Kreistag beschließt weitere Kliniken-Konzentration
Geschäftsführer Frank Hehn sieht Krankenhäuser auf Kurs - Maßnahmenplan modifiziert

Von Alexander Rechner
Mosbach/Buchen. Die Bedeutung der Neckar-Odenwald-Kliniken hat der Kreistag stets mit Worten und mit Taten gewürdigt. Im Januar hatte das Gremium mit großer Mehrheit die Umsetzung des Maßnahmenpakets zur Eindämmung der Millionenverluste beschlossen. In der jüngsten Sitzung am Montagabend in Dallau befassten sich die Kreisräte erneut mit dem Sorgenkind. Mehrheitlich (bei vier Enthaltungen der grünen Kreisfraktion) folgten sie dabei der Empfehlung von Verwaltung und Chefärzten, die sich unter anderem für die Konzentration der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie zum 1. Januar kommenden Jahres in Mosbach ausgesprochen hatten. Überdies wird der Schockraum am Buchener Krankenhaus geschlossen. Künftig wird es nur einen Schockraum für den Kreis geben.
Hintergrund
Geburten gingen zurück
Die Schließung der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Standort Mosbach der Neckar-Odenwald-Kliniken sorgte für reichlich Gesprächsstoff. In seiner März-Sitzung beschloss der Kreistag dann die Zusammenlegung der zwei
Geburten gingen zurück
Die Schließung der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Standort Mosbach der Neckar-Odenwald-Kliniken sorgte für reichlich Gesprächsstoff. In seiner März-Sitzung beschloss der Kreistag dann die Zusammenlegung der zwei Abteilungen in Buchen. Ursprünglich sollte die komplette Abteilung Ende April in Mosbach ihre Türen schließen und in Buchen konzentriert werden, jedoch wurde die Geburtshilfe schon zum 20. April, der Bereich der Gynäkologie zum 1. Mai in Buchen zentralisiert.
Kliniken-Geschäftsführer Frank Hehn gab nun in der jüngsten Kreistagssitzung in Dallau die Anzahl der Geburten im ersten Halbjahr 2020 bekannt. Demnach erblickten an den Neckar-Odenwald-Kliniken bis Ende Juni dieses Jahres 455 Babys das Licht der Welt (in Buchen waren es 308, in Mosbach 147). Im Vergleich dazu wurden in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres 533 Babys geboren. "Das ist ein Rückgang von 78 Geburten", verdeutlichte Hehn. Dennoch stimmt die Zunahme an Entbindungen und ein deutlicher positiver Trend in Buchen in den Monaten Mai und Juni den Geschäftsführer zuversichtlich. So wurden im Mai 58 Babys geboren (2019 waren es noch 39), und im Juni gab es 66 Entbindungen (2019: 46). Ein Anstieg um 39 Geburten. Zudem hob er ausdrücklich die große Resonanz bei der ersten virtuellen Informationsveranstaltung der Geburtshilfe hervor. (ar)
Darüber hinaus soll zum Jahreswechsel 2020/2021 die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie weitgehend in Buchen konzentriert werden. In Mosbach sollen jedoch zumindest vorübergehend auch über diesen Zeitraum hinaus fünf bis sieben Betten auf einer Station verbleiben – das ist eine Modifikation gegenüber dem ursprünglichen Plan. Hingegen soll die Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie nun frühestens Ende 2021 von Buchen nach Mosbach umziehen; sie bleibt aber ein Bestandteil des Maßnahmen- und Strukturplans.
Die grüne Kreistagsfraktion hatte zuvor einen Antrag eingebracht, in dem sie forderte, die Klinikumstrukturierungen in einem Ausschuss vorzuberaten. Die Verwaltung sah aber keinen Grund, die Beschlussfassung zu vertagen. Die Mehrheit der Kreisräte folgte dem Vorschlag der Verwaltung und lehnte den Antrag ab.
Die Frage, ob die beiden Krankenhäuser dauerhaft in kommunaler Trägerschaft bleiben, wurde zwar in der Sitzung nicht diskutiert, aber die Kliniken befinden sich derzeit auf Kurs, wie Geschäftsführer Frank Hehn ausführte. "Wir sind im Plan", sagte er und meinte damit, dass die Verluste bis Ende Juni nicht über die vorgegebene Grenze von 4,5 Millionen Euro steigen werden.
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"Es ist sehr realistisch, das tatsächlich zu erreichen", unterstrich Hehn, der auf das Mai-Ergebnis verwies. In diesem Monat haben die Neckar-Odenwald-Kliniken mit 577.795 Euro abgeschlossen – intern waren 675.000 Euro geplant. Derzeit stelle man das Zahlenmaterial zusammen, damit die Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers prüfen und dem Kreistag in seiner kommenden Sitzung Ende Juli eine belastbare Bewertung geben können.
Landrat Dr. Achim Brötel bat, das Gesamtkonzept "mit Kräften zu unterstützen". Besonders lobte er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Kliniken, die in Zeiten von Corona "eine sensationelle Arbeit" leisteten.
Hintergrund
Die Stellungnahmen der Kreistagsfraktionen
Die Kreistagsfraktionen bezogen in der Sitzung am Montagabend in Dallau Stellung zu dem Zukunftskonzept für die Neckar-Odenwald-Kliniken und den auf dem Tisch liegenden Zentralisierungen.
Die Stellungnahmen der Kreistagsfraktionen
Die Kreistagsfraktionen bezogen in der Sitzung am Montagabend in Dallau Stellung zu dem Zukunftskonzept für die Neckar-Odenwald-Kliniken und den auf dem Tisch liegenden Zentralisierungen.
CDU: Obmann Rainer Houck freute sich, dass sich die Kliniken so intensiv mit der Neustrukturierung auseinandergesetzt und die Umsetzung so vorbereitet haben, dass alle möglichen Verbesserungen im medizinischen wie im kaufmännischen Bereich zum Tragen gebracht werden. So könnten die Kliniken in eine gute und wirtschaftlich leistbare Zukunft geführt werden. Die Tatsache, dass bei der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie gerade nicht der vollständige Umzug nach Buchen vorgeschlagen wurde, macht aus seiner Sicht deutlich, dass man Chancen und Risiken "intensiv gegeneinander abgewogen" habe und nach dem besten Konzept für die optimale Versorgung der Patienten gesucht worden sei. Dennoch hält es Houck für wichtig, die Entwicklung in der an beiden Standorten vertretenen Abteilung weiter zu beobachten und gegebenenfalls Nachsteuerungen vorzunehmen. Die CDU-Fraktion stimmte der Empfehlung zu.
Freie Wähler: Die Fraktion hält an der grundsätzlichen Fortsetzung des Maßnahmenplans fest, unterstrich Volker Rohm. Die Freien Wähler folgten den Empfehlungen. Zumal die Kliniken trotz Corona auf Kurs seien. "Zumindest, was die Kosten und die maximal tolerierbaren Verluste betrifft." Man dürfe sich nicht wundern, dass der Zeitplan angesichts der Corona-Pandemie nicht aufrecht zu erhalten sei. Jedoch seien der Maßnahmenplan und die strukturellen Änderungen, soweit möglich, angelaufen und in der Umsetzung. Und das "zum Wohl und zum Erhalt der bestmöglichen Versorgung unserer Bevölkerung durch ein Haus an zwei Standorten unter kommunaler Trägerschaft." Die Einhaltung der Defizitvorgaben zeige, dass der Weg der richtige sei.
SPD: Georg Nelius war erleichtert, dass die Entwicklung der Rechnungsergebnisse eine von vielen ins Auge gefasste Privatisierung ausschließe. Jedoch: "Die Umstrukturierungsmaßnahmen, die bisher vollumfänglich die Gynäkologie und Geburtshilfe getroffen haben, konnten nicht zu diesen Ergebnissen beitragen", meinte Nelius. Die SPD hofft, dass es mit dem neuen Konzept gelingt, die Wirtschaftlichkeit der Kliniken weiter zu verbessern, die Auslastung des Mosbacher Krankenhauses zu steigern, das Angebot für die Menschen interessanter zu machen und die Ängste bei Teilen des Personals im Mosbacher Krankenhaus zu nehmen. "Das befürchtet, die Umstrukturierung der Kliniken diene der Vorbereitung der Schließung des Mosbacher Standorts", sagte er weiter. Darüber hinaus forderte er, einige Gynäkologie-Betten in Mosbach zu schaffen.
Grüne: Die Gründe, warum sich die grüne Fraktion in der Abstimmung enthielt, hatte zuvor Gabi Metzger dargelegt. Die Bedenken der Grünen seien vor allem hinsichtlich der Beurteilung der finanziellen Auswirkungen der Umstrukturierung nicht ausgeräumt. "In der Vorlage zur heutigen Sitzung wurde schon umrissen, dass das Konzept nicht eins zu eins umgesetzt wird", sagte Metzger. Die Modifikationen würden mit der "Erlösseite" begründet. Dies sei übrigens genau der Bereich, auf den die grüne Aufsichtsrätin Simone Heitz bei der gesamten Diskussion um die Umstrukturierung schon immer hingewiesen habe. So konnten auch die Informationen vonseiten der Klinikverantwortlichen die Bedenken der grünen Fraktion nicht ausräumen.
AfD: Für die Fraktion sei eine wohnortnahe medizinische Versorgung zum Wohl der Bevölkerung wichtig, unterstrich Kreisrat Tobias Eckert in seiner Stellungnahme. Darüber hinaus sah er die vorgebrachten Argumente und Darlegungen bei den zu beschließenden Klinikthemen als "plausibel" an und signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion. (ar)
Die Details des Konzepts, das eine Zusammenlegung der Orthopädie und Unfallchirurgie in Mosbach vorsieht, stellte Chefarzt Dr. Bernd Gritzbach vor. Der Mediziner war davon überzeugt, dass man mit dieser Konzentration wirtschaftlicher werden könne. Die Klinik werde mit der Konzentration für die Patienten noch attraktiver. Ein besonderer Aspekt in seinen Ausführungen war die Akquise von "gutem jungem Nachwuchs". Daran kranke es nämlich derzeit noch sehr, betonte er. Deshalb würden auch Honorarärzte benötigt, die wiederum den Haushalt finanziell belasteten.
Trotz der Konzentration in Mosbach soll in Buchen unter der Woche die Versorgung kleinerer Verletzungen wie Platzwunden oder Prellungen möglich bleiben. Zudem sei dort eine orthopädische und unfallchirurgische Sprechstunde vorgesehen. Dr. Gritzbach ist ferner davon überzeugt, dass die Wirbelsäulenchirurgie nach Mosbach gehöre. Im Vorgriff darauf soll Anfang 2021 in Mosbach eine wirbelsäulenchirurgische Sprechstunde eingerichtet werden.
Eigentlich war im Maßnahmenplan bei der Allgemein- und Viszeralchirurgie eine Schließung aller stationären Betten am abgebenden Standort (also Mosbach) vorgesehen. Jedoch habe sich im Zuge der Feinplanung eine Modifizierung des ursprünglichen Konzepts ergeben. Chefarzt Dr. Thomas Hüttenhain schlug daher einen zumindest vorübergehenden teilweisen Erhalt der Strukturen in Mosbach auch über den 1. Januar 2021 hinaus vor. Einfache Operationen wie Blinddarmresektionen blieben in Mosbach, unterstrich er. Außerdem soll es dort weiterhin allgemein- und viszeralchirurgische Sprechstunden geben.



