Stattdessen soll nun ein Sparkassenbus die Dienstleistungen vor Ort anbieten. Die genauen Standorte, die angefahren werden sollen, stehen aber noch nicht fest.

Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden sind enttäuscht vom Vorgehen der Sparkasse: "Ich bin sehr traurig über diese Entscheidung, denn ich hatte große Hoffnung, dass uns das erspart bleibt", sagt Malschs Bürgermeisterin Sibylle Würfel. Sie habe sich sehr gewünscht, dass zumindest ein SB-Center mit Geldautomat und Kontoauszugsdrucker in Malsch verbleibe, doch dies sei nicht vorgesehen. In Malsch ist eine Bargeldversorgung dann nur noch über die Volksbank möglich, Sparkassen-Kunden müssen weite Wege in Kauf nehmen. Die nächste Niederlassung befindet sich in Zukunft dann in Mühlhausen, denn auch in Rettigheim soll die Zweigstelle geschlossen werden.
Und die einst benachbarte Filiale in Malschenberg fiel schon der letzten Schließungsrunde zum Opfer, als die Bank 2017 insgesamt zwölf Zweigstellen schloss. Der Standort Malschenberg wurde – wie auch Frauenweiler – in ein SB-Center umgewandelt, Schatthausen wurde ganz geschlossen. Hatte die Sparkasse Heidelberg 2014 noch insgesamt 70 Filialen, ging die Zahl seither konstant zurück. Wenn die aktuellen Pläne umgesetzt sind, wird es noch 43 Filialen im Geschäftsgebiet geben.
"Ich hätte gerne das Angebot für meine Bürger erhalten, denn in Malsch gibt es noch viele Möglichkeiten, sein Geld auszugeben. Doch leider habe ich darauf keinen Einfluss", so Würfel. Über die Pläne der Sparkasse hatte man die Bürgermeisterin lediglich kurz vor einem Pressetermin in Kenntnis gesetzt: "Die Politik, die hinter den Schließungen steht, ist nicht meine", sagt Würfel. Man erfahre nun am eigenen Leib die Auswirkungen durch die Niedrigzins-Phase. Die Sparkasse war in Malsch erst vor sieben Jahren in neue Räumlichkeiten in der Hauptstraße 82 umgezogen, die von Vorstand Rainer Arens damals miteröffnet wurden.
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"Ich finde es sehr schade, dass sich die Sparkasse Heidelberg aus der Fläche zurückzieht und nur noch auf größere Filialen fokussiert", erklärt Mühlhausens Bürgermeister Jens Spanberger auf RNZ-Nachfrage. Besonders ärgerlich sei diese Geschäftspolitik für ältere Menschen, die nicht so mobil seien. "Für den Ortsteil Rettigheim und für den Ortskern dort ist diese Entscheidung ein herber Schlag, ich finde das sehr bedauerlich", so Spanberger. Weil die Sparkasse einen Versorgungsauftrag für Bargeld habe, hoffe er zumindest, dass die SB-Geräte in Rettigheim verbleiben: "Das wäre zwar auch schlimm, weil die Filiale trotzdem geschlossen wird, aber vertretbar", erklärt der Bürgermeister. Er verweist auf die Lage von Malsch und Rettigheim direkt an der Kreisgrenze: Hier gebe es zwar viele Beziehungen in den Landkreis Karlsruhe, doch dort habe eben eine andere Sparkasse ihr Geschäftsgebiet. "Eine ganze Region wird hier von der Sparkasse abgehängt", so Spanberger.

Auch im Südosten des Geschäftsgebiets dünnt die Sparkasse weiter aus: Kunden aus Horrenberg und Balzfeld müssen künftig entweder in die SB-Filiale nach Tairnbach oder in die Geschäftsstelle nach Dielheim. "Für uns wäre es schön gewesen, einen Geldautomaten vor Ort zu behalten", sagt Bürgermeister Thomas Glasbrenner. Doch das will man bei der Sparkasse offenbar nicht: "Ich wurde am letzten Montag telefonisch darüber informiert, dass die Filiale in Horrenberg geschlossen wird", berichtet der Bürgermeister. "So etwas am Telefon zu erfahren, hat mich schon getroffen." Dabei wäre es aus seiner Sicht wünschenswert gewesen, vorher von der Bank informiert und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. "Bei der Post haben wir ja auch eine Möglichkeit gefunden. Doch diese Chance hat es bei der Sparkasse gar nicht gegeben", so Glasbrenner. Ihm fehle die gemeinsame Erörterung im Vorfeld.
Man habe ihm mitgeteilt, dass im Schnitt nur zwei Kunden pro Wochen in der Horrenberger Zweigstelle waren. "Das kommt mir schon sehr wenig vor", sagt Glasbrenner. Allerdings habe zum Frequenzrückgang sicher auch beigetragen, dass die Öffnungszeiten vor zwei Jahren drastisch reduziert wurden: In Horrenberg war nur noch drei Mal die Woche vormittags geöffnet und einmal am Nachmittag. Sollte nun der Sparkassenbus nach Horrenberg kommen, habe er die Verantwortlichen gebeten, auch Balzfeld anzufahren.
Mit den Schließungen reagiert die Sparkasse nach eigenen Angaben auf den Trend, dass die Kunden ihre Bankgeschäfte immer öfter selbstständig online oder am Telefon durchführten. Auch Ältere nutzten zunehmend die Internetfiliale oder das Telefonbanking. 80 Prozent der Geschäftsvorfälle würden digital vom Kunden selbst ausgeführt, die Kundenfrequenz in den stationären Filialen gehe parallel deutlich zurück. Bei der Bilanzpressekonferenz 2019 – auf der ein Rekordergebnis mit einem Jahresüberschuss von sechs Millionen Euro verkündet wurde (die Bilanzsumme stieg um 4,3 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro) – hatte das noch ganz anders geklungen: Vorstand Stefan Beismann sprach davon, dass sich die Kundenfrequenzen stabilisiert hätten. "In unserem Gesamtkonzept sehen wir die Filiale als Plus, als Chance", betonte Beismann damals. Vollmundig verkündete er bei der Pressekonferenz: "Wir planen keine wesentlichen Veränderungen am Filialnetz und ziehen uns nicht aus Orten zurück." Schließungen seien nicht geplant, stattdessen investiere die Bank in die Modernisierung. "Wir wollen die Filialen mit in die Zukunft nehmen."