Weinheim

Dieser Haushalt ist hart an der Grenze

OB Just und Kämmerer Soballa brachten Haushaltsplanentwurf 2020 ein - Sie rechnen mit einem Minus von 7,1 Millionen Euro

06.12.2019 UPDATE: 07.12.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden
Der Barbarasteg bleibt in Betrieb, die eine Million Euro teure Sanierung wird aber in die Zukunft verschoben. Foto: Kreutzer

Von Philipp Weber

Weinheim. Die Warnung war deutlich: Oberbürgermeister Manuel Just und Stadtkämmerer Jörg Soballa haben die Fraktionen zu Beginn der Etatverhandlungen für das Jahr 2020 dringend aufgefordert, diszipliniert zu haushalten. "Der Haushaltsplanentwurf ist hart an der Grenze der Genehmigungsfähigkeit unterwegs", sagte Just. Letztlich sei die Rechnung nur aufgegangen, weil Soballa und er bei der Unterhaltung von Gebäuden und Straßen sowie beim Personal Einschnitte eingeplant hätten. Den dicksten Batzen des 2,3 Millionen Euro schweren Sparpakets soll der Barbarasteg beitragen: Die rund eine Million Euro teure Sanierung der Radfahrer- und Fußgängerbrücke wird laut Just in die Zukunft verschoben.

Nach Angaben von Kämmerer Soballa schließt der Ergebnishaushalt mit einem Minus von rund 7,1 Millionen Euro. Ordentlichen Erträgen in Höhe von circa 132,9 Millionen Euro stehen ordentliche Aufwendungen in Höhe von fast 140 Millionen Euro gegenüber. Trotz dieses dicken Fehlbetrags kommt der Haushaltsplanentwurf ohne neue Schulden und Steuererhöhungen aus. Im Gegenteil: Durch die gleichzeitige Tilgung von Krediten dürfte die Pro-Kopf-Verschuldung im Laufe des kommenden Jahres sogar von 747 auf 697 Euro sinken. Der Schuldenstand verringert sich auf 31,6 Millionen Euro.

Auch das Handwerk muss sich keine Sorgen machen: Die Verwaltung plant mit Bauinvestitionen in Höhe von 22,5 Millionen Euro, etwa ins Schulzentrum West. Allein hier fließen 6,2 Millionen Euro. Weitere Millionen werden für die Sanierung städtischer Gebäude ausgegeben, zum Beispiel für das Schloss: Hier sind fast 1,3 Millionen Euro fällig. Demnach sind Schuldenabbau, Investitionen und Gebäudesanierungen weiter möglich. Denn die Stadt Weinheim verfügt nach den vergangenen Boomjahren weiter über liquide Mittel (früher: Rücklagen) in beträchtlicher Höhe. "Der voraussichtliche Bestand an liquiden Mitteln zum Jahresbeginn beträgt für 2020 circa 40,07 Millionen Euro", schreiben Just und Soballa im Vorbericht des Haushaltsplanentwurfs.

Hintergrund

> Gesamtbilanz: Die Verwaltung rechnet mit ordentlichen Erträgen in Höhe von 132,9 und ordentlichen Aufwendungen in Höhe von fast 140 Millionen Euro. Damit ergibt sich ein sattes Minus von 7,1 Millionen Euro.

> Einnahmen: Steuern, Steueranteile und Zuweisungen

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> Gesamtbilanz: Die Verwaltung rechnet mit ordentlichen Erträgen in Höhe von 132,9 und ordentlichen Aufwendungen in Höhe von fast 140 Millionen Euro. Damit ergibt sich ein sattes Minus von 7,1 Millionen Euro.

> Einnahmen: Steuern, Steueranteile und Zuweisungen ergeben zusammen 115 Millionen Euro, 2019 waren es 116 Millionen Euro. Bei den Gewerbesteuereinnahmen sieht es 2020 mit 38 Millionen Euro etwas besser aus als 2019 (37 Millionen Euro).

> Personalkosten: Wegen Gehalts- und Besoldungserhöhungen, Investitionen in die Infrastruktur und politischen Entscheidungen zu den Thematiken Klimaschutz und Digitalisierung rechnet die Verwaltung mit höheren Kosten im Personalbereich. 2020 sollen es fast 38 Millionen Euro werden, 2019 waren es noch 36 Millionen Euro.

> Unter die Rubrik Sach- und Dienstleistungen fallen auch Posten wie die 1,3 Millionen Euro für die Schlosssanierung oder fast eine Million Euro für die Lützelsachsener Gelberg-Grundschule. Insgesamt sind es 26 Millionen Euro, 2019 waren es nur 24 Millionen Euro.

> Investitionen: Das 22,5 Millionen Euro schwere Bau-Paket umfasst neben den 6,2 Millionen Euro für das Schulzentrum West auch die fast 1,9 Millionen Euro für neue Betriebsgebäude auf dem Hauptfriedhof oder 1,6 Millionen Euro für die Erschließung der Allmendäcker. (web)

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Die boomende Konjunktur hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die tatsächlichen Etatergebnisse meist deutlich besser abschnitten als in den Haushaltsplanentwürfen prognostiziert. Zumal kommunale Verantwortungsträger aus guten Gründen meist sehr konservativ planen. Allerdings haben die vergangenen Boomjahre auch einen gegenteiligen Effekt: Bei der Bemessung des Finanzausgleichs werden stets die Zahlen aus den unmittelbar zurückliegenden Jahren herangezogen. Vereinfacht ausgedrückt: Wer viel eingenommen hat, bekommt in den Jahren danach weniger Zuweisungen und muss gleichzeitig mehr Umlagen berappen. Dies betrifft nun auch Weinheim.

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Ein anderer Umstand bereitet Kämmerer und OB offensichtlich noch mehr Sorgen: Da Weinheim wohl auch in den kommenden Jahren liquide Mittel verbrauchen muss, dürften die Rücklagen Ende 2023 auf fünfeinhalb Millionen Euro abgeschmolzen sein. Die Stadt Weinheim kann also aller Voraussicht nach nicht bis in alle Ewigkeit mehr Geld ausgeben als einnehmen. So weisen Just und Soballa fast gebetsmühlenartig darauf hin, dass schon der Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr das Ziel der Generationengerechtigkeit klar verfehlt.

Wie sein Vorgänger Heiner Bernhard wies auch OB Just auf zwei mögliche Lösungen für dieses Problem hin: Entweder müsse die Stadt ihre Leistungen deutlich zurückfahren – oder ihre Einnahmen verbessern, indem neue Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Kämmerer Soballa erinnerte zudem daran, dass die Sparbemühungen der vergangenen Jahre kaum gefruchtet hatten. Das Hohensachsener Hallenbad blieb entgegen anderslautender Vorschläge der damaligen Verwaltungsspitze geöffnet. Auch die Reduzierung von Zuschüssen an Einrichtungen wie die Musikschule waren meist sehr kurzlebig und wichen schon wenige Jahre später wieder deutlichen Zuschusserhöhungen, so der Kämmerer. Seine Kernthese: Ist die Geldausgabe-Maschinerie einmal am Laufen, kann sie kaum gestoppt werden.

Dennoch rief Just die Stadträte dazu auf, neben Investitions- auch Sparvorschläge zu machen: "Ich bin davon überzeugt, dass wir das hinbekommen." Der OB sparte aber auch nicht mit kritischen Worten in Richtung Bund und Land. "Die kommunalen Haushalte sind chronisch unterfinanziert." Das Prinzip "Wer bestellt, zahlt" (Konnexität) werde in vielen Fällen nicht beachtet. Besonders sauer stößt dem OB in diesem Zusammenhang der Integrationsausgleich auf, den das Land gestrichen hat. Dabei könne von einer gemeisterten Aufgabe noch lange keine Rede sein.

Breiten Raum nahm auch das Thema "Bildung" ein. Wie schon im Kinder und Jugendbeirat ging Just auf die steigenden Kinderzahlen ein. Denn auch diese schlagen in den kommenden Haushalten zu Buche. So müssen bis in die Mitte des kommenden Jahrzehnts fast 200 Kindergarten- und rund 40 Krippenplätze geschaffen werden. Die Etatberatungen werden im Januar fortgesetzt und kommen voraussichtlich Ende Februar zum Abschluss.

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