Weinheim

Für die Kulturgemeinde fällt der Vorhang

Stadt will Theater- und Kammermusikangebot übernehmen - Klare Mehrheit im Kulturausschuss dafür - Anpassungen sollen Angebot erhalten

09.07.2020 UPDATE: 10.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden
Ende und Neubeginn: Der Kulturausschuss hat den Weg zur Auflösung der Kulturgemeinde geebnet. Dennoch wird es wohl weiter Theater und Kammermusik in der Stadthalle geben. Die Organisation wird aber unters Dach der Stadt geholt, sofern auch der Gemeinderat zustimmt. Foto: Kreutzer

Weinheim. (cis) "Für die Kulturgemeinde beginnt der Grabgesang." Ganz so dramatisch, wie es Günter Bäro (Freie Wähler) in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses am Mittwoch beschrieb, war es zwar nicht. Doch letztlich hat das Gremium den Weg frei gemacht für die Auflösung des Vereins. Dessen Angebot, das auf der einen Seite Theaterveranstaltungen und auf der anderen Seite Kammermusikkonzerte umfasst, soll unter das Dach der Stadt geholt werden.

"Dieser Gang ist mit Synergien verbunden", verwies Martin Grieb, Geschäftsführer der Kulturgemeinde, auf die geplante Anbindung an das Kulturbüro. Verbunden damit ist eine Konzeptüberarbeitung. So sollen "Sonderveranstaltungen" das Programm ergänzen, zusätzlich sehen die Beteiligten Möglichkeiten für einen Schwerpunkt mit Seniorenausrichtung und den Aufbau eines Schultheaters. Im Bereich des Tourneetheaters soll es eine Reduzierung der Abo-Ringe von vier auf zwei geben, was eine Halbierung der Vorstellungen von bisher 20 auf zehn bedeutet. Neu hinzu käme das "Konzert-Abo" für Freunde der Kammermusik. Festhalten will man an den Kindervorstellungen. Auf der Agenda steht aber insbesondere das Halten der rund 600 Abonnenten.

Hinter dem Konzept steht auch der Wunsch nach Einsparungen. Das Kosten-Einnahmen-Verhältnis hat die Kulturgemeinde in den letzten Jahren in eine finanzielle Schieflage gebracht. Modernisierungen wie der Online-Ticketverkauf, das Einführen von Wahl-Abos oder das gezielte Ansprechen von Schulen zur Akquise von Zuschauernachwuchs fruchteten nicht. Zuletzt konnte der Verein das Programm nicht mehr ohne Anpassungen auf der städtischen Zuschussseite stemmen. "Ich wünsche mir, dass wir das Genre erhalten können", verdeutlichte Martin Grieb den Entschluss der Verantwortlichen, an diesem Punkt auf die Stadt zuzugehen.

In den Gesprächen der letzten Monate, so sagte es Manuel Just, war die Sicherstellung des Angebots das Ziel – allerdings vor dem Hintergrund der finanziellen Machbarkeit. Die Reduzierungen der Vorstellungen wie auch Personaleinsparungen schlagen sich positiv in den Kosten nieder. Die wurden dem Kulturausschuss in einer detaillierten wie umfassenden Auflistung dargestellt.

Zwar greift in diesem Finanzkonstrukt teils die Verteilung von "rechte Tasche, linke Tasche" – zum Beispiel stellt die Miete für die Stadthalle zugleich Kosten wie Ertrag dar –, jedoch war der Kämmerei eine Komplettdarstellung der Be- wie Entlastungen in den nächsten Jahren wichtig. Danach muss laut dem überarbeiteten Konzept mit Kosten von 322.600 Euro pro Spielzeit inklusive der Personalkosten gerechnet werden. Das gilt ab dem Haushalt 2022. Für das Haushaltsjahr 2021 müssten für die Durchführung der halben Spielzeit 2021/22 Mittel in Höhe von 110.300 Euro – exklusive Personalaufwand – eingeplant werden. Dem gegenüber steht eine Einnahmeerwartung von 121.000 Euro. "Wir waren in der Ergebnisbewertung bewusst sehr konservativ, um keine zu hohen Erwartungen zu schüren", begründete der OB den Betrag, den die SPD als zu gering angesetzt sah.

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Nach dieser Rechnung bliebe ein Zuschuss von 201.000 Euro. Allerdings entfallen im Fall einer Überführung des Theaterangebots unter das Dach der Stadt die bisher an die Kulturgemeinde gezahlten Zuschüsse von 190.000 Euro für den Betrieb sowie 40.000 Euro für die Stadthallenmiete. Das Engagement der Kulturgemeinde erhielt dankende Stimmen. Diese habe den Menschen Freude bereitet und die Kultur bereichert, hieß es seitens der SPD. Die Freien Wähler betonten, dass das Angebot geschätzt sei. Fraktionsübergreifend erhielten die Pläne der Aufrechterhaltung des Theater- wie Kammermusikprogramms daher großen Zuspruch.

Lediglich Thomas Gölz (CDU) tat sich vor dem Hintergrund des Corona-gebeutelten städtischen Haushalts schwer. Er befürwortete den generellen Erhalt des Angebots, verweigerte aber seine Zustimmung zu den Haushaltsmitteln 2021. Mehrheitlich hieß die Empfehlung an den Gemeinderat dennoch, das Angebot der Kulturgemeinde zu übernehmen und entsprechende Gelder für 2021 und darüber hinaus einzuplanen.

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