Fähre Neckarhäuserhof

Münzen und Scheine müssen in "Quarantäne"

Wegen Corona: Auf der Fähre zwischen Neckarhäuserhof und Neckarhausen gibt’s eine besondere Variante des "kontaktlosen Bezahlens"

04.05.2020 UPDATE: 05.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden
Sonnenbrille, Mundschutz und Gelddose: Markus Seibert ist für Corona gerüstet. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd/Neckarsteinach. Was inzwischen Pflicht beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr ist, praktiziert Markus Seibert schon seit einigen Wochen: Der Fährmann bedeckt seine Nase und seinen Mund mit einem Tuch, um die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu verringern. Doch das ist längst nicht die einzige Vorsichtsmaßnahme: Neben Handschuhen und Schutz- beziehungsweise Sonnenbrille, hat sich der 43-Jährige aus dem Neckarsteinacher Stadtteil Neckarhausen eine besondere Variante des "kontaktlosen Bezahlens" auf der Fähre überlegt, um sich sowie Frau und Kind vor Viren auf Scheinen und Münzen zu schützen.

"Auf anderen Fähren können die Fahrgäste gar nicht mehr bar zahlen", weiß Seibert, der seit März des vergangenen Jahres als Fährmann zwischen dem Neckarsteinacher Stadtteil Neckarhausen und dem Neckargemünder Ortsteil Neckarhäuserhof pendelt. "Da ich jeden Tag mit mehreren Hundert Fahrgästen zu tun habe, musste ich mir auch etwas überlegen." Eine technische Lösung zum Zahlen mit "Karte" schied aus. Seiberts Lösung: Die Fahrgäste bezahlen das Ticket für die Überfahrt von Hessen nach Baden-Württemberg oder umgekehrt mit Scheinen und Münzen in ein Gefäß. Dieses Geld kommt anschließend für mehrere Tage in "Quarantäne". Seibert verzichtet also auch darauf, am Ende des Tages seine Einnahmen zu zählen. "Es heißt, dass das Coronavirus höchstens zwölf Stunden auf Scheinen und Münzen überlebt", sagt er. "Nach ein paar Tagen ist das Geld garantiert Corona-frei." Dann kann es als Rückgeld zum Einsatz kommen, falls die Fahrgäste das Ticket nicht passend bezahlen können.

Als Gefäß hat der Fährmann anfangs ein leeres Glas "Fährhonig" genutzt, der auf der Fähre von einem Imker angeboten wird. "Doch das ist mir heruntergefallen und kaputtgegangen", erzählt Seibert. Seither nutzt er eine bruchsichere Plastikdose, in der früher Melkfett war. Wenn diese voll ist, wird das Geld in einen Eimer geleert – ebenfalls "kontaktlos". Abends wird die Dose desinfiziert. "Am Anfang haben manche die Vorsichtsmaßnahme nicht ernst genommen", erzählt der 43-Jährige. "Sie haben gesagt, dass sie doch gar kein Corona hätten." Inzwischen würden aber alle das Vorgehen gut finden. "Schließlich will es ja keiner kriegen", so Seibert. Auch sein Kollege Jürgen Rak verfahre nun so.

Auch die Fährmänner bekommen die Coronakrise zu spüren. "Wir haben fast die Hälfte Fahrgäste weniger", erzählt Seibert. So habe man auch weniger Monatskarten verkauft, da viele nun zu Hause arbeiten würden. "Es kommen aber auch jeden Tag neue Fahrgäste und freuen sich, dass wir noch da sind", so der Fährmann. Noch an Ostern sei zwar viel, aber weniger als in den vergangenen Jahren los gewesen. "Ich komme für ein paar Wochen mit weniger Einnahmen klar", sagt Seibert, der in seinen freien Wochen noch als Zimmermann arbeitet und somit ein zweites Standbein hat. "Ich könnte da auch mehr arbeiten." Dass er so einfach an die von der Politik versprochene Unterstützung kommt, glaubt er nicht. "Andere haben es außerdem notwendiger", meint Seibert. "Cafés zum Beispiel haben gar keine Einnahmen."

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Auf der Fähre achten die Fährmänner darauf, dass die Abstandsvorgaben eingehalten werden. "Das ergibt sich aber meist von selbst, da weniger los ist", so Seibert. Oft fährt die Fähre nur mit einem Auto und einem Fahrgast von Ufer zu Ufer. "Die Fähre ist derzeit fast nie voll", so der 43-Jährige, der betont: "Wir fahren nicht nur hin und her, jede Fahrt ist durch Strömung und Beladung anders." Auf der Fähre habe er ohnehin eine Riesenverantwortung, sagt Seibert. Diese ist derzeit wohl noch größer.

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