Clubs bekommen etwas Hilfe
Entscheidung des Gemeinderats: Betreiber können für ihre Miete ein zinsloses Darlehen beantragen

Archiv-Foto: Kresin
Heidelberg. (hob) Statt Zuschüssen gibt es jetzt ein zinsloses Darlehen: In seiner letzten Sitzung hat der Gemeinderat den Weg freigemacht, um den Heidelberger Clubs während der Corona-Krise wenigstens ein bisschen unter die Arme zu greifen. Während den großen Veranstaltungshäusern wie der Halle 02 und dem Karlstorbahnhof, die städtische Gebäude angemietet haben, ihre Pacht für sechs Monate erlassen wird, gingen die privaten Clubs wie das Cave 54 oder die Tangente in der Altstadt bisher leer aus.
Mit der jüngsten Entscheidung ist diese Ungleichbehandlung etwas abgeschwächt worden. Die privaten Clubbetreiber können bei der Stadt ein zinsloses Darlehen beantragen, damit sie im Zeitraum von März bis August ihre Miete zahlen können. Die Summe pro Betrieb ist aber auf maximal 15.000 Euro beschränkt. Die genauen Bestimmungen des Förderprogramms müssen noch ausgearbeitet werden. Daher ist eine Antragstellung aktuell noch nicht möglich. Die Stadt teilte mit, dass der genaue Zeitpunkt und die Rahmenbedingungen noch bekannt gegeben werden.
Hintergrund
Die "Club-Definition" aus der Analyse "Die Clubszene in Heidelberg" des Geografischen Instituts der Uni Heidelberg:
"Typologie von Musikspielstätten
Angesichts der Vielfältigkeit von Begrifflichkeiten, Formaten und
Die "Club-Definition" aus der Analyse "Die Clubszene in Heidelberg" des Geografischen Instituts der Uni Heidelberg:
"Typologie von Musikspielstätten
Angesichts der Vielfältigkeit von Begrifflichkeiten, Formaten und Musikveranstaltern war es Ziel der Studie, eine allgemeine Typologie von Musikspielstätten zu entwickeln, auf deren Grundlage eine transparente Erhebung und Kartierung des Clubangebots erfolgen konnte. Ausgangspunkt der Begriffsklärung ist der Ansatz der Live Musik Kommission, des Bundesverbands der Musikspielstätten in Deutschland (LiveKomm). Demnach ist ein Musikclub ein Ort musikalischer Prägung mit mindestens 24 Konzerten pro Jahr unter dem U-K Tarif, mit maximal 2.000 Zuschauern und maximal 1.000 qm Fläche. Musikclubs sind der populären Musik gewidmet, wie Rock, experimentelle Popmusik, elektronische Musik und Jazz, die von Menschen auf der Bühne gespielt wird. Ausgehend von dieser Bestimmung sind drei Kriterien zur Abgrenzung von Clubs bedeutsam:
Größe: Als Clubs gelten nur solche Musikspielstätten, die in ihrer Fläche (1.000 qm) und Besucherzahl (2.000 Besucher) auf ein gewisses Maß beschränkt sind. Damit grenzt sich der Clubbegriff von Großveranstaltungen wie z. B. Festivals oder großen Veranstaltungsorten wie z. B. Musikarenen ab, die von vielen tausend Gästen besucht werden (Abbildung 1, horizontale Achse).
Musikalische Prägung: Als Clubs gelten solche Musikspielstätten, die dem musikalischen Programm eine größere, mindestens aber die gleiche Bedeutung zuweisen, wie dem sonstigen, meist gastronomischen Angebot (Hamburg 2010). Dies äußert sich u. a. in einem kuratierten Musikprogramm sowie regelmäßigen Konzertveranstaltungen. Das Kriterium der Regelmäßigkeit wird jedoch unterschiedlich konkretisiert (Abbildung 1, vertikale Achse). Während das Bundes-Gaststättengesetz (GastG) bei mehr als 12 Konzerten pro Jahr die Regelmäßigkeit erkennt, geht die LiveKomm in ihrer Definition von mehr als 24 Konzerten pro Jahr aus.
DJ-Performances: Neben Livemusikkonzerten bestimmen vor allem in den Augen des Publikums DJ-Performances einen zunehmend wichtigen Teil des Musikprogramms. Sie gelten dann als künstlerisch im Sinne der Live-Aufführung, wenn die Musik das Ergebnis ihrer Musikauswahl und ‚Mix-Techniken’3 an den Plattenspielern und Mischpulten ist (Reitsamer 2013).
Die Anwendung dieser Kriterien erlaubt eine präzise Definition und transparente Unterscheidung von drei Typen von Clubs im weiteren Sinne: Musikclubs sind jene Musikspielstätten, die mindestens 24 Livekonzerte inklusive künstlerischer DJ-Performances veranstalten und die genannte Größengrenze nicht überschreiten. Demgegenüber sind Clubs diejenigen Musikspielstätten, die mehr als 12 aber höchstens 24 Konzerte veranstalten. Schließlich bezeichnen Musikspielstätten ohne Livemusikcharakter all diejenigen Veranstalter, die ein erkennbares musikalisches Profi l aufweisen, das jedoch eher unregelmäßig Livemusikveranstaltungen umfasst. Alle weiteren Veranstalter (z. B. Bistros, Cafés, Restaurants), die kein ausgewiesenes musikalisches Profi l haben und bei denen der Schwerpunkt auf dem gastronomischen Angebot liegt, sind als Gaststätten nicht Teil der Clubs."
Nur die Clubs, die laut Definition des Geografischen Instituts durch ihr Betriebskonzept "maßgeblich zur Heidelberger Nachtökonomie" beitragen, sollen die neue Förderung erhalten. Und es gibt weitere Bedingungen: Die wirtschaftliche Existenz des Betriebs muss von Musikveranstaltungen und Tanz abhängig sein. Das zinslose Darlehen kann zudem nur beantragt werden, wenn der Vermieter die Pacht nicht bereits erlassen hat und wenn der Club nicht bereits bekannt gegeben hat, dass er seinen Betrieb einstellen möchte. Unter diesen Voraussetzungen rechnet die Stadt damit, dass zehn Betriebe in den Genuss des Hilfspaketes kommen werden. Das Gesamtvolumen wird daher mit 150.000 Euro beziffert. Unter den Nutznießern könnten zum Beispiel die drei Heidelberger Altstadt-Clubs – das Cave 54, die Tangente und der Club 1900 – sein, aber auch das Jazzhaus und die Breidenbach Studios könnten gemäß der Definition des Geografischen Instituts von dem zinslosen Darlehen profitieren.
"Die Clubs müssen nach der aktuellen Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg weiterhin geschlossen bleiben", begründet die Stadt das Hilfsprogramm. Das führe zu Einnahmeverlusten und existenziellen finanziellen Nöten. Die Stadt setze mit der Wirtschaftsoffensive aktuell bereits ein umfangreiches Hilfspaket um, mit dem Betriebe in der Stadt auf breiter Linie unterstützt werden.
Die Fraktion der Linken konnte sich im Gemeinderat nicht durchsetzen. Ihr Antrag sah einen Nothilfefonds für Clubs- und Veranstaltungshäuser vor: Für jedes abgesagte Konzert sollten die Betriebe zwei Euro pro zu erwartendem Gast bekommen.