Leimen

Darf die Stadt von privatem Gelände aus blitzen?

Leimener will Bußgeldbescheid nicht akzeptieren - Blitzer-Fahrzeug stand auf Kirchengelände - Verwarnung betrug ursprünglich 15 Euro

15.02.2019 UPDATE: 16.02.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden

Genau hier, auf dem Gelände der evangelischen Kirchengemeinde, stand das Blitzer-Fahrzeug: Andreas Ebner zeigt, wo für ihn das "Unrecht" begann. Die Stadt sieht das anders. Foto: Alex

Von Nicolas Lewe

Leimen-St. Ilgen. Andreas Ebner ist sauer auf die Stadt Leimen. Ausschlaggebend dafür ist ein Vorfall, der sich bereits am 16. Oktober des vergangenen Jahres ereignet hat. Der 55-Jährige wurde geblitzt: Auf Höhe der evangelischen Kirche in St. Ilgen war er anstatt der erlaubten 30 mit 36 Kilometern pro Stunde unterwegs. Wenig später flatterte dem Leimener ein Bußgeldbescheid über 15 Euro ins Haus. Doch nicht diese Forderung der "von der Hand in den Mund lebenden Stadt" erzürnte Ebner, sondern die Tatsache, dass die mobile Blitzanlage auf dem Privatgelände der evangelischen Kirchengemeinde stand.

Und genau darin sieht der 55-Jährige, der nach eigenen Angaben selbst Jurist und für ein Unternehmen aus der Privatwirtschaft als "Allzweckwaffe" tätig ist, einen Verstoß gegen das Beweisverwertungsverbot. "Die von der Stadt beauftragten Personen haben sich auf dem Grundstück der evangelischen Kirchengemeinde verschanzt", legt der 55-Jährige seine Sicht der Dinge dar.

Doch wie er in Erfahrung gebracht haben will, sei dies ohne die Einwilligung der Kirchengemeinde geschehen. "Ich habe davon keine Kenntnis", meint Pfarramtssekretärin Sabine Bahrdo hierzu auf RNZ-Nachfrage und bittet darum, sich zur Klärung des Sachverhalts an die Stadt zu wenden. Sie sei davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter der Stadt das Recht dazu haben. "Sie haben auch ziemlich nah am Gehweg geparkt", fügt die Pfarramtssekretärin hinzu.

Und wie reagierte Andreas Ebner? Er habe den Bußgeldbescheid fristgemäß zurückgesandt und erklärt, dass er die Verwarnung nicht akzeptieren werde. "Ich ging davon aus, dass das Ganze nicht weiter verfolgt würde", sagt der Leimener - doch damit irrte er sich. Denn die Stadt antwortete auf sein Schreiben und begründete die Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheids mit Paragraf 35 der Straßenverkehrsordnung (StVO), der über Sonderrechte Auskunft gibt.

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Die Stadt verweist darauf, dass der Gemeindevollzugsdienst diese Sonderrechte "zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben" - und hierzu gehöre die Geschwindigkeitsmessung - in Anspruch nehmen könne. Die Meinung von Andreas Ebner dazu: "Das Ganze ist schlicht und ergreifend unzutreffend." Der Paragraf 35 sei für diesen Bereich nicht anwendbar, der erneuten Forderung zum Begleichen des Bußgeldbescheids sei er daher "natürlich nicht" nachgekommen.

Die Folge: Wiederum einige Zeit später - um genau zu sein "fünf Tage, bevor die Sache verjährt gewesen wäre", so der 55-Jährige - habe die Stadt ihm den Bußgeldbescheid erneut zugeschickt, nun mit einer Gesamtforderung von 43,50 Euro.

Für Andreas Ebner ist klar: "Der Fall zeigt, in welch desolatem Zustand sich die Große Kreisstadt befindet und welcher Methoden man sich bedient, um die klammen Kassen aufzufüllen." Aus seiner Sicht gebe es nun zwei Möglichkeiten: "Entweder die Stadtverwaltung Leimen lässt das Ganze auf sich beruhen oder sie leitet das an die Staatsanwaltschaft in Heidelberg weiter."

Wie die Stadt Leimen auf RNZ-Nachfrage erklärt, ist man hier keineswegs bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Oberbürgermeister Hans D. Reinwald betont zunächst, dass es sich um ein laufendes Verfahren handele. Er bittet um Verständnis dafür, dass die Stadt deshalb nicht detailliert Stellung zu dem Fall beziehen wolle. Grundsätzlich gelte aber, "dass wir bei Messungen Hoheitsrechte ausüben und zum Beispiel auch auf Gehwegen stehen, wenn sich dies nicht vermeiden lässt." Besondere Bedeutung kommt im aktuellen Kontext der folgende Satz zu: "Wenn wir von einem Privatgelände aus messen, liegt eine Zustimmung des Eigentümers vor."

Bestand von Seiten der evangelischen Kirchengemeinde also doch eine Einwilligung? Stadtsprecher Michael Ullrich spricht auf nochmaliges Nachhaken von einem "Gentlemen’s agreement". Das zuständige Fachamt habe ihm bestätigt, dass es das Einverständnis gibt. Sollte dies zutreffen, dann hätte die Stadt damit ein starkes Argument auf ihrer Seite.

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