Polizeigesetz in Teilen verfassungswidrig?

"Nicht zu rechtfertigender Eingriff"

Ein Juristisches Gutachten hat verfassungsrechtliche Bedenken beim neuen Polizeigesetz.

25.05.2020 UPDATE: 26.05.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 8 Sekunden
Innenminister Thomas Strobl (CDU). Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Die geplante Reform des baden-württembergischen Polizeigesetzes könnte in Teilen verfassungswidrig sein. Das geht aus einer Stellungnahme der "Gesellschaft für Freiheitsrechte" (GFF) hervor, die Aspekte des Entwurfs auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geprüft hat. Die GFF, die auch eine noch offene Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das aktuelle Polizeigesetz betreibt, ist neben weiteren Organisationen im Rahmen eines Anhörungsverfahrens an dem Gesetzgebungsprozess beteiligt.

Einige Regelungen der Novelle von Innenminister Thomas Strobl (CDU), auf die sich die grün-schwarze Regierungskoalition im März nach langen Verhandlungen geeinigt hatte, seien "verfassungsrechtlich bedenklich", teilte die GFF mit. Im Einzelnen rügt die Organisation den vorgesehenen Einsatz von Bodycams in Innenräumen. Auch Regelungen zu Personenkontrollen und -durchsuchungen bei Veranstaltungen seien problematisch, ebenso neue Vorschriften zur polizeilichen Verarbeitung personenbezogener Daten.

Autoren der 19-seitigen Stellungnahme sind der GFF-Syndikusanwalt Bijan Moini und der externe Jurist Christian Ollig. Über den von Grün-Schwarz vorgesehenen Einsatz von Bodycams, also von Polizisten am Körper getragenen Kameras, in Privatwohnungen schreiben sie: "In der Vorschrift liegt ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung." Die Pläne würden "den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Ermächtigungsgrundlage für Bodycam-Einsätze in Wohnungen nicht gerecht". Auch Bestrebungen zum Filmen in gewerblich genutzten Räumen überstiegen "die Grenze des verfassungsrechtlich zulässigen Maßes".

Vorgesehene neue Ermächtigungen der Polizei zu Kontrollen und Durchsuchungen von Bürgern bei Veranstaltungen seien zu weit gefasst und "verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen". Ebenfalls zu weit gingen Vorschriften, die regeln sollen, ob Personen, die möglicherweise eine Straftat begehen könnten, von der Polizei überwacht werden dürfen.

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Die Koalition hält an ihrem Vorhaben fest, die Reform bald ins Parlament zu bringen. Strobls Sprecher teilte mit, das Papier der GFF werde ausgewertet. "Wir haben selbstverständlich einen aus unserer Sicht verfassungskonformen Gesetzentwurf vorgelegt", erklärte er.

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