Doppelt geblitzt?

Blitzer-Anhänger stand in Leimen vor Blitzer-Säule

"Es geht nicht um Gewinnmaximierung" - Stadt: Es gibt nur ein Knöllchen - Attacken mit Brandsatz und Graffiti

19.04.2020 UPDATE: 20.04.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden
Nur etwa 20 Meter trennten den Anhänger und die Blitzer-Säule am Zementwerk. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Leimen. Immer wieder taucht an verschiedenen Stellen der Großen Kreisstadt ein nicht besonders schöner Kasten am Straßenrand auf. Wer sich an das Tempolimit hält, muss sich nicht vor ihm fürchten. Wer aber gerne etwas schneller unterwegs ist, wird ihn verfluchen. Denn mit dem sogenannten "Trailer" – Englisch für Anhänger – jagt die Stadt seit etwa zwei Jahren Temposünder. Besonders für Aufsehen sorgt der Anhänger immer dann, wenn er in der Nähe einer stationären Blitzer-Säule auftaucht – so wie nun in der Rohrbacher Straße. Dann stellt sich die Frage: Wird hier etwa "doppelt" geblitzt?

Mitte der vergangenen Woche hat die Stadt den Anhänger in der Rohrbacher Straße unweit der Blitzer-Säule am Zementwerk platziert. "Es sind mehrere Hinweise aus der Bevölkerung bei uns eingegangen, dass dort zu schnell gefahren wird", berichtet Sebastian Pscholka, der bei der Stadtverwaltung als Abteilungsleiter "Zentrales Ordnungsamt" unter anderem für die Verkehrsüberwachung zuständig ist.

"Im Gegensatz zu den Säulen hat der Anhänger den Vorteil, dass er mobil ist und dort eingesetzt wird, wo es die Kunden wünschen." Wobei "Kunden" in diesem Fall natürlich die Einwohner sind und nicht die ertappten Temposünder. "Manchmal bestätigen sich die Hinweise, manchmal aber auch nicht", so Pscholka. "Es geht um die Anpassung der Geschwindigkeit und nicht um Gewinnmaximierung."

Ob an der aktuellen Stelle derzeit wirklich zu schnell gefahren werde, könne man noch nicht sagen. "Wir beobachten das über ein paar Tage", erklärt Pscholka. Wie lange der Anhänger noch dort bleibt, stehe noch nicht fest. "Je nach Resonanz aus der Bevölkerung", so der Abteilungsleiter.

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Pscholka beruhigt derweil: "Es wird nicht zwei Mal geblitzt." Denn nicht in jeder der sechs Blitzer-Säulen im Stadtgebiet – zwei in der Rohrbacher Straße, zwei im Stadtteil Gauangelloch, eine in St. Ilgen und eine am Rathaus – steckt auch ein Messgerät mit Kamera. Weil diese rund 40.000 Euro kostet, hat die Stadt nur zwei Messgeräte, die abwechselnd in den Säulen im Einsatz sind.

Anders als bei den alten "Starenkästen" sei bei den Säulen von außen nicht zu erkennen, ob gerade ein Messgerät drin ist oder nicht. Insbesondere die Säulen an der Steilstrecke am Ortseingang von Gauangelloch von Gaiberg kommend und am Rathaus hätten sich bewährt, so Pscholka. Dort werde nun viel langsamer gefahren. In der Säule beim Zementwerk sei derzeit kein Messgerät: "Es erhält also niemand zwei Knöllchen", so Pscholka.

Im sozialen Netzwerk Facebook sorgte der "doppelte Blitzer" dennoch für Diskussionen. "Leimen in Geldnot?", fragt ein verärgerter Nutzer. Zwei Blitzer innerhalb von 20 Meter seien eine "Sauerei". "Der Sinn soll wohl sein, die Ortskundigen zu erwischen, die erst kurz vor der Säule bremsen", schreibt ein anderer. Doch es gibt auch "Gegenstimmen": "Ich kenn da einen Trick: sich ans Tempolimit halten", schreibt eine Nutzerin. Eine andere berichtet, dass es an der Rohrbacher Straße "wie auf dem Hockenheimring" zugehe.

Den aktuellen Anhänger hat die Stadt seit etwa Mitte Februar von einem Spezialunternehmen für drei Monate gemietet. Dieser ergänzt weitere mobile Anlagen und wird im ganzen Stadtgebiet eingesetzt – zum Beispiel auch gegenüber von Blitzer-Säulen, um die Gegenrichtung zu erfassen. Auch dies sorge immer wieder für Verwunderung, erzählt der Experte der Stadtverwaltung. Die Daten aus dem Anhänger können übrigens sogar per Funk ausgelesen werden.

Der Anhänger musste übrigens schon mehrere Anschläge verkraften: Erst wurde im März ein Brandanschlag auf ihn verübt. Eine brennende Flüssigkeit beschädigte die Technik im Innern, die aber repariert werden konnte. Und über Ostern wurde der Anhänger mit Graffiti besprüht. Inzwischen sieht er wieder aus wie neu.

Bereits Ende 2018 hatte ein "Trailer" in Leimen für Aufsehen gesorgt: Denn die Stadt jagte die Temposünder am Rathaus nicht nur aus der Säule, sondern auch mit dem Anhänger beim keine 100 Meter entfernten "Gasthaus Krone". Im Gegensatz zu nun war damals aber ein Messgerät in der Säule. Es blitzte also tatsächlich zwei Mal. Trotz des "doppelten Blitzers" gab es aber auch damals nur ein Knöllchen. Der Hintergrund war, dass nach der Installation der Blitzer-Säule Autofahrer zwar in dem verkehrsberuhigten Bereich abbremsten, aber danach prompt wieder Gas gaben.

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